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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reichstag zu Nürnberg 1543.
gericht keine rechtmäßige Gerichtsbarkeit gegen sie oder ihre
Mitverwandten zustehe. 1

Am 31sten Januar 1543 ward ein abermaliger Reichs-
tag zu Nürnberg hauptsächlich der Türkenhülfe wegen eröff-
net. Die Protestanten beantworteten die königliche Propo-
sition mit einer ausführlichen Eingabe, worin sie sich über
die neuen Bedrohungen beschwerten, mit denen sie das Kam-
mergericht aller königlichen Zusage zum Trotz heimsuche, --
entweder vollkommene Freiheit ihrer Lehre oder wenn diese
ja nicht bewilligt werden wolle, doch einen festen Rechts-
zustand forderten, -- endlich in aller Form auf die Auflö-
sung des Kammergerichts und eine Besetzung desselben mit
neuen Mitgliedern antrugen; sie erklärten, unerledigt dieser
Sachen würden sie sich in keine Berathung einlassen. 2

Natürlich aber widersetzte sich die alte Majorität diesen
Forderungen mit gewohnter Hartnäckigkeit. Es wäre den
Protestanten besonders darauf angekommen, wenigstens der
Declaration in dem Reichsabschiede gedacht zu sehen, und
der König säumte nicht, es in Antrag zu bringen, aber ge-
gen dieses Actenstück waltete grade die heftigste Aufregung
ob. Leonhard von Eck soll gesagt haben, die Welt müsse
vergehn, oder alles unter die Herrschaft der Türken gera-
then, ehe diese Declaration als ein Gesetz in Deutschland
betrachtet werden könne.

Der Abschied den König Ferdinand am Ende auswirkte,
war sonst nicht ungünstig: die Visitation des Kammergerichts
ward darin aufs neue festgesetzt; der Herzog von Braunschweig

2 In den Frankfurter Reichstagsacten.

Reichstag zu Nuͤrnberg 1543.
gericht keine rechtmäßige Gerichtsbarkeit gegen ſie oder ihre
Mitverwandten zuſtehe. 1

Am 31ſten Januar 1543 ward ein abermaliger Reichs-
tag zu Nürnberg hauptſächlich der Türkenhülfe wegen eröff-
net. Die Proteſtanten beantworteten die königliche Propo-
ſition mit einer ausführlichen Eingabe, worin ſie ſich über
die neuen Bedrohungen beſchwerten, mit denen ſie das Kam-
mergericht aller königlichen Zuſage zum Trotz heimſuche, —
entweder vollkommene Freiheit ihrer Lehre oder wenn dieſe
ja nicht bewilligt werden wolle, doch einen feſten Rechts-
zuſtand forderten, — endlich in aller Form auf die Auflö-
ſung des Kammergerichts und eine Beſetzung deſſelben mit
neuen Mitgliedern antrugen; ſie erklärten, unerledigt dieſer
Sachen würden ſie ſich in keine Berathung einlaſſen. 2

Natürlich aber widerſetzte ſich die alte Majorität dieſen
Forderungen mit gewohnter Hartnäckigkeit. Es wäre den
Proteſtanten beſonders darauf angekommen, wenigſtens der
Declaration in dem Reichsabſchiede gedacht zu ſehen, und
der König ſäumte nicht, es in Antrag zu bringen, aber ge-
gen dieſes Actenſtück waltete grade die heftigſte Aufregung
ob. Leonhard von Eck ſoll geſagt haben, die Welt müſſe
vergehn, oder alles unter die Herrſchaft der Türken gera-
then, ehe dieſe Declaration als ein Geſetz in Deutſchland
betrachtet werden könne.

Der Abſchied den König Ferdinand am Ende auswirkte,
war ſonſt nicht ungünſtig: die Viſitation des Kammergerichts
ward darin aufs neue feſtgeſetzt; der Herzog von Braunſchweig

2 In den Frankfurter Reichstagsacten.
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[285/0297] Reichstag zu Nuͤrnberg 1543. gericht keine rechtmäßige Gerichtsbarkeit gegen ſie oder ihre Mitverwandten zuſtehe. 1 Am 31ſten Januar 1543 ward ein abermaliger Reichs- tag zu Nürnberg hauptſächlich der Türkenhülfe wegen eröff- net. Die Proteſtanten beantworteten die königliche Propo- ſition mit einer ausführlichen Eingabe, worin ſie ſich über die neuen Bedrohungen beſchwerten, mit denen ſie das Kam- mergericht aller königlichen Zuſage zum Trotz heimſuche, — entweder vollkommene Freiheit ihrer Lehre oder wenn dieſe ja nicht bewilligt werden wolle, doch einen feſten Rechts- zuſtand forderten, — endlich in aller Form auf die Auflö- ſung des Kammergerichts und eine Beſetzung deſſelben mit neuen Mitgliedern antrugen; ſie erklärten, unerledigt dieſer Sachen würden ſie ſich in keine Berathung einlaſſen. 2 Natürlich aber widerſetzte ſich die alte Majorität dieſen Forderungen mit gewohnter Hartnäckigkeit. Es wäre den Proteſtanten beſonders darauf angekommen, wenigſtens der Declaration in dem Reichsabſchiede gedacht zu ſehen, und der König ſäumte nicht, es in Antrag zu bringen, aber ge- gen dieſes Actenſtück waltete grade die heftigſte Aufregung ob. Leonhard von Eck ſoll geſagt haben, die Welt müſſe vergehn, oder alles unter die Herrſchaft der Türken gera- then, ehe dieſe Declaration als ein Geſetz in Deutſchland betrachtet werden könne. Der Abſchied den König Ferdinand am Ende auswirkte, war ſonſt nicht ungünſtig: die Viſitation des Kammergerichts ward darin aufs neue feſtgeſetzt; der Herzog von Braunſchweig 1 Bei Hortleder, Luͤnig, Du Mont. 2 In den Frankfurter Reichstagsacten.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/297>, abgerufen am 15.05.2024.