Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Erstes Capitel. nis eingesperrten Christensklaven, bei der Unordnung welcheder Verlust der Schlacht veranlaßte, und vielleicht von einem reuevollen Renegaten unterstützt, Gelegenheit fanden sich zu befreien, das Schloß einnahmen, und dadurch Chaireddin nöthigten, mit seinen Getreuen Tunis zu verlassen. 1 Dadurch ward zugleich dem Kaiser der Weg gebahnt. Großherr, sagte ihm der Muley, als sich das Heer den Ohne Widerstand zog er in Tunis ein: dessenungeach- Wie bei der Eroberung der spanischen Städte fand man 1 Über dieß Ereigniß finden sich sehr abweichende Erzählungen
bei Jovius, Sandoval, Antonio Doria, Sansovino, bei Etropius und in der ausführlichen französischen Relation die demselben zu Grunde liegt; ja sogar in den Berichten des Kaisers selbst ist eine Verschieden- heit zu bemerken. Ich denke im Anhang über das Verhältniß der Berichte, besonders die ausführliche französische Relation, die ich in der königlichen Bibliothek im Haag fand, das Nähere beizubringen. Siebentes Buch. Erſtes Capitel. nis eingeſperrten Chriſtenſklaven, bei der Unordnung welcheder Verluſt der Schlacht veranlaßte, und vielleicht von einem reuevollen Renegaten unterſtützt, Gelegenheit fanden ſich zu befreien, das Schloß einnahmen, und dadurch Chaireddin nöthigten, mit ſeinen Getreuen Tunis zu verlaſſen. 1 Dadurch ward zugleich dem Kaiſer der Weg gebahnt. Großherr, ſagte ihm der Muley, als ſich das Heer den Ohne Widerſtand zog er in Tunis ein: deſſenungeach- Wie bei der Eroberung der ſpaniſchen Städte fand man 1 Uͤber dieß Ereigniß finden ſich ſehr abweichende Erzaͤhlungen
bei Jovius, Sandoval, Antonio Doria, Sanſovino, bei Etropius und in der ausfuͤhrlichen franzoͤſiſchen Relation die demſelben zu Grunde liegt; ja ſogar in den Berichten des Kaiſers ſelbſt iſt eine Verſchieden- heit zu bemerken. Ich denke im Anhang uͤber das Verhaͤltniß der Berichte, beſonders die ausfuͤhrliche franzoͤſiſche Relation, die ich in der koͤniglichen Bibliothek im Haag fand, das Naͤhere beizubringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0030" n="18"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/><placeName xml:id="plN1b" prev="#plN1a">nis</placeName> eingeſperrten Chriſtenſklaven, bei der Unordnung welche<lb/> der Verluſt der Schlacht veranlaßte, und vielleicht von einem<lb/> reuevollen Renegaten unterſtützt, Gelegenheit fanden ſich zu<lb/> befreien, das Schloß einnahmen, und dadurch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118675435">Chaireddin</persName><lb/> nöthigten, mit ſeinen Getreuen <placeName>Tunis</placeName> zu verlaſſen. <note place="foot" n="1">Uͤber dieß Ereigniß finden ſich ſehr abweichende Erzaͤhlungen<lb/> bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118958682 ">Jovius</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100271227">Sandoval</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/132282968">Antonio Doria</persName>, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119255901">Sanſovino</persName>, bei <persName ref="nognd">Etropius</persName><lb/> und in der ausfuͤhrlichen franzoͤſiſchen Relation die demſelben zu Grunde<lb/> liegt; ja ſogar in den Berichten des Kaiſers ſelbſt iſt eine Verſchieden-<lb/> heit zu bemerken. Ich denke im Anhang uͤber das Verhaͤltniß der<lb/> Berichte, beſonders die ausfuͤhrliche franzoͤſiſche Relation, die ich in<lb/> der koͤniglichen Bibliothek im <placeName>Haag</placeName> fand, das Naͤhere beizubringen.</note></p><lb/> <p>Dadurch ward zugleich dem Kaiſer der Weg gebahnt.</p><lb/> <p>Großherr, ſagte ihm der <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1014997216">Muley</persName>, als ſich das Heer den<lb/> nächſten Morgen in Bewegung geſetzt hatte, — Ihr betre-<lb/> tet jetzt einen Boden, den noch nie ein chriſtlicher Fürſt be-<lb/> rührt hat. Ich denke noch weiter zu kommen, ſagte der Kai-<lb/> ſer, in welchem der glückliche Erfolg das volle Zutrauen zu<lb/> einer großen Beſtimmung wieder erweckte.</p><lb/> <p>Ohne Widerſtand zog er in <placeName>Tunis</placeName> ein: deſſenungeach-<lb/> tet überließ er die Stadt ſeinem Kriegsvolk, wie dieſes for-<lb/> derte, zur Plünderung. Tauſende kamen um; eine noch grö-<lb/> ßere Anzahl ward zu Sklaven gemacht; ſelbſt die Bücherſamm-<lb/> lung des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1014997216">Muley</persName> ward verwüſtet. Noch waltete in dieſen<lb/> Chriſten der bittere, gewaltſame, halbbarbariſche Geiſt der<lb/> Kreuzzüge vor. Als alles vollbracht d. i. alles zerſtört war,<lb/> hielt man dem Apoſtel <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118556800">S. Jacob</persName> zu Ehren, mit deſſen Na-<lb/> men die Spanier von jeher ihre antimuhamedaniſchen Kriegs-<lb/> thaten zu heiligen pflegten, am Tage deſſelben ein feierliches<lb/> Hochamt in dem Franciscanerkloſter.</p><lb/> <p>Wie bei der Eroberung der ſpaniſchen Städte fand man<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0030]
Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
nis eingeſperrten Chriſtenſklaven, bei der Unordnung welche
der Verluſt der Schlacht veranlaßte, und vielleicht von einem
reuevollen Renegaten unterſtützt, Gelegenheit fanden ſich zu
befreien, das Schloß einnahmen, und dadurch Chaireddin
nöthigten, mit ſeinen Getreuen Tunis zu verlaſſen. 1
Dadurch ward zugleich dem Kaiſer der Weg gebahnt.
Großherr, ſagte ihm der Muley, als ſich das Heer den
nächſten Morgen in Bewegung geſetzt hatte, — Ihr betre-
tet jetzt einen Boden, den noch nie ein chriſtlicher Fürſt be-
rührt hat. Ich denke noch weiter zu kommen, ſagte der Kai-
ſer, in welchem der glückliche Erfolg das volle Zutrauen zu
einer großen Beſtimmung wieder erweckte.
Ohne Widerſtand zog er in Tunis ein: deſſenungeach-
tet überließ er die Stadt ſeinem Kriegsvolk, wie dieſes for-
derte, zur Plünderung. Tauſende kamen um; eine noch grö-
ßere Anzahl ward zu Sklaven gemacht; ſelbſt die Bücherſamm-
lung des Muley ward verwüſtet. Noch waltete in dieſen
Chriſten der bittere, gewaltſame, halbbarbariſche Geiſt der
Kreuzzüge vor. Als alles vollbracht d. i. alles zerſtört war,
hielt man dem Apoſtel S. Jacob zu Ehren, mit deſſen Na-
men die Spanier von jeher ihre antimuhamedaniſchen Kriegs-
thaten zu heiligen pflegten, am Tage deſſelben ein feierliches
Hochamt in dem Franciscanerkloſter.
Wie bei der Eroberung der ſpaniſchen Städte fand man
1 Uͤber dieß Ereigniß finden ſich ſehr abweichende Erzaͤhlungen
bei Jovius, Sandoval, Antonio Doria, Sanſovino, bei Etropius
und in der ausfuͤhrlichen franzoͤſiſchen Relation die demſelben zu Grunde
liegt; ja ſogar in den Berichten des Kaiſers ſelbſt iſt eine Verſchieden-
heit zu bemerken. Ich denke im Anhang uͤber das Verhaͤltniß der
Berichte, beſonders die ausfuͤhrliche franzoͤſiſche Relation, die ich in
der koͤniglichen Bibliothek im Haag fand, das Naͤhere beizubringen.
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