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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Das tridentinische Concilium.

So wenig es in der Sache austrug, daß das Concilium
in Trient gehalten ward, so kam es doch Paul dem III wie
ein Abbruch an seinem Ansehen vor, daß er sich dazu hatte
verstehn müssen. Es mißfiel ihm, daß der Ort wo das all-
gemeine Concil versammelt war, unter östreichischer Gerichts-
barkeit stand, gewissermaßen unter dem Kaiser, der eine ihm
unbequeme leitende Einwirkung darauf in Anspruch nahm.
Sehr streng hielt jedoch der Kaiser darüber. Im August 1546
ließ er den Cardinal Cervino förmlich zur Rede setzen, daß
er den Gedanken einer Verlegung des Conciliums in Anre-
gung bringe. "Sollte der Cardinal dahin wirken, ohne
vom Papst ausdrücklich beauftragt zu seyn, so solle er wis-
sen, daß er eine Sache thue, die an sich böse sey und dem
Kaiser höchlich mißfalle, die er aber auch einst zu bereuen
haben werde. Sollte der Papst versäumen ihn zu bestrafen,
so werde er der Kaiser ihn, wo er sich auch aufhalte, zu
finden und dafür zu züchtigen wissen." 1 Daß Trient einer
deutschen Regierung angehörte, darin lag wie wir wissen eins
der vornehmsten legalen Motive, die sich bei den deutschen
Fürsten, welchen eine Kirchenversammlung in deutscher Nation
versprochen worden, für die Anerkennung der damaligen gel-
tend machen ließen. Nichts desto weniger ward bald nach-
her der Antrag auf eine Translation bei der Versamm-
lung in aller Form erneuert. Von dem Lager von Sont-
heim
aus, dort wo das Schicksal des deutschen Krie-
ges sich überhaupt entschied, am 27sten October, demselben

1 Lettera di Marcello Cervino a Papa Paolo III, nella quale
da conto a S. Sta della bravata e minaccie che gli fece fare in
esso concilio l'impr Carlo V. 5 Ag. 1546. Inf. pol. XVII, p.
108.
Das tridentiniſche Concilium.

So wenig es in der Sache austrug, daß das Concilium
in Trient gehalten ward, ſo kam es doch Paul dem III wie
ein Abbruch an ſeinem Anſehen vor, daß er ſich dazu hatte
verſtehn müſſen. Es mißfiel ihm, daß der Ort wo das all-
gemeine Concil verſammelt war, unter öſtreichiſcher Gerichts-
barkeit ſtand, gewiſſermaßen unter dem Kaiſer, der eine ihm
unbequeme leitende Einwirkung darauf in Anſpruch nahm.
Sehr ſtreng hielt jedoch der Kaiſer darüber. Im Auguſt 1546
ließ er den Cardinal Cervino förmlich zur Rede ſetzen, daß
er den Gedanken einer Verlegung des Conciliums in Anre-
gung bringe. „Sollte der Cardinal dahin wirken, ohne
vom Papſt ausdrücklich beauftragt zu ſeyn, ſo ſolle er wiſ-
ſen, daß er eine Sache thue, die an ſich böſe ſey und dem
Kaiſer höchlich mißfalle, die er aber auch einſt zu bereuen
haben werde. Sollte der Papſt verſäumen ihn zu beſtrafen,
ſo werde er der Kaiſer ihn, wo er ſich auch aufhalte, zu
finden und dafür zu züchtigen wiſſen.“ 1 Daß Trient einer
deutſchen Regierung angehörte, darin lag wie wir wiſſen eins
der vornehmſten legalen Motive, die ſich bei den deutſchen
Fürſten, welchen eine Kirchenverſammlung in deutſcher Nation
verſprochen worden, für die Anerkennung der damaligen gel-
tend machen ließen. Nichts deſto weniger ward bald nach-
her der Antrag auf eine Translation bei der Verſamm-
lung in aller Form erneuert. Von dem Lager von Sont-
heim
aus, dort wo das Schickſal des deutſchen Krie-
ges ſich überhaupt entſchied, am 27ſten October, demſelben

1 Lettera di Marcello Cervino a Papa Paolo III, nella quale
da conto a S. S della bravata e minaccie che gli fece fare in
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[487/0499] Das tridentiniſche Concilium. So wenig es in der Sache austrug, daß das Concilium in Trient gehalten ward, ſo kam es doch Paul dem III wie ein Abbruch an ſeinem Anſehen vor, daß er ſich dazu hatte verſtehn müſſen. Es mißfiel ihm, daß der Ort wo das all- gemeine Concil verſammelt war, unter öſtreichiſcher Gerichts- barkeit ſtand, gewiſſermaßen unter dem Kaiſer, der eine ihm unbequeme leitende Einwirkung darauf in Anſpruch nahm. Sehr ſtreng hielt jedoch der Kaiſer darüber. Im Auguſt 1546 ließ er den Cardinal Cervino förmlich zur Rede ſetzen, daß er den Gedanken einer Verlegung des Conciliums in Anre- gung bringe. „Sollte der Cardinal dahin wirken, ohne vom Papſt ausdrücklich beauftragt zu ſeyn, ſo ſolle er wiſ- ſen, daß er eine Sache thue, die an ſich böſe ſey und dem Kaiſer höchlich mißfalle, die er aber auch einſt zu bereuen haben werde. Sollte der Papſt verſäumen ihn zu beſtrafen, ſo werde er der Kaiſer ihn, wo er ſich auch aufhalte, zu finden und dafür zu züchtigen wiſſen.“ 1 Daß Trient einer deutſchen Regierung angehörte, darin lag wie wir wiſſen eins der vornehmſten legalen Motive, die ſich bei den deutſchen Fürſten, welchen eine Kirchenverſammlung in deutſcher Nation verſprochen worden, für die Anerkennung der damaligen gel- tend machen ließen. Nichts deſto weniger ward bald nach- her der Antrag auf eine Translation bei der Verſamm- lung in aller Form erneuert. Von dem Lager von Sont- heim aus, dort wo das Schickſal des deutſchen Krie- ges ſich überhaupt entſchied, am 27ſten October, demſelben 1 Lettera di Marcello Cervino a Papa Paolo III, nella quale da conto a S. Stà della bravata e minaccie che gli fece fare in esso concilio l’impr Carlo V. 5 Ag. 1546. Inf. pol. XVII, p. 108.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/499>, abgerufen am 13.05.2024.