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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Fünftes Capitel.
ten sonst in jenen Gegenden in volle Verwirrung gerathen,
will ich morgen aufbrechen." Seinem Bruder meldet er,
er werde ihm zuziehen mit allen Truppen die er bei sich
habe, und zwar so bald als möglich, in so langen Tag-
märschen als nur immer ausführbar. So eben gelang ihm
auch Straßburg zur Unterwerfung zu bringen, so daß er
in seinem Rücken nichts zu fürchten brauchte. 1 Am 24sten
März traf er in Nürnberg ein, um das seine Armee sich
bereits gesammelt hatte.

Noch einmal ward hier ein Vermittelungsversuch ge-
macht. Der Herzog von Cleve hoffte, es werde ihm gelin-
gen, seinen Schwager noch in diesem letzten Moment mit
dem Kaiser zu versöhnen. Daran knüpfte sich in Einem
und dem Andern die Meinung, daß dann die ganze Bewe-
gung sich gegen Italien und den Papst entladen werde.

Allein wie wäre hier an ein Abkommen zu denken ge-
wesen? Hätte man jemals erwarten dürfen, daß sich Johann
Friedrich
Bedingungen unterwerfen sollte wie sie Herzog Mo-
ritz
angenommen: die zwar nicht eine volle Unterwerfung
in sich schlossen, aber doch auch die religiöse Sicherheit bei
weitem nicht gewährten welche sein Gewissen hätte befrie-
digen können. Johann Friedrich versprach wohl, die Rechts-
pflege anzuerkennen, welche der Kaiser einrichten werde, aber
mit einem Vorbehalt, der noch immer auf die Beschlüsse des
Reichstags von Speier hindeutete. Und eben so wenig konnte
man von Carl V erwarten, nachdem er einmal Herzog Mo-
ritz
als Churfürsten anerkannt, daß er dieß wieder zurück-

1 Correspondenz des Kaisers mit seinem Bruder und seiner
Schwester, zum Theil bei Bucholtz, zum Theil im Arch. zu Brüssel.

Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ten ſonſt in jenen Gegenden in volle Verwirrung gerathen,
will ich morgen aufbrechen.“ Seinem Bruder meldet er,
er werde ihm zuziehen mit allen Truppen die er bei ſich
habe, und zwar ſo bald als möglich, in ſo langen Tag-
märſchen als nur immer ausführbar. So eben gelang ihm
auch Straßburg zur Unterwerfung zu bringen, ſo daß er
in ſeinem Rücken nichts zu fürchten brauchte. 1 Am 24ſten
März traf er in Nürnberg ein, um das ſeine Armee ſich
bereits geſammelt hatte.

Noch einmal ward hier ein Vermittelungsverſuch ge-
macht. Der Herzog von Cleve hoffte, es werde ihm gelin-
gen, ſeinen Schwager noch in dieſem letzten Moment mit
dem Kaiſer zu verſöhnen. Daran knüpfte ſich in Einem
und dem Andern die Meinung, daß dann die ganze Bewe-
gung ſich gegen Italien und den Papſt entladen werde.

Allein wie wäre hier an ein Abkommen zu denken ge-
weſen? Hätte man jemals erwarten dürfen, daß ſich Johann
Friedrich
Bedingungen unterwerfen ſollte wie ſie Herzog Mo-
ritz
angenommen: die zwar nicht eine volle Unterwerfung
in ſich ſchloſſen, aber doch auch die religiöſe Sicherheit bei
weitem nicht gewährten welche ſein Gewiſſen hätte befrie-
digen können. Johann Friedrich verſprach wohl, die Rechts-
pflege anzuerkennen, welche der Kaiſer einrichten werde, aber
mit einem Vorbehalt, der noch immer auf die Beſchlüſſe des
Reichstags von Speier hindeutete. Und eben ſo wenig konnte
man von Carl V erwarten, nachdem er einmal Herzog Mo-
ritz
als Churfürſten anerkannt, daß er dieß wieder zurück-

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Schweſter, zum Theil bei Bucholtz, zum Theil im Arch. zu Bruͤſſel.
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[506/0518] Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel. ten ſonſt in jenen Gegenden in volle Verwirrung gerathen, will ich morgen aufbrechen.“ Seinem Bruder meldet er, er werde ihm zuziehen mit allen Truppen die er bei ſich habe, und zwar ſo bald als möglich, in ſo langen Tag- märſchen als nur immer ausführbar. So eben gelang ihm auch Straßburg zur Unterwerfung zu bringen, ſo daß er in ſeinem Rücken nichts zu fürchten brauchte. 1 Am 24ſten März traf er in Nürnberg ein, um das ſeine Armee ſich bereits geſammelt hatte. Noch einmal ward hier ein Vermittelungsverſuch ge- macht. Der Herzog von Cleve hoffte, es werde ihm gelin- gen, ſeinen Schwager noch in dieſem letzten Moment mit dem Kaiſer zu verſöhnen. Daran knüpfte ſich in Einem und dem Andern die Meinung, daß dann die ganze Bewe- gung ſich gegen Italien und den Papſt entladen werde. Allein wie wäre hier an ein Abkommen zu denken ge- weſen? Hätte man jemals erwarten dürfen, daß ſich Johann Friedrich Bedingungen unterwerfen ſollte wie ſie Herzog Mo- ritz angenommen: die zwar nicht eine volle Unterwerfung in ſich ſchloſſen, aber doch auch die religiöſe Sicherheit bei weitem nicht gewährten welche ſein Gewiſſen hätte befrie- digen können. Johann Friedrich verſprach wohl, die Rechts- pflege anzuerkennen, welche der Kaiſer einrichten werde, aber mit einem Vorbehalt, der noch immer auf die Beſchlüſſe des Reichstags von Speier hindeutete. Und eben ſo wenig konnte man von Carl V erwarten, nachdem er einmal Herzog Mo- ritz als Churfürſten anerkannt, daß er dieß wieder zurück- 1 Correſpondenz des Kaiſers mit ſeinem Bruder und ſeiner Schweſter, zum Theil bei Bucholtz, zum Theil im Arch. zu Bruͤſſel.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/518>, abgerufen am 11.05.2024.