Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Reformation in England.
eine positive Maaßregel: es ordnete die Communion unter bei-
derlei Gestalt an. Man sollte glauben, daß die Überzeugung
von der Rechtmäßigkeit dieser Abänderung sehr verbreitet ge-
wesen sey. Unter den Bischöfen waren nur fünf, im Unter-
hause der Convocation, welches 64 Stimmen zählte, nicht
eine einzige dagegen.

Dabei hielt das Parlament das geistliche Supremat
der Krone auf das nachdrücklichste fest: besonders ihr Recht
die Bischöfe zu setzen.

Auch in dem jetzt vorherrschenden Sinne hätte kein
Schritt ohne Erlaubniß der Regierung geschehen dürfen. Wie
so durchaus anders giengen die Dinge jenseit des Meeres,
als diesseit. Bei uns war die Bewegung von der Predigt
mit hervorgebracht: dort war die freie Predigt kaum einen
Augenblick erlaubt gewesen, so wurde sie wieder verboten.
Der Grundsatz ward aufgestellt, daß Niemand Meinungen
und Gebräuche die der König noch dulden wolle, in Ver-
achtung bringen dürfe; einem Privatmanne könne nicht zu-
stehn Neuerungen anzufangen; 1 die Regierung behielt sich
gleichsam das Recht vor, ausschließend die öffentliche In-
telligenz zu seyn. Und nur sehr bedachtsam gieng sie zu
Werke. In dem Katechismus, den Erzbischof Cranmer übri-
gens nach deutschem Vorbild bearbeitete, hütete er sich doch
die Ideen vom Priesterthum zu verletzen: die Lehre von
dem göttlichen Ursprung und der göttlichen Berechtigung
desselben wird darin mit aller Strenge festgehalten. 2 Es

1 A letter sent to all those preacher, which the King's
Majesty has licensed.
Bei Wilkins IV, 27.
2 Vgl. Collier II, 251.
11*

Reformation in England.
eine poſitive Maaßregel: es ordnete die Communion unter bei-
derlei Geſtalt an. Man ſollte glauben, daß die Überzeugung
von der Rechtmäßigkeit dieſer Abänderung ſehr verbreitet ge-
weſen ſey. Unter den Biſchöfen waren nur fünf, im Unter-
hauſe der Convocation, welches 64 Stimmen zählte, nicht
eine einzige dagegen.

Dabei hielt das Parlament das geiſtliche Supremat
der Krone auf das nachdrücklichſte feſt: beſonders ihr Recht
die Biſchöfe zu ſetzen.

Auch in dem jetzt vorherrſchenden Sinne hätte kein
Schritt ohne Erlaubniß der Regierung geſchehen dürfen. Wie
ſo durchaus anders giengen die Dinge jenſeit des Meeres,
als dieſſeit. Bei uns war die Bewegung von der Predigt
mit hervorgebracht: dort war die freie Predigt kaum einen
Augenblick erlaubt geweſen, ſo wurde ſie wieder verboten.
Der Grundſatz ward aufgeſtellt, daß Niemand Meinungen
und Gebräuche die der König noch dulden wolle, in Ver-
achtung bringen dürfe; einem Privatmanne könne nicht zu-
ſtehn Neuerungen anzufangen; 1 die Regierung behielt ſich
gleichſam das Recht vor, ausſchließend die öffentliche In-
telligenz zu ſeyn. Und nur ſehr bedachtſam gieng ſie zu
Werke. In dem Katechismus, den Erzbiſchof Cranmer übri-
gens nach deutſchem Vorbild bearbeitete, hütete er ſich doch
die Ideen vom Prieſterthum zu verletzen: die Lehre von
dem göttlichen Urſprung und der göttlichen Berechtigung
deſſelben wird darin mit aller Strenge feſtgehalten. 2 Es

1 A letter sent to all those preacher, which the King’s
Majesty has licensed.
Bei Wilkins IV, 27.
2 Vgl. Collier II, 251.
11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0175" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reformation in England</hi>.</fw><lb/>
eine po&#x017F;itive Maaßregel: es ordnete die Communion unter bei-<lb/>
derlei Ge&#x017F;talt an. Man &#x017F;ollte glauben, daß die Überzeugung<lb/>
von der Rechtmäßigkeit die&#x017F;er Abänderung &#x017F;ehr verbreitet ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;ey. Unter den Bi&#x017F;chöfen waren nur fünf, im Unter-<lb/>
hau&#x017F;e der Convocation, welches 64 Stimmen zählte, nicht<lb/>
eine einzige dagegen.</p><lb/>
            <p>Dabei hielt das Parlament das gei&#x017F;tliche Supremat<lb/>
der Krone auf das nachdrücklich&#x017F;te fe&#x017F;t: be&#x017F;onders ihr Recht<lb/>
die Bi&#x017F;chöfe zu &#x017F;etzen.</p><lb/>
            <p>Auch in dem jetzt vorherr&#x017F;chenden Sinne hätte kein<lb/>
Schritt ohne Erlaubniß der Regierung ge&#x017F;chehen dürfen. Wie<lb/>
&#x017F;o durchaus anders giengen die Dinge jen&#x017F;eit des Meeres,<lb/>
als die&#x017F;&#x017F;eit. Bei uns war die Bewegung von der Predigt<lb/>
mit hervorgebracht: dort war die freie Predigt kaum einen<lb/>
Augenblick erlaubt gewe&#x017F;en, &#x017F;o wurde &#x017F;ie wieder verboten.<lb/>
Der Grund&#x017F;atz ward aufge&#x017F;tellt, daß Niemand Meinungen<lb/>
und Gebräuche die der König noch dulden wolle, in Ver-<lb/>
achtung bringen dürfe; einem Privatmanne könne nicht zu-<lb/>
&#x017F;tehn Neuerungen anzufangen; <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">A letter sent to all those preacher, which the King&#x2019;s<lb/>
Majesty has licensed.</hi> Bei Wilkins <hi rendition="#aq">IV,</hi> 27.</note> die Regierung behielt &#x017F;ich<lb/>
gleich&#x017F;am das Recht vor, aus&#x017F;chließend die öffentliche In-<lb/>
telligenz zu &#x017F;eyn. Und nur &#x017F;ehr bedacht&#x017F;am gieng &#x017F;ie zu<lb/>
Werke. In dem Katechismus, den Erzbi&#x017F;chof Cranmer übri-<lb/>
gens nach deut&#x017F;chem Vorbild bearbeitete, hütete er &#x017F;ich doch<lb/>
die Ideen vom Prie&#x017F;terthum zu verletzen: die Lehre von<lb/>
dem göttlichen Ur&#x017F;prung und der göttlichen Berechtigung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben wird darin mit aller Strenge fe&#x017F;tgehalten. <note place="foot" n="2">Vgl. Collier <hi rendition="#aq">II,</hi> 251.</note> Es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0175] Reformation in England. eine poſitive Maaßregel: es ordnete die Communion unter bei- derlei Geſtalt an. Man ſollte glauben, daß die Überzeugung von der Rechtmäßigkeit dieſer Abänderung ſehr verbreitet ge- weſen ſey. Unter den Biſchöfen waren nur fünf, im Unter- hauſe der Convocation, welches 64 Stimmen zählte, nicht eine einzige dagegen. Dabei hielt das Parlament das geiſtliche Supremat der Krone auf das nachdrücklichſte feſt: beſonders ihr Recht die Biſchöfe zu ſetzen. Auch in dem jetzt vorherrſchenden Sinne hätte kein Schritt ohne Erlaubniß der Regierung geſchehen dürfen. Wie ſo durchaus anders giengen die Dinge jenſeit des Meeres, als dieſſeit. Bei uns war die Bewegung von der Predigt mit hervorgebracht: dort war die freie Predigt kaum einen Augenblick erlaubt geweſen, ſo wurde ſie wieder verboten. Der Grundſatz ward aufgeſtellt, daß Niemand Meinungen und Gebräuche die der König noch dulden wolle, in Ver- achtung bringen dürfe; einem Privatmanne könne nicht zu- ſtehn Neuerungen anzufangen; 1 die Regierung behielt ſich gleichſam das Recht vor, ausſchließend die öffentliche In- telligenz zu ſeyn. Und nur ſehr bedachtſam gieng ſie zu Werke. In dem Katechismus, den Erzbiſchof Cranmer übri- gens nach deutſchem Vorbild bearbeitete, hütete er ſich doch die Ideen vom Prieſterthum zu verletzen: die Lehre von dem göttlichen Urſprung und der göttlichen Berechtigung deſſelben wird darin mit aller Strenge feſtgehalten. 2 Es 1 A letter sent to all those preacher, which the King’s Majesty has licensed. Bei Wilkins IV, 27. 2 Vgl. Collier II, 251. 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/175
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/175>, abgerufen am 24.11.2024.