Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
welche Herzog Heinrich wider die Stadt Goßlar anhängig
gemacht, weil sie ein paar Klöster in ihrer Nähe niederreißen
lassen, aus denen er sie leicht hätte angreifen können. Ihrer
Vertheidigung und Gegenklage, den Einreden der Protestan-
ten und kaiserlichen Inhibitionen zum Trotz ward doch am
Ende die Acht gegen Goßlar ausgesprochen. Während des
Gespräches zu Worms ward sie dort an den Kirchthüren
angeschlagen. Herzog Heinrich war entschlossen, ein Urtel
zu vollstrecken, das ihm die erwünschteste Gelegenheit gab,
sich an den verhaßten Nachbarn, mit denen er schon so lange
haderte, zu rächen.

Die Protestanten hatten nicht gesäumt sich der Stadt
anzunehmen. Sie wären 1541 nicht nach Regensburg ge-
kommen, hätte der Kaiser die Acht nicht suspendirt. Die sonst
günstige Erklärung über die Suspension der Processe, die
der damalige Abschied enthielt, genügte ihnen gleichwohl noch
nicht: in der Declaration mußte ausdrücklich festgesetzt wer-
den, daß damit auch die gegen Goßlar ausgesprochene Acht
suspendirt seyn solle. Mit der Erneuerung der Declaration
im Jahr 1542 ward auch dieser Artikel erneuert; ja Ferdi-
nand
gieng damals sogar noch einen Schritt weiter: um
alle Ausrede abzuschneiden, erklärte er, die Aufschiebung solle
auf die ganze Dauer der Declaration die Kraft einer Los-
sprechung haben. 1

Wie von jeher suchten die Protestanten auch jetzt an
der kaiserlichen und königlichen Macht einen Rückhalt gegen

gen: "man soll an den Teufel glauben und nur den Pfaffen das Ihre
nicht nehmen."
1 Confirmation der Suspension der Goßlarischen Acht. Hort-
leder
I, iv, 38. Du Mont IV, ii, 227.

Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
welche Herzog Heinrich wider die Stadt Goßlar anhängig
gemacht, weil ſie ein paar Klöſter in ihrer Nähe niederreißen
laſſen, aus denen er ſie leicht hätte angreifen können. Ihrer
Vertheidigung und Gegenklage, den Einreden der Proteſtan-
ten und kaiſerlichen Inhibitionen zum Trotz ward doch am
Ende die Acht gegen Goßlar ausgeſprochen. Während des
Geſpräches zu Worms ward ſie dort an den Kirchthüren
angeſchlagen. Herzog Heinrich war entſchloſſen, ein Urtel
zu vollſtrecken, das ihm die erwünſchteſte Gelegenheit gab,
ſich an den verhaßten Nachbarn, mit denen er ſchon ſo lange
haderte, zu rächen.

Die Proteſtanten hatten nicht geſäumt ſich der Stadt
anzunehmen. Sie wären 1541 nicht nach Regensburg ge-
kommen, hätte der Kaiſer die Acht nicht ſuspendirt. Die ſonſt
günſtige Erklärung über die Suspenſion der Proceſſe, die
der damalige Abſchied enthielt, genügte ihnen gleichwohl noch
nicht: in der Declaration mußte ausdrücklich feſtgeſetzt wer-
den, daß damit auch die gegen Goßlar ausgeſprochene Acht
ſuspendirt ſeyn ſolle. Mit der Erneuerung der Declaration
im Jahr 1542 ward auch dieſer Artikel erneuert; ja Ferdi-
nand
gieng damals ſogar noch einen Schritt weiter: um
alle Ausrede abzuſchneiden, erklärte er, die Aufſchiebung ſolle
auf die ganze Dauer der Declaration die Kraft einer Los-
ſprechung haben. 1

Wie von jeher ſuchten die Proteſtanten auch jetzt an
der kaiſerlichen und königlichen Macht einen Rückhalt gegen

gen: „man ſoll an den Teufel glauben und nur den Pfaffen das Ihre
nicht nehmen.“
1 Confirmation der Suſpenſion der Goßlariſchen Acht. Hort-
leder
I, iv, 38. Du Mont IV, ii, 227.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
welche Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Heinrich</persName> wider die Stadt <placeName>Goßlar</placeName> anhängig<lb/>
gemacht, weil &#x017F;ie ein paar Klö&#x017F;ter in ihrer Nähe niederreißen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, aus denen er &#x017F;ie leicht hätte angreifen können. Ihrer<lb/>
Vertheidigung und Gegenklage, den Einreden der Prote&#x017F;tan-<lb/>
ten und kai&#x017F;erlichen Inhibitionen zum Trotz ward doch am<lb/>
Ende die Acht gegen <placeName>Goßlar</placeName> ausge&#x017F;prochen. Während des<lb/>
Ge&#x017F;präches zu <placeName>Worms</placeName> ward &#x017F;ie dort an den Kirchthüren<lb/>
ange&#x017F;chlagen. Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Heinrich</persName> war ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ein Urtel<lb/>
zu voll&#x017F;trecken, das ihm die erwün&#x017F;chte&#x017F;te Gelegenheit gab,<lb/>
&#x017F;ich an den verhaßten Nachbarn, mit denen er &#x017F;chon &#x017F;o lange<lb/>
haderte, zu rächen.</p><lb/>
          <p>Die Prote&#x017F;tanten hatten nicht ge&#x017F;äumt &#x017F;ich der Stadt<lb/>
anzunehmen. Sie wären 1541 nicht nach <placeName>Regensburg</placeName> ge-<lb/>
kommen, hätte der Kai&#x017F;er die Acht nicht &#x017F;uspendirt. Die &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
gün&#x017F;tige Erklärung über die Suspen&#x017F;ion der Proce&#x017F;&#x017F;e, die<lb/>
der damalige Ab&#x017F;chied enthielt, genügte ihnen gleichwohl noch<lb/>
nicht: in der Declaration mußte ausdrücklich fe&#x017F;tge&#x017F;etzt wer-<lb/>
den, daß damit auch die gegen <placeName>Goßlar</placeName> ausge&#x017F;prochene Acht<lb/>
&#x017F;uspendirt &#x017F;eyn &#x017F;olle. Mit der Erneuerung der Declaration<lb/>
im Jahr 1542 ward auch die&#x017F;er Artikel erneuert; ja <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdi-<lb/>
nand</persName> gieng damals &#x017F;ogar noch einen Schritt weiter: um<lb/>
alle Ausrede abzu&#x017F;chneiden, erklärte er, die Auf&#x017F;chiebung &#x017F;olle<lb/>
auf die ganze Dauer der Declaration die Kraft einer Los-<lb/>
&#x017F;prechung haben. <note place="foot" n="1">Confirmation der Su&#x017F;pen&#x017F;ion der Goßlari&#x017F;chen Acht. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117011312">Hort-<lb/>
leder</persName> <hi rendition="#aq">I, <hi rendition="#k">iv</hi>,</hi> 38. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/124332269">Du Mont</persName> <hi rendition="#aq">IV, <hi rendition="#k">ii</hi>,</hi> 227.</note></p><lb/>
          <p>Wie von jeher &#x017F;uchten die Prote&#x017F;tanten auch jetzt an<lb/>
der kai&#x017F;erlichen und königlichen Macht einen Rückhalt gegen<lb/><note xml:id="fn13f" prev="#fn13i" place="foot" n="1">gen: &#x201E;man &#x017F;oll an den Teufel glauben und nur den Pfaffen das Ihre<lb/>
nicht nehmen.&#x201C;</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0288] Siebentes Buch. Siebentes Capitel. welche Herzog Heinrich wider die Stadt Goßlar anhängig gemacht, weil ſie ein paar Klöſter in ihrer Nähe niederreißen laſſen, aus denen er ſie leicht hätte angreifen können. Ihrer Vertheidigung und Gegenklage, den Einreden der Proteſtan- ten und kaiſerlichen Inhibitionen zum Trotz ward doch am Ende die Acht gegen Goßlar ausgeſprochen. Während des Geſpräches zu Worms ward ſie dort an den Kirchthüren angeſchlagen. Herzog Heinrich war entſchloſſen, ein Urtel zu vollſtrecken, das ihm die erwünſchteſte Gelegenheit gab, ſich an den verhaßten Nachbarn, mit denen er ſchon ſo lange haderte, zu rächen. Die Proteſtanten hatten nicht geſäumt ſich der Stadt anzunehmen. Sie wären 1541 nicht nach Regensburg ge- kommen, hätte der Kaiſer die Acht nicht ſuspendirt. Die ſonſt günſtige Erklärung über die Suspenſion der Proceſſe, die der damalige Abſchied enthielt, genügte ihnen gleichwohl noch nicht: in der Declaration mußte ausdrücklich feſtgeſetzt wer- den, daß damit auch die gegen Goßlar ausgeſprochene Acht ſuspendirt ſeyn ſolle. Mit der Erneuerung der Declaration im Jahr 1542 ward auch dieſer Artikel erneuert; ja Ferdi- nand gieng damals ſogar noch einen Schritt weiter: um alle Ausrede abzuſchneiden, erklärte er, die Aufſchiebung ſolle auf die ganze Dauer der Declaration die Kraft einer Los- ſprechung haben. 1 Wie von jeher ſuchten die Proteſtanten auch jetzt an der kaiſerlichen und königlichen Macht einen Rückhalt gegen 1 1 Confirmation der Suſpenſion der Goßlariſchen Acht. Hort- leder I, iv, 38. Du Mont IV, ii, 227. 1 gen: „man ſoll an den Teufel glauben und nur den Pfaffen das Ihre nicht nehmen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/288
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/288>, abgerufen am 24.11.2024.