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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichstag zu Regensburg 1546.

Endlich fragten die protestantischen Gesandten doch nach,
wohinaus die Rüstungen des Kaisers gemeint seyen, die nun
vor Jedermanns Augen vollzogen wurden. Er antwortete,
nach wie vor denke er auf Vergleichung zwischen den Stän-
den: wer ihm darin folge der solle seinen allergnädigsten
Willen spüren; sollte ihm aber Jemand den Gehorsam ver-
weigern, gegen den werde er sein Ansehen brauchen. Der ganze
Hof sprach von der Züchtigung der ungehorsamen Fürsten.

Dem Landgrafen und dem Churfürsten schien es kaum
glaublich daß man sie als Ungehorsame bezeichnen könne:
wenn jemals von irgend einem Fürsten des Reiches, so sey
von ihnen unterthäniger Wille bewiesen worden. Wirklich
mußte Friedrich von der Pfalz noch einmal bei dem Kai-
ser anfragen, wer denn die ungehorsamen Fürsten seyen. Er
antwortete, es seyen Die, welche unter dem Scheine der Re-
ligion gegen ihn Practiken treiben, die Rechtspflege des Rei-
ches nicht leiden wollen, geistliche Güter einziehen und sie zu
ihren Eigenliebigkeiten mißbrauchen. Schon war ohnehin
kein Zweifel mehr. 1 Schon hörte man die Spanier sagen,
der Kaiser werde die Zähne zeigen und Einen beißen; es sey
um ein paar Meilen in den böhmischen Wäldern zu thun, so
könne man auf ebener Straße nach Sachsen gelangen.

Die beiden Fürsten mußten sich zur Vertheidigung rü-
sten; die Zeit war gekommen, wo ihr Bündniß seine Probe
bestehn sollte.

An dem schmalkaldischen Bunde hatten sich nun aber

1 Die ACV hatten vorgeschlagen, daß der Kaiser im Na-
men des Reiches gebeten werden solle, er möge Niemand wider Recht,
aufgerichtete Verträge und Zusagen überziehen. Die Übrigen woll-
ten aber nur bitten: er solle Niemand überziehen ohne Recht.
Reichstag zu Regensburg 1546.

Endlich fragten die proteſtantiſchen Geſandten doch nach,
wohinaus die Rüſtungen des Kaiſers gemeint ſeyen, die nun
vor Jedermanns Augen vollzogen wurden. Er antwortete,
nach wie vor denke er auf Vergleichung zwiſchen den Stän-
den: wer ihm darin folge der ſolle ſeinen allergnädigſten
Willen ſpüren; ſollte ihm aber Jemand den Gehorſam ver-
weigern, gegen den werde er ſein Anſehen brauchen. Der ganze
Hof ſprach von der Züchtigung der ungehorſamen Fürſten.

Dem Landgrafen und dem Churfürſten ſchien es kaum
glaublich daß man ſie als Ungehorſame bezeichnen könne:
wenn jemals von irgend einem Fürſten des Reiches, ſo ſey
von ihnen unterthäniger Wille bewieſen worden. Wirklich
mußte Friedrich von der Pfalz noch einmal bei dem Kai-
ſer anfragen, wer denn die ungehorſamen Fürſten ſeyen. Er
antwortete, es ſeyen Die, welche unter dem Scheine der Re-
ligion gegen ihn Practiken treiben, die Rechtspflege des Rei-
ches nicht leiden wollen, geiſtliche Güter einziehen und ſie zu
ihren Eigenliebigkeiten mißbrauchen. Schon war ohnehin
kein Zweifel mehr. 1 Schon hörte man die Spanier ſagen,
der Kaiſer werde die Zähne zeigen und Einen beißen; es ſey
um ein paar Meilen in den böhmiſchen Wäldern zu thun, ſo
könne man auf ebener Straße nach Sachſen gelangen.

Die beiden Fürſten mußten ſich zur Vertheidigung rü-
ſten; die Zeit war gekommen, wo ihr Bündniß ſeine Probe
beſtehn ſollte.

An dem ſchmalkaldiſchen Bunde hatten ſich nun aber

1 Die ACV hatten vorgeſchlagen, daß der Kaiſer im Na-
men des Reiches gebeten werden ſolle, er moͤge Niemand wider Recht,
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[413/0425] Reichstag zu Regensburg 1546. Endlich fragten die proteſtantiſchen Geſandten doch nach, wohinaus die Rüſtungen des Kaiſers gemeint ſeyen, die nun vor Jedermanns Augen vollzogen wurden. Er antwortete, nach wie vor denke er auf Vergleichung zwiſchen den Stän- den: wer ihm darin folge der ſolle ſeinen allergnädigſten Willen ſpüren; ſollte ihm aber Jemand den Gehorſam ver- weigern, gegen den werde er ſein Anſehen brauchen. Der ganze Hof ſprach von der Züchtigung der ungehorſamen Fürſten. Dem Landgrafen und dem Churfürſten ſchien es kaum glaublich daß man ſie als Ungehorſame bezeichnen könne: wenn jemals von irgend einem Fürſten des Reiches, ſo ſey von ihnen unterthäniger Wille bewieſen worden. Wirklich mußte Friedrich von der Pfalz noch einmal bei dem Kai- ſer anfragen, wer denn die ungehorſamen Fürſten ſeyen. Er antwortete, es ſeyen Die, welche unter dem Scheine der Re- ligion gegen ihn Practiken treiben, die Rechtspflege des Rei- ches nicht leiden wollen, geiſtliche Güter einziehen und ſie zu ihren Eigenliebigkeiten mißbrauchen. Schon war ohnehin kein Zweifel mehr. 1 Schon hörte man die Spanier ſagen, der Kaiſer werde die Zähne zeigen und Einen beißen; es ſey um ein paar Meilen in den böhmiſchen Wäldern zu thun, ſo könne man auf ebener Straße nach Sachſen gelangen. Die beiden Fürſten mußten ſich zur Vertheidigung rü- ſten; die Zeit war gekommen, wo ihr Bündniß ſeine Probe beſtehn ſollte. An dem ſchmalkaldiſchen Bunde hatten ſich nun aber 1 Die ACV hatten vorgeſchlagen, daß der Kaiſer im Na- men des Reiches gebeten werden ſolle, er moͤge Niemand wider Recht, aufgerichtete Vertraͤge und Zuſagen uͤberziehen. Die Uͤbrigen woll- ten aber nur bitten: er ſolle Niemand uͤberziehen ohne Recht.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/425>, abgerufen am 13.05.2024.