Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Erneuerung des Kriegs in Ungarn.
wickelte sich eine Verfeindung mit den Osmanen, welche auch
den bisher noch geretteten Besitz gefährdete.

Wie den König-Woiwoden Johann Zapolya, so be-
trachtete der Sultan auch den jungen Sohn desselben, den er
von Ofen nach Siebenbürgen verwiesen, als seinen Vasallen.

Dagegen konnte Ferdinand die Verträge, kraft deren
das ganze Gebiet Zapolyas an ihn hatte übergehn sollen,
noch nicht vergessen, und wir finden ihn von Zeit zu Zeit
mit dem siebenbürgischen Hofe über die Auslieferung dieses
Landes unterhandeln.

Da geschah nun daß dort im Lande selbst ein Zwie-
spalt ausbrach.

Wir kennen Georg Martinuzzi, Frater György, wie ihn
die ungrischen Chroniken nennen, dessen geheimnißvoller und
weltkluger Thätigkeit der König-Woiwode sein Bestehn gro-
ßentheils verdankte: Ferdinand soll gesagt haben, er beneide
diesen seinen Nebenbuhler um nichts als um einen solchen
Diener. In Siebenbürgen hatte Martinuzzi jetzt als Vor-
mund des jungen Fürsten und Gubernator die Zügel der
Macht in seinen Händen. Man sah ihn in seinem rothen
mit 8 Pferden bespannten Wagen, von ein paar hundert
Husaren und Haiducken begleitet durch das Land fahren und
überall gleichsam aus eigner Macht seine Befehle ertheilen.
Die Kutte, die er noch immer trug, wie lang es auch her
seyn mochte daß er sich um die Klosterregel nicht mehr ge-
kümmert, warf er in plötzlichen Kriegsgefahren auch von sich
und ward im Wappenrock und weithinwallenden Helmbusch
mitten unter den Streitenden gesehen. Er beherrschte den
Schatz und dadurch die bewaffnete Macht, das ist das Land
überhaupt.


Erneuerung des Kriegs in Ungarn.
wickelte ſich eine Verfeindung mit den Osmanen, welche auch
den bisher noch geretteten Beſitz gefährdete.

Wie den König-Woiwoden Johann Zapolya, ſo be-
trachtete der Sultan auch den jungen Sohn deſſelben, den er
von Ofen nach Siebenbürgen verwieſen, als ſeinen Vaſallen.

Dagegen konnte Ferdinand die Verträge, kraft deren
das ganze Gebiet Zapolyas an ihn hatte übergehn ſollen,
noch nicht vergeſſen, und wir finden ihn von Zeit zu Zeit
mit dem ſiebenbürgiſchen Hofe über die Auslieferung dieſes
Landes unterhandeln.

Da geſchah nun daß dort im Lande ſelbſt ein Zwie-
ſpalt ausbrach.

Wir kennen Georg Martinuzzi, Frater György, wie ihn
die ungriſchen Chroniken nennen, deſſen geheimnißvoller und
weltkluger Thätigkeit der König-Woiwode ſein Beſtehn gro-
ßentheils verdankte: Ferdinand ſoll geſagt haben, er beneide
dieſen ſeinen Nebenbuhler um nichts als um einen ſolchen
Diener. In Siebenbürgen hatte Martinuzzi jetzt als Vor-
mund des jungen Fürſten und Gubernator die Zügel der
Macht in ſeinen Händen. Man ſah ihn in ſeinem rothen
mit 8 Pferden beſpannten Wagen, von ein paar hundert
Huſaren und Haiducken begleitet durch das Land fahren und
überall gleichſam aus eigner Macht ſeine Befehle ertheilen.
Die Kutte, die er noch immer trug, wie lang es auch her
ſeyn mochte daß er ſich um die Kloſterregel nicht mehr ge-
kümmert, warf er in plötzlichen Kriegsgefahren auch von ſich
und ward im Wappenrock und weithinwallenden Helmbuſch
mitten unter den Streitenden geſehen. Er beherrſchte den
Schatz und dadurch die bewaffnete Macht, das iſt das Land
überhaupt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0165" n="153"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erneuerung des Kriegs in Ungarn</hi>.</fw><lb/>
wickelte &#x017F;ich eine Verfeindung mit den Osmanen, welche auch<lb/>
den bisher noch geretteten Be&#x017F;itz gefährdete.</p><lb/>
            <p>Wie den König-Woiwoden Johann Zapolya, &#x017F;o be-<lb/>
trachtete der Sultan auch den jungen Sohn de&#x017F;&#x017F;elben, den er<lb/>
von Ofen nach Siebenbürgen verwie&#x017F;en, als &#x017F;einen Va&#x017F;allen.</p><lb/>
            <p>Dagegen konnte Ferdinand die Verträge, kraft deren<lb/>
das ganze Gebiet Zapolyas an ihn hatte übergehn &#x017F;ollen,<lb/>
noch nicht verge&#x017F;&#x017F;en, und wir finden ihn von Zeit zu Zeit<lb/>
mit dem &#x017F;iebenbürgi&#x017F;chen Hofe über die Auslieferung die&#x017F;es<lb/>
Landes unterhandeln.</p><lb/>
            <p>Da ge&#x017F;chah nun daß dort im Lande &#x017F;elb&#x017F;t ein Zwie-<lb/>
&#x017F;palt ausbrach.</p><lb/>
            <p>Wir kennen Georg Martinuzzi, Frater György, wie ihn<lb/>
die ungri&#x017F;chen Chroniken nennen, de&#x017F;&#x017F;en geheimnißvoller und<lb/>
weltkluger Thätigkeit der König-Woiwode &#x017F;ein Be&#x017F;tehn gro-<lb/>
ßentheils verdankte: Ferdinand &#x017F;oll ge&#x017F;agt haben, er beneide<lb/>
die&#x017F;en &#x017F;einen Nebenbuhler um nichts als um einen &#x017F;olchen<lb/>
Diener. In Siebenbürgen hatte Martinuzzi jetzt als Vor-<lb/>
mund des jungen Für&#x017F;ten und Gubernator die Zügel der<lb/>
Macht in &#x017F;einen Händen. Man &#x017F;ah ihn in &#x017F;einem rothen<lb/>
mit 8 Pferden be&#x017F;pannten Wagen, von ein paar hundert<lb/>
Hu&#x017F;aren und Haiducken begleitet durch das Land fahren und<lb/>
überall gleich&#x017F;am aus eigner Macht &#x017F;eine Befehle ertheilen.<lb/>
Die Kutte, die er noch immer trug, wie lang es auch her<lb/>
&#x017F;eyn mochte daß er &#x017F;ich um die Klo&#x017F;terregel nicht mehr ge-<lb/>
kümmert, warf er in plötzlichen Kriegsgefahren auch von &#x017F;ich<lb/>
und ward im Wappenrock und weithinwallenden Helmbu&#x017F;ch<lb/>
mitten unter den Streitenden ge&#x017F;ehen. Er beherr&#x017F;chte den<lb/>
Schatz und dadurch die bewaffnete Macht, das i&#x017F;t das Land<lb/>
überhaupt.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0165] Erneuerung des Kriegs in Ungarn. wickelte ſich eine Verfeindung mit den Osmanen, welche auch den bisher noch geretteten Beſitz gefährdete. Wie den König-Woiwoden Johann Zapolya, ſo be- trachtete der Sultan auch den jungen Sohn deſſelben, den er von Ofen nach Siebenbürgen verwieſen, als ſeinen Vaſallen. Dagegen konnte Ferdinand die Verträge, kraft deren das ganze Gebiet Zapolyas an ihn hatte übergehn ſollen, noch nicht vergeſſen, und wir finden ihn von Zeit zu Zeit mit dem ſiebenbürgiſchen Hofe über die Auslieferung dieſes Landes unterhandeln. Da geſchah nun daß dort im Lande ſelbſt ein Zwie- ſpalt ausbrach. Wir kennen Georg Martinuzzi, Frater György, wie ihn die ungriſchen Chroniken nennen, deſſen geheimnißvoller und weltkluger Thätigkeit der König-Woiwode ſein Beſtehn gro- ßentheils verdankte: Ferdinand ſoll geſagt haben, er beneide dieſen ſeinen Nebenbuhler um nichts als um einen ſolchen Diener. In Siebenbürgen hatte Martinuzzi jetzt als Vor- mund des jungen Fürſten und Gubernator die Zügel der Macht in ſeinen Händen. Man ſah ihn in ſeinem rothen mit 8 Pferden beſpannten Wagen, von ein paar hundert Huſaren und Haiducken begleitet durch das Land fahren und überall gleichſam aus eigner Macht ſeine Befehle ertheilen. Die Kutte, die er noch immer trug, wie lang es auch her ſeyn mochte daß er ſich um die Kloſterregel nicht mehr ge- kümmert, warf er in plötzlichen Kriegsgefahren auch von ſich und ward im Wappenrock und weithinwallenden Helmbuſch mitten unter den Streitenden geſehen. Er beherrſchte den Schatz und dadurch die bewaffnete Macht, das iſt das Land überhaupt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/165
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/165>, abgerufen am 27.04.2024.