Truppen in Mailand befehligte; er selbst jedoch leugnete sie ab und erbot sich Untersuchung und Urtheil dem Papst anheim zu stellen. 1
Dem König aber genügte das nicht. An allen Höfen erhob er die bittersten Klagen; die Ausdrücke deren er sich be- diente, ließen an seinem Entschluß sich mit den Waffen Genug- thuung zu verschaffen nicht zweifeln. Während der Unterneh- mung von Algier hielt er sich noch ruhig: einem kaiserlichen Gesandten, der deshalb zu ihm geschickt worden, hatte er dieß ausdrücklich versprochen; gleich darauf aber begannen die ernst- lichsten Demonstrationen. Eine Stadt des König Ferdinand, Marano, ward im Namen des Königs von Frankreich über- fallen und eingenommen. Ähnlichen Versuchen kam man in den Niederlanden und in Neapel auf die Spur. Die Küsten von Genua und die Gebirge von Navarra sahen sich zugleich bedroht. Fünf Armeen wurden in Frankreich ausgerüstet. Allenthalben erhoben sich Bundesgenossen des Königs.
Vor allem war, trotz jener Ermordung der Gesandten, mit den Osmanen abgeschlossen worden; man glaubte all- gemein, ihre Flotte würde einer Unternehmung auf Spanien zu Hülfe kommen. 2
Dann hatte sich, durch die Ansprüche, die der Kaiser zu Gunsten des pfälzischen Hauses auf Dänemark erhob,
1 Bei BellayIX (Coll. univ. XX, p. 309 sq.) finden sich die zwischen Bellay und Guasto hierüber gewechselten Schriften. In Spanien meinte man, die beiden Gesandten haben nur gefangen ge- nommen, nicht getödtet werden sollen.
2DandoloRelatione di 1542. Mi fu affermato da per- sona ben intelligente, che con questo fundamento si andarebbe a far la guerra in Ispagna, per lo ajuto che si avrebbe da tale armata del Turco. Kaiser Carl setzt dieß in seinen Briefen voraus.
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
Truppen in Mailand befehligte; er ſelbſt jedoch leugnete ſie ab und erbot ſich Unterſuchung und Urtheil dem Papſt anheim zu ſtellen. 1
Dem König aber genügte das nicht. An allen Höfen erhob er die bitterſten Klagen; die Ausdrücke deren er ſich be- diente, ließen an ſeinem Entſchluß ſich mit den Waffen Genug- thuung zu verſchaffen nicht zweifeln. Während der Unterneh- mung von Algier hielt er ſich noch ruhig: einem kaiſerlichen Geſandten, der deshalb zu ihm geſchickt worden, hatte er dieß ausdrücklich verſprochen; gleich darauf aber begannen die ernſt- lichſten Demonſtrationen. Eine Stadt des König Ferdinand, Marano, ward im Namen des Königs von Frankreich über- fallen und eingenommen. Ähnlichen Verſuchen kam man in den Niederlanden und in Neapel auf die Spur. Die Küſten von Genua und die Gebirge von Navarra ſahen ſich zugleich bedroht. Fünf Armeen wurden in Frankreich ausgerüſtet. Allenthalben erhoben ſich Bundesgenoſſen des Königs.
Vor allem war, trotz jener Ermordung der Geſandten, mit den Osmanen abgeſchloſſen worden; man glaubte all- gemein, ihre Flotte würde einer Unternehmung auf Spanien zu Hülfe kommen. 2
Dann hatte ſich, durch die Anſprüche, die der Kaiſer zu Gunſten des pfälziſchen Hauſes auf Dänemark erhob,
1 Bei BellayIX (Coll. univ. XX, p. 309 sq.) finden ſich die zwiſchen Bellay und Guaſto hieruͤber gewechſelten Schriften. In Spanien meinte man, die beiden Geſandten haben nur gefangen ge- nommen, nicht getoͤdtet werden ſollen.
2DandoloRelatione di 1542. Mi fu affermato da per- sona ben intelligente, che con questo fundamento si andarebbe a far la guerra in Ispagna, per lo ajuto che si avrebbe da tale armata del Turco. Kaiſer Carl ſetzt dieß in ſeinen Briefen voraus.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0256"n="244"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Truppen in <placeName>Mailand</placeName> befehligte; er ſelbſt jedoch leugnete<lb/>ſie ab und erbot ſich Unterſuchung und Urtheil dem Papſt<lb/>
anheim zu ſtellen. <noteplace="foot"n="1">Bei <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118527649">Bellay</persName><hirendition="#aq">IX (Coll. univ. XX, p. 309 sq.)</hi> finden ſich<lb/>
die zwiſchen <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118527649">Bellay</persName> und <persNameref="http://d-nb.info/gnd/130169676">Guaſto</persName> hieruͤber gewechſelten Schriften. In<lb/><placeName>Spanien</placeName> meinte man, die beiden Geſandten haben nur gefangen ge-<lb/>
nommen, nicht getoͤdtet werden ſollen.</note></p><lb/><p>Dem König aber genügte das nicht. An allen Höfen<lb/>
erhob er die bitterſten Klagen; die Ausdrücke deren er ſich be-<lb/>
diente, ließen an ſeinem Entſchluß ſich mit den Waffen Genug-<lb/>
thuung zu verſchaffen nicht zweifeln. Während der Unterneh-<lb/>
mung von <placeName>Algier</placeName> hielt er ſich noch ruhig: einem kaiſerlichen<lb/>
Geſandten, der deshalb zu ihm geſchickt worden, hatte er dieß<lb/>
ausdrücklich verſprochen; gleich darauf aber begannen die ernſt-<lb/>
lichſten Demonſtrationen. Eine Stadt des König <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName>,<lb/><placeName>Marano</placeName>, ward im Namen des Königs von <placeName>Frankreich</placeName> über-<lb/>
fallen und eingenommen. Ähnlichen Verſuchen kam man in<lb/>
den <placeName>Niederlanden</placeName> und in <placeName>Neapel</placeName> auf die Spur. Die Küſten<lb/>
von <placeName>Genua</placeName> und die Gebirge von <placeName>Navarra</placeName>ſahen ſich zugleich<lb/>
bedroht. Fünf Armeen wurden in <placeName>Frankreich</placeName> ausgerüſtet.<lb/>
Allenthalben erhoben ſich Bundesgenoſſen des Königs.</p><lb/><p>Vor allem war, trotz jener Ermordung der Geſandten,<lb/>
mit den Osmanen abgeſchloſſen worden; man glaubte all-<lb/>
gemein, ihre Flotte würde einer Unternehmung auf <placeName>Spanien</placeName><lb/>
zu Hülfe kommen. <noteplace="foot"n="2"><persNameref="http://d-nb.info/gnd/159698936">Dandolo</persName><hirendition="#aq">Relatione di 1542. Mi fu affermato da per-<lb/>
sona ben intelligente, che con questo fundamento si andarebbe<lb/>
a far la guerra in <placeName>Ispagna</placeName>, per lo ajuto che si avrebbe da tale<lb/>
armata del Turco.</hi> Kaiſer <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carl</persName>ſetzt dieß in ſeinen Briefen voraus.</note></p><lb/><p>Dann hatte ſich, durch die Anſprüche, die der Kaiſer<lb/>
zu Gunſten des pfälziſchen Hauſes auf <placeName>Dänemark</placeName> erhob,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[244/0256]
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
Truppen in Mailand befehligte; er ſelbſt jedoch leugnete
ſie ab und erbot ſich Unterſuchung und Urtheil dem Papſt
anheim zu ſtellen. 1
Dem König aber genügte das nicht. An allen Höfen
erhob er die bitterſten Klagen; die Ausdrücke deren er ſich be-
diente, ließen an ſeinem Entſchluß ſich mit den Waffen Genug-
thuung zu verſchaffen nicht zweifeln. Während der Unterneh-
mung von Algier hielt er ſich noch ruhig: einem kaiſerlichen
Geſandten, der deshalb zu ihm geſchickt worden, hatte er dieß
ausdrücklich verſprochen; gleich darauf aber begannen die ernſt-
lichſten Demonſtrationen. Eine Stadt des König Ferdinand,
Marano, ward im Namen des Königs von Frankreich über-
fallen und eingenommen. Ähnlichen Verſuchen kam man in
den Niederlanden und in Neapel auf die Spur. Die Küſten
von Genua und die Gebirge von Navarra ſahen ſich zugleich
bedroht. Fünf Armeen wurden in Frankreich ausgerüſtet.
Allenthalben erhoben ſich Bundesgenoſſen des Königs.
Vor allem war, trotz jener Ermordung der Geſandten,
mit den Osmanen abgeſchloſſen worden; man glaubte all-
gemein, ihre Flotte würde einer Unternehmung auf Spanien
zu Hülfe kommen. 2
Dann hatte ſich, durch die Anſprüche, die der Kaiſer
zu Gunſten des pfälziſchen Hauſes auf Dänemark erhob,
1 Bei Bellay IX (Coll. univ. XX, p. 309 sq.) finden ſich
die zwiſchen Bellay und Guaſto hieruͤber gewechſelten Schriften. In
Spanien meinte man, die beiden Geſandten haben nur gefangen ge-
nommen, nicht getoͤdtet werden ſollen.
2 Dandolo Relatione di 1542. Mi fu affermato da per-
sona ben intelligente, che con questo fundamento si andarebbe
a far la guerra in Ispagna, per lo ajuto che si avrebbe da tale
armata del Turco. Kaiſer Carl ſetzt dieß in ſeinen Briefen voraus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/256>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.