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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Stellung Johann Friedrichs 1547.
ten einen Augenblick eine Annäherung an den Kaiser ver-
sucht worden, ohne Zweifel, weil so viel andre die ihnen zu
Theil gewordene Religionsversicherung für hinreichend hiel-
ten; aber bald faßten sie eine andre Meinung. In einem
ihrer Bundesentwürfe drücken sie die Überzeugung aus, das
Vorhaben der Gegner sey doch, die wahre christliche Reli-
gion auszurotten, deren Bekenner mit Gewalt oder heimli-
chen Tücken um Leib und Leben und Ehre zu bringen. Sie
sagten alle, zuerst Magdeburg, dann die vier Städte Bre-
men
, Hamburg, Lüneburg und Braunschweig, endlich auch
Goßlar, Hildesheim und Hannover dem Churfürsten zu, bei
Gottes Wort und den erlangten Freiheiten deutscher Nation
bleiben zu wollen. 1 Zunächst hatten es die Kaiserlichen auf
Bremen abgesehen, das an seinen Nachbarn, dem Erzbi-
schof selbst, Oldenburg, Calenberg, alte Feinde hatte; da-
hin richteten einige Kriegsanführer, dieselben die früher un-
ter Heinrich von Braunschweig gedient und jetzt in kaiserli-
chen Diensten standen, zunächst ihren Angriff. 2 Aber die
Bürger setzten ihre Mauern und Wälle in Vertheidigungs-
stand und waren, wie ihre einheimische Chronik sagt, in
Gott wohl getrost, ihre Gerechtigkeiten zu vertheidigen. Die
übrigen Städte brachten zunächst wenigstens so viel zusam-
men, daß es den Grafen Christoph von Oldenburg und
Albrecht von Mansfeld möglich wurde, mit einer Gegen-

1 Schreiben der sächsischen Räthe Melchior v. Creuz und Chri-
stian Brück
über die Tagleistung zu Magdeburg, Februar 1547, und
die Antworten des Churfürsten, im weim. Archiv.
2 Vertrag mit Wrisberg, Langenn und Friedrich Spät, 16
Fähnlein und 500 Pf. aufzubringen. (Arch. v. Brüssel.)
32*

Stellung Johann Friedrichs 1547.
ten einen Augenblick eine Annäherung an den Kaiſer ver-
ſucht worden, ohne Zweifel, weil ſo viel andre die ihnen zu
Theil gewordene Religionsverſicherung für hinreichend hiel-
ten; aber bald faßten ſie eine andre Meinung. In einem
ihrer Bundesentwürfe drücken ſie die Überzeugung aus, das
Vorhaben der Gegner ſey doch, die wahre chriſtliche Reli-
gion auszurotten, deren Bekenner mit Gewalt oder heimli-
chen Tücken um Leib und Leben und Ehre zu bringen. Sie
ſagten alle, zuerſt Magdeburg, dann die vier Städte Bre-
men
, Hamburg, Lüneburg und Braunſchweig, endlich auch
Goßlar, Hildesheim und Hannover dem Churfürſten zu, bei
Gottes Wort und den erlangten Freiheiten deutſcher Nation
bleiben zu wollen. 1 Zunächſt hatten es die Kaiſerlichen auf
Bremen abgeſehen, das an ſeinen Nachbarn, dem Erzbi-
ſchof ſelbſt, Oldenburg, Calenberg, alte Feinde hatte; da-
hin richteten einige Kriegsanführer, dieſelben die früher un-
ter Heinrich von Braunſchweig gedient und jetzt in kaiſerli-
chen Dienſten ſtanden, zunächſt ihren Angriff. 2 Aber die
Bürger ſetzten ihre Mauern und Wälle in Vertheidigungs-
ſtand und waren, wie ihre einheimiſche Chronik ſagt, in
Gott wohl getroſt, ihre Gerechtigkeiten zu vertheidigen. Die
übrigen Städte brachten zunächſt wenigſtens ſo viel zuſam-
men, daß es den Grafen Chriſtoph von Oldenburg und
Albrecht von Mansfeld möglich wurde, mit einer Gegen-

1 Schreiben der ſaͤchſiſchen Raͤthe Melchior v. Creuz und Chri-
ſtian Bruͤck
uͤber die Tagleiſtung zu Magdeburg, Februar 1547, und
die Antworten des Churfuͤrſten, im weim. Archiv.
2 Vertrag mit Wrisberg, Langenn und Friedrich Spaͤt, 16
Faͤhnlein und 500 Pf. aufzubringen. (Arch. v. Bruͤſſel.)
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[499/0511] Stellung Johann Friedrichs 1547. ten einen Augenblick eine Annäherung an den Kaiſer ver- ſucht worden, ohne Zweifel, weil ſo viel andre die ihnen zu Theil gewordene Religionsverſicherung für hinreichend hiel- ten; aber bald faßten ſie eine andre Meinung. In einem ihrer Bundesentwürfe drücken ſie die Überzeugung aus, das Vorhaben der Gegner ſey doch, die wahre chriſtliche Reli- gion auszurotten, deren Bekenner mit Gewalt oder heimli- chen Tücken um Leib und Leben und Ehre zu bringen. Sie ſagten alle, zuerſt Magdeburg, dann die vier Städte Bre- men, Hamburg, Lüneburg und Braunſchweig, endlich auch Goßlar, Hildesheim und Hannover dem Churfürſten zu, bei Gottes Wort und den erlangten Freiheiten deutſcher Nation bleiben zu wollen. 1 Zunächſt hatten es die Kaiſerlichen auf Bremen abgeſehen, das an ſeinen Nachbarn, dem Erzbi- ſchof ſelbſt, Oldenburg, Calenberg, alte Feinde hatte; da- hin richteten einige Kriegsanführer, dieſelben die früher un- ter Heinrich von Braunſchweig gedient und jetzt in kaiſerli- chen Dienſten ſtanden, zunächſt ihren Angriff. 2 Aber die Bürger ſetzten ihre Mauern und Wälle in Vertheidigungs- ſtand und waren, wie ihre einheimiſche Chronik ſagt, in Gott wohl getroſt, ihre Gerechtigkeiten zu vertheidigen. Die übrigen Städte brachten zunächſt wenigſtens ſo viel zuſam- men, daß es den Grafen Chriſtoph von Oldenburg und Albrecht von Mansfeld möglich wurde, mit einer Gegen- 1 Schreiben der ſaͤchſiſchen Raͤthe Melchior v. Creuz und Chri- ſtian Bruͤck uͤber die Tagleiſtung zu Magdeburg, Februar 1547, und die Antworten des Churfuͤrſten, im weim. Archiv. 2 Vertrag mit Wrisberg, Langenn und Friedrich Spaͤt, 16 Faͤhnlein und 500 Pf. aufzubringen. (Arch. v. Bruͤſſel.) 32*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/511>, abgerufen am 24.11.2024.