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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Fünftes Capitel.
er die innerhalb der bisherigen Majorität eingetretene Spal-
tung hervortreten lassen. Es gab hierüber zwischen Gran-
vella
und Morone eines Tages einen ziemlich heftigen Wort-
wechsel. Granvella warf dem Nuntius vor, er suche nur das
Gespräch überhaupt zu verhindern: Morone antwortete mit
einer feierlichen Protestation, daß Granvella alle das Unglück
das bei der vorgeschlagenen Form zu erwarten sey, auf sei-
nen Kopf nehmen müsse. Erinnern wir uns, daß der Nun-
tius doch die höchste kirchliche Autorität darstellte, so begrei-
fen wir wohl, daß Granvella Bedenken trug mit ihm zu
brechen; er bequemte sich zu der Auskunft, daß nur die
Mitglieder der Mehrheit jedes Theiles das Recht haben soll-
ten dem von den beiden Hauptcolloquenten Gesagten etwas
hinzuzufügen; sollte jemand von der Minderheit etwas ein-
wenden wollen, der möge sein Gutachten bei den Präsiden-
ten und dem kaiserlichen Orator schriftlich eingeben. 1

Ein widerwärtiger Anblick: dieses Streitig-machen jedes
Schrittes, dieses Hadern über die Form, um nur nicht zur
Sache zu kommen. Die Protestanten ließen sich am Ende
den Vorschlag gefallen, aber nur damit es nicht scheine als
hätten sie Scheu vor einer neuen Erörterung. Die drei ab-
weichenden Stimmen fügten sich, damit man doch endlich ein-
mal zum Werk schreite und nicht so viel Zeit, Mühe und
Kosten vergebens aufgewendet habe.

Morone war jedoch noch immer nicht ruhig. Aus sei-
nen Briefen sehen wir, daß ihn die Besorgniß, es dürfte
doch zuletzt zum Sammeln der Stimmen kommen, unauf-

1 Der Präsidenten Antwort 2 Jan. C. R. IV, 5. Schreiben
Butzers an Nausea.

Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
er die innerhalb der bisherigen Majorität eingetretene Spal-
tung hervortreten laſſen. Es gab hierüber zwiſchen Gran-
vella
und Morone eines Tages einen ziemlich heftigen Wort-
wechſel. Granvella warf dem Nuntius vor, er ſuche nur das
Geſpräch überhaupt zu verhindern: Morone antwortete mit
einer feierlichen Proteſtation, daß Granvella alle das Unglück
das bei der vorgeſchlagenen Form zu erwarten ſey, auf ſei-
nen Kopf nehmen müſſe. Erinnern wir uns, daß der Nun-
tius doch die höchſte kirchliche Autorität darſtellte, ſo begrei-
fen wir wohl, daß Granvella Bedenken trug mit ihm zu
brechen; er bequemte ſich zu der Auskunft, daß nur die
Mitglieder der Mehrheit jedes Theiles das Recht haben ſoll-
ten dem von den beiden Hauptcolloquenten Geſagten etwas
hinzuzufügen; ſollte jemand von der Minderheit etwas ein-
wenden wollen, der möge ſein Gutachten bei den Präſiden-
ten und dem kaiſerlichen Orator ſchriftlich eingeben. 1

Ein widerwärtiger Anblick: dieſes Streitig-machen jedes
Schrittes, dieſes Hadern über die Form, um nur nicht zur
Sache zu kommen. Die Proteſtanten ließen ſich am Ende
den Vorſchlag gefallen, aber nur damit es nicht ſcheine als
hätten ſie Scheu vor einer neuen Erörterung. Die drei ab-
weichenden Stimmen fügten ſich, damit man doch endlich ein-
mal zum Werk ſchreite und nicht ſo viel Zeit, Mühe und
Koſten vergebens aufgewendet habe.

Morone war jedoch noch immer nicht ruhig. Aus ſei-
nen Briefen ſehen wir, daß ihn die Beſorgniß, es dürfte
doch zuletzt zum Sammeln der Stimmen kommen, unauf-

1 Der Praͤſidenten Antwort 2 Jan. C. R. IV, 5. Schreiben
Butzers an Nauſea.
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[202/0214] Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel. er die innerhalb der bisherigen Majorität eingetretene Spal- tung hervortreten laſſen. Es gab hierüber zwiſchen Gran- vella und Morone eines Tages einen ziemlich heftigen Wort- wechſel. Granvella warf dem Nuntius vor, er ſuche nur das Geſpräch überhaupt zu verhindern: Morone antwortete mit einer feierlichen Proteſtation, daß Granvella alle das Unglück das bei der vorgeſchlagenen Form zu erwarten ſey, auf ſei- nen Kopf nehmen müſſe. Erinnern wir uns, daß der Nun- tius doch die höchſte kirchliche Autorität darſtellte, ſo begrei- fen wir wohl, daß Granvella Bedenken trug mit ihm zu brechen; er bequemte ſich zu der Auskunft, daß nur die Mitglieder der Mehrheit jedes Theiles das Recht haben ſoll- ten dem von den beiden Hauptcolloquenten Geſagten etwas hinzuzufügen; ſollte jemand von der Minderheit etwas ein- wenden wollen, der möge ſein Gutachten bei den Präſiden- ten und dem kaiſerlichen Orator ſchriftlich eingeben. 1 Ein widerwärtiger Anblick: dieſes Streitig-machen jedes Schrittes, dieſes Hadern über die Form, um nur nicht zur Sache zu kommen. Die Proteſtanten ließen ſich am Ende den Vorſchlag gefallen, aber nur damit es nicht ſcheine als hätten ſie Scheu vor einer neuen Erörterung. Die drei ab- weichenden Stimmen fügten ſich, damit man doch endlich ein- mal zum Werk ſchreite und nicht ſo viel Zeit, Mühe und Koſten vergebens aufgewendet habe. Morone war jedoch noch immer nicht ruhig. Aus ſei- nen Briefen ſehen wir, daß ihn die Beſorgniß, es dürfte doch zuletzt zum Sammeln der Stimmen kommen, unauf- 1 Der Praͤſidenten Antwort 2 Jan. C. R. IV, 5. Schreiben Butzers an Nauſea.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/214>, abgerufen am 23.11.2024.