Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Die Protestanten in Braunschweig. diesseit das Recht des Stärkeren geltend machen und demKaiser gewissermaßen in sein Amt fallen. Dagegen aber zog man in Betracht, daß eine Hülfe dieser Art nicht ver- mögen werde die Überlegenheit des Herzogs zu brechen, daß sie nur den Städten zur Last fallen und ihr Verderben voll- enden dürfte. 1 Ist es wohl überhaupt ausführbar, so wie man zur Anwendung der Gewalt schreitet, dieselbe so streng in bestimmte Schranken zu beschließen? Nicht allein jene Streitschriften, sondern auch Mordbrennereien, die in den evan- gelischen Ländern auf eine erschreckende Weise überhand nah- men, und in Folge der freilich auf der Tortur erpreßten Ge- ständnisse auf Herzog Heinrich zurückgeführt wurden, hatten eine heftige Erbitterung hervorgebracht. Genug, nach wie- derholten Berathungen zu Eisenach erklärten die beiden Haupt- leute, sie seyen entschlossen, Frieden an dem Friedbrecher zu suchen und mit hinreichender Macht, denn eine geringe An- zahl könne nicht helfen, auf Sonnabend Mariä Magdalenä im Felde zu erscheinen. Der Landgraf brachte 13 Fähnlein oberländische, 4 Fähn- 1 Lauze p. 484: "wan sie schon denselben Stedten weitern Zu-
satz überschickten, wurden sie sich doch nur selbs on allen nutz der Stedte bekriegen, als dardurch die Stedte mehr verderbet dann ge- rettet wurden." Die Proteſtanten in Braunſchweig. dieſſeit das Recht des Stärkeren geltend machen und demKaiſer gewiſſermaßen in ſein Amt fallen. Dagegen aber zog man in Betracht, daß eine Hülfe dieſer Art nicht ver- mögen werde die Überlegenheit des Herzogs zu brechen, daß ſie nur den Städten zur Laſt fallen und ihr Verderben voll- enden dürfte. 1 Iſt es wohl überhaupt ausführbar, ſo wie man zur Anwendung der Gewalt ſchreitet, dieſelbe ſo ſtreng in beſtimmte Schranken zu beſchließen? Nicht allein jene Streitſchriften, ſondern auch Mordbrennereien, die in den evan- geliſchen Ländern auf eine erſchreckende Weiſe überhand nah- men, und in Folge der freilich auf der Tortur erpreßten Ge- ſtändniſſe auf Herzog Heinrich zurückgeführt wurden, hatten eine heftige Erbitterung hervorgebracht. Genug, nach wie- derholten Berathungen zu Eiſenach erklärten die beiden Haupt- leute, ſie ſeyen entſchloſſen, Frieden an dem Friedbrecher zu ſuchen und mit hinreichender Macht, denn eine geringe An- zahl könne nicht helfen, auf Sonnabend Mariä Magdalenä im Felde zu erſcheinen. Der Landgraf brachte 13 Fähnlein oberländiſche, 4 Fähn- 1 Lauze p. 484: „wan ſie ſchon denſelben Stedten weitern Zu-
ſatz uͤberſchickten, wurden ſie ſich doch nur ſelbs on allen nutz der Stedte bekriegen, als dardurch die Stedte mehr verderbet dann ge- rettet wurden.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0293" n="281"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Proteſtanten in <placeName>Braunſchweig</placeName></hi>.</fw><lb/> dieſſeit das Recht des Stärkeren geltend machen und dem<lb/> Kaiſer gewiſſermaßen in ſein Amt fallen. Dagegen aber<lb/> zog man in Betracht, daß eine Hülfe dieſer Art nicht ver-<lb/> mögen werde die Überlegenheit des Herzogs zu brechen, daß<lb/> ſie nur den Städten zur Laſt fallen und ihr Verderben voll-<lb/> enden dürfte. <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/101515758">Lauze</persName><hi rendition="#aq">p.</hi> 484: „wan ſie ſchon denſelben Stedten weitern Zu-<lb/> ſatz uͤberſchickten, wurden ſie ſich doch nur ſelbs on allen nutz der<lb/> Stedte bekriegen, als dardurch die Stedte mehr verderbet dann ge-<lb/> rettet wurden.“</note> Iſt es wohl überhaupt ausführbar, ſo wie<lb/> man zur Anwendung der Gewalt ſchreitet, dieſelbe ſo ſtreng<lb/> in beſtimmte Schranken zu beſchließen? Nicht allein jene<lb/> Streitſchriften, ſondern auch Mordbrennereien, die in den evan-<lb/> geliſchen Ländern auf eine erſchreckende Weiſe überhand nah-<lb/> men, und in Folge der freilich auf der Tortur erpreßten Ge-<lb/> ſtändniſſe auf Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Heinrich</persName> zurückgeführt wurden, hatten<lb/> eine heftige Erbitterung hervorgebracht. Genug, nach wie-<lb/> derholten Berathungen zu <placeName>Eiſenach</placeName> erklärten die beiden Haupt-<lb/> leute, ſie ſeyen entſchloſſen, Frieden an dem Friedbrecher zu<lb/> ſuchen und mit hinreichender Macht, denn eine geringe An-<lb/> zahl könne nicht helfen, auf Sonnabend Mariä Magdalenä<lb/> im Felde zu erſcheinen.</p><lb/> <p>Der Landgraf brachte 13 Fähnlein oberländiſche, 4 Fähn-<lb/> lein niederdeutſche Landsknechte, der Churfürſt überhaupt 15<lb/> Fähnlein Knechte aus beiden Landesarten zuſammen; jeder<lb/> hatte 2000 Reiter; ſie vereinigten ſich bei <placeName>Gandersheim</placeName>. In-<lb/> deſſen hatte man zu <placeName>Braunſchweig</placeName> nicht allein ein paar tau-<lb/> ſend Mann zu Roß und Fuß geworben: der Rath erinnerte<lb/> die Bürgerſchaft daß ſie jetzt zu ewigem Nachruhm ihre Frei-<lb/> heit mit ihren Händen erkämpfen könne: eine gute Anzahl<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [281/0293]
Die Proteſtanten in Braunſchweig.
dieſſeit das Recht des Stärkeren geltend machen und dem
Kaiſer gewiſſermaßen in ſein Amt fallen. Dagegen aber
zog man in Betracht, daß eine Hülfe dieſer Art nicht ver-
mögen werde die Überlegenheit des Herzogs zu brechen, daß
ſie nur den Städten zur Laſt fallen und ihr Verderben voll-
enden dürfte. 1 Iſt es wohl überhaupt ausführbar, ſo wie
man zur Anwendung der Gewalt ſchreitet, dieſelbe ſo ſtreng
in beſtimmte Schranken zu beſchließen? Nicht allein jene
Streitſchriften, ſondern auch Mordbrennereien, die in den evan-
geliſchen Ländern auf eine erſchreckende Weiſe überhand nah-
men, und in Folge der freilich auf der Tortur erpreßten Ge-
ſtändniſſe auf Herzog Heinrich zurückgeführt wurden, hatten
eine heftige Erbitterung hervorgebracht. Genug, nach wie-
derholten Berathungen zu Eiſenach erklärten die beiden Haupt-
leute, ſie ſeyen entſchloſſen, Frieden an dem Friedbrecher zu
ſuchen und mit hinreichender Macht, denn eine geringe An-
zahl könne nicht helfen, auf Sonnabend Mariä Magdalenä
im Felde zu erſcheinen.
Der Landgraf brachte 13 Fähnlein oberländiſche, 4 Fähn-
lein niederdeutſche Landsknechte, der Churfürſt überhaupt 15
Fähnlein Knechte aus beiden Landesarten zuſammen; jeder
hatte 2000 Reiter; ſie vereinigten ſich bei Gandersheim. In-
deſſen hatte man zu Braunſchweig nicht allein ein paar tau-
ſend Mann zu Roß und Fuß geworben: der Rath erinnerte
die Bürgerſchaft daß ſie jetzt zu ewigem Nachruhm ihre Frei-
heit mit ihren Händen erkämpfen könne: eine gute Anzahl
1 Lauze p. 484: „wan ſie ſchon denſelben Stedten weitern Zu-
ſatz uͤberſchickten, wurden ſie ſich doch nur ſelbs on allen nutz der
Stedte bekriegen, als dardurch die Stedte mehr verderbet dann ge-
rettet wurden.“
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