Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichstag in Speier 1542.
so viel Beschäftigung, daß die Theilnahme an den diesseitigen
Angelegenheiten, die er versprochen und die er auch noch im-
mer hoffen ließ, schwerlich mehr erwartet werden durfte.



Zunächst war Ferdinand ganz auf die deutschen Stände
angewiesen, die sich im Anfang des Jahres 1542 in Speier
versammelten.

Die Nachrichten aus Ungarn hatten dieß Mal den größ-
ten Eindruck gemacht, da sie wohl geeignet waren, jedem
Einzelnen seine eigene Gefahr in Erinnerung zu bringen. 1
Auch zeigte man sich auf dem Reichstag zu Speier -- der
venezianische Gesandte ist davon ganz überrascht -- endlich
einmal wieder eifrig und entschlossen. Ohne Bedenken ward
die sehr ansehnliche Hülfe von 40000 M. z. F., 8000 M.
z. Pf. verwilligt, mit der man unverzüglich einen Versuch
machen wollte, die vorgedrungenen Barbaren wieder zurück-
zujagen. Churfürst Joachim II von Brandenburg sollte die
Anführung übernehmen.

Jedoch dürfte man nicht glauben, daß mit dem Beschluß
nun auch schon die Ausführung desselben gesichert gewesen wäre.

Die vorläufige Bedingung, ohne die überhaupt nicht
daran zu denken gewesen wäre, ein allgemeiner Stillstand, bis
fünf Jahre nach Ausgang des Krieges, genügte doch noch
nicht ganz, um alles zu beruhigen. Die Protestanten ver-
nahmen, der Kaiser habe bei seiner Zusammenkunft mit dem

1 Schon im October 1541 ward eine Versammlung der erb-
verbrüderten Fürsten von Sachsen, Hessen und Brandenburg gehal-
ten, um über die Hülfe zu berathen, die einer dem andern leisten
wolle wenn etwa auch Böhmen in die Hände des Sultans falle und
dieser Deutschland unmittelbar angreife. (Urk. im Berl. Arch.)

Reichstag in Speier 1542.
ſo viel Beſchäftigung, daß die Theilnahme an den dieſſeitigen
Angelegenheiten, die er verſprochen und die er auch noch im-
mer hoffen ließ, ſchwerlich mehr erwartet werden durfte.



Zunächſt war Ferdinand ganz auf die deutſchen Stände
angewieſen, die ſich im Anfang des Jahres 1542 in Speier
verſammelten.

Die Nachrichten aus Ungarn hatten dieß Mal den größ-
ten Eindruck gemacht, da ſie wohl geeignet waren, jedem
Einzelnen ſeine eigene Gefahr in Erinnerung zu bringen. 1
Auch zeigte man ſich auf dem Reichstag zu Speier — der
venezianiſche Geſandte iſt davon ganz überraſcht — endlich
einmal wieder eifrig und entſchloſſen. Ohne Bedenken ward
die ſehr anſehnliche Hülfe von 40000 M. z. F., 8000 M.
z. Pf. verwilligt, mit der man unverzüglich einen Verſuch
machen wollte, die vorgedrungenen Barbaren wieder zurück-
zujagen. Churfürſt Joachim II von Brandenburg ſollte die
Anführung übernehmen.

Jedoch dürfte man nicht glauben, daß mit dem Beſchluß
nun auch ſchon die Ausführung deſſelben geſichert geweſen wäre.

Die vorläufige Bedingung, ohne die überhaupt nicht
daran zu denken geweſen wäre, ein allgemeiner Stillſtand, bis
fünf Jahre nach Ausgang des Krieges, genügte doch noch
nicht ganz, um alles zu beruhigen. Die Proteſtanten ver-
nahmen, der Kaiſer habe bei ſeiner Zuſammenkunft mit dem

1 Schon im October 1541 ward eine Verſammlung der erb-
verbruͤderten Fuͤrſten von Sachſen, Heſſen und Brandenburg gehal-
ten, um uͤber die Huͤlfe zu berathen, die einer dem andern leiſten
wolle wenn etwa auch Boͤhmen in die Haͤnde des Sultans falle und
dieſer Deutſchland unmittelbar angreife. (Urk. im Berl. Arch.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0249" n="237"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichstag in <placeName>Speier</placeName> 1542</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;o viel Be&#x017F;chäftigung, daß die Theilnahme an den die&#x017F;&#x017F;eitigen<lb/>
Angelegenheiten, die er ver&#x017F;prochen und die er auch noch im-<lb/>
mer hoffen ließ, &#x017F;chwerlich mehr erwartet werden durfte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Zunäch&#x017F;t war <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> ganz auf die deut&#x017F;chen Stände<lb/>
angewie&#x017F;en, die &#x017F;ich im Anfang des Jahres 1542 in <placeName>Speier</placeName><lb/>
ver&#x017F;ammelten.</p><lb/>
          <p>Die Nachrichten aus <placeName>Ungarn</placeName> hatten dieß Mal den größ-<lb/>
ten Eindruck gemacht, da &#x017F;ie wohl geeignet waren, jedem<lb/>
Einzelnen &#x017F;eine eigene Gefahr in Erinnerung zu bringen. <note place="foot" n="1">Schon im October 1541 ward eine Ver&#x017F;ammlung der erb-<lb/>
verbru&#x0364;derten Fu&#x0364;r&#x017F;ten von <placeName>Sach&#x017F;en</placeName>, <placeName>He&#x017F;&#x017F;en</placeName> und <placeName>Brandenburg</placeName> gehal-<lb/>
ten, um u&#x0364;ber die Hu&#x0364;lfe zu berathen, die einer dem andern lei&#x017F;ten<lb/>
wolle wenn etwa auch <placeName>Bo&#x0364;hmen</placeName> in die Ha&#x0364;nde des Sultans falle und<lb/>
die&#x017F;er <placeName>Deut&#x017F;chland</placeName> unmittelbar angreife. (Urk. im Berl. Arch.)</note><lb/>
Auch zeigte man &#x017F;ich auf dem Reichstag zu <placeName>Speier</placeName> &#x2014; der<lb/>
veneziani&#x017F;che Ge&#x017F;andte i&#x017F;t davon ganz überra&#x017F;cht &#x2014; endlich<lb/>
einmal wieder eifrig und ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Ohne Bedenken ward<lb/>
die &#x017F;ehr an&#x017F;ehnliche Hülfe von 40000 M. z. F., 8000 M.<lb/>
z. Pf. verwilligt, mit der man unverzüglich einen Ver&#x017F;uch<lb/>
machen wollte, die vorgedrungenen Barbaren wieder zurück-<lb/>
zujagen. Churfür&#x017F;t <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557556">Joachim <hi rendition="#aq">II</hi> von Brandenburg</persName> &#x017F;ollte die<lb/>
Anführung übernehmen.</p><lb/>
          <p>Jedoch dürfte man nicht glauben, daß mit dem Be&#x017F;chluß<lb/>
nun auch &#x017F;chon die Ausführung de&#x017F;&#x017F;elben ge&#x017F;ichert gewe&#x017F;en wäre.</p><lb/>
          <p>Die vorläufige Bedingung, ohne die überhaupt nicht<lb/>
daran zu denken gewe&#x017F;en wäre, ein allgemeiner Still&#x017F;tand, bis<lb/>
fünf Jahre nach Ausgang des Krieges, genügte doch noch<lb/>
nicht ganz, um alles zu beruhigen. Die Prote&#x017F;tanten ver-<lb/>
nahmen, der Kai&#x017F;er habe bei &#x017F;einer Zu&#x017F;ammenkunft mit dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0249] Reichstag in Speier 1542. ſo viel Beſchäftigung, daß die Theilnahme an den dieſſeitigen Angelegenheiten, die er verſprochen und die er auch noch im- mer hoffen ließ, ſchwerlich mehr erwartet werden durfte. Zunächſt war Ferdinand ganz auf die deutſchen Stände angewieſen, die ſich im Anfang des Jahres 1542 in Speier verſammelten. Die Nachrichten aus Ungarn hatten dieß Mal den größ- ten Eindruck gemacht, da ſie wohl geeignet waren, jedem Einzelnen ſeine eigene Gefahr in Erinnerung zu bringen. 1 Auch zeigte man ſich auf dem Reichstag zu Speier — der venezianiſche Geſandte iſt davon ganz überraſcht — endlich einmal wieder eifrig und entſchloſſen. Ohne Bedenken ward die ſehr anſehnliche Hülfe von 40000 M. z. F., 8000 M. z. Pf. verwilligt, mit der man unverzüglich einen Verſuch machen wollte, die vorgedrungenen Barbaren wieder zurück- zujagen. Churfürſt Joachim II von Brandenburg ſollte die Anführung übernehmen. Jedoch dürfte man nicht glauben, daß mit dem Beſchluß nun auch ſchon die Ausführung deſſelben geſichert geweſen wäre. Die vorläufige Bedingung, ohne die überhaupt nicht daran zu denken geweſen wäre, ein allgemeiner Stillſtand, bis fünf Jahre nach Ausgang des Krieges, genügte doch noch nicht ganz, um alles zu beruhigen. Die Proteſtanten ver- nahmen, der Kaiſer habe bei ſeiner Zuſammenkunft mit dem 1 Schon im October 1541 ward eine Verſammlung der erb- verbruͤderten Fuͤrſten von Sachſen, Heſſen und Brandenburg gehal- ten, um uͤber die Huͤlfe zu berathen, die einer dem andern leiſten wolle wenn etwa auch Boͤhmen in die Haͤnde des Sultans falle und dieſer Deutſchland unmittelbar angreife. (Urk. im Berl. Arch.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/249
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/249>, abgerufen am 23.11.2024.