In späteren Zeiten hat es nicht geringe Verwunderung erregt, daß die damaligen deutschen Fürsten so häufige und lange Versammlungen hielten, zuweilen durch ihre geistlichen und weltlichen Räthe, zuweilen in Person, um über die schwie- rigsten und dunkelsten Fragen der Theologie zu verhandeln, an denen sie dann einen Antheil nahmen, welcher sonst nur den unmittelbarsten Interessen gewidmet wird.
Sollte es nicht in der That scheinen, als hätten sie bes- ser gethan, wenn sie nur die Rechtsfragen, die in den letzten Jahren mehr als einmal den Ausbruch eines Krieges fürch- ten lassen, vorgenommen und zu entscheiden gesucht hätten?
Die Protestanten hätten sich nichts Besseres gewünscht; aber darin vornehmlich bestand das Prinzip ihrer Gegner, dieß nicht zuzugeben.
Im Juni 1540 trat jene vorbereitende Versammlung, die der Kaiser nach Speier ausgeschrieben, in Folge einer ansteckenden Krankheit nicht dort sondern in Hagenau zu- sammen. Die Majorität forderte auch hier wie immer Her- ausgabe der geistlichen Güter, Anerkennung des Kammer-
Fuͤnftes Capitel. Religionsgeſpräche.
In ſpäteren Zeiten hat es nicht geringe Verwunderung erregt, daß die damaligen deutſchen Fürſten ſo häufige und lange Verſammlungen hielten, zuweilen durch ihre geiſtlichen und weltlichen Räthe, zuweilen in Perſon, um über die ſchwie- rigſten und dunkelſten Fragen der Theologie zu verhandeln, an denen ſie dann einen Antheil nahmen, welcher ſonſt nur den unmittelbarſten Intereſſen gewidmet wird.
Sollte es nicht in der That ſcheinen, als hätten ſie beſ- ſer gethan, wenn ſie nur die Rechtsfragen, die in den letzten Jahren mehr als einmal den Ausbruch eines Krieges fürch- ten laſſen, vorgenommen und zu entſcheiden geſucht hätten?
Die Proteſtanten hätten ſich nichts Beſſeres gewünſcht; aber darin vornehmlich beſtand das Prinzip ihrer Gegner, dieß nicht zuzugeben.
Im Juni 1540 trat jene vorbereitende Verſammlung, die der Kaiſer nach Speier ausgeſchrieben, in Folge einer anſteckenden Krankheit nicht dort ſondern in Hagenau zu- ſammen. Die Majorität forderte auch hier wie immer Her- ausgabe der geiſtlichen Güter, Anerkennung des Kammer-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0203"n="[191]"/><divn="2"><headxml:id="nav-203"><hirendition="#g">Fuͤnftes Capitel</hi>.<lb/>
Religionsgeſpräche.</head><lb/><p>In ſpäteren Zeiten hat es nicht geringe Verwunderung<lb/>
erregt, daß die damaligen deutſchen Fürſten ſo häufige und<lb/>
lange Verſammlungen hielten, zuweilen durch ihre geiſtlichen<lb/>
und weltlichen Räthe, zuweilen in Perſon, um über die ſchwie-<lb/>
rigſten und dunkelſten Fragen der Theologie zu verhandeln,<lb/>
an denen ſie dann einen Antheil nahmen, welcher ſonſt nur<lb/>
den unmittelbarſten Intereſſen gewidmet wird.</p><lb/><p>Sollte es nicht in der That ſcheinen, als hätten ſie beſ-<lb/>ſer gethan, wenn ſie nur die Rechtsfragen, die in den letzten<lb/>
Jahren mehr als einmal den Ausbruch eines Krieges fürch-<lb/>
ten laſſen, vorgenommen und zu entſcheiden geſucht hätten?</p><lb/><p>Die Proteſtanten hätten ſich nichts Beſſeres gewünſcht;<lb/>
aber darin vornehmlich beſtand das Prinzip ihrer Gegner, dieß<lb/>
nicht zuzugeben.</p><lb/><p>Im Juni 1540 trat jene vorbereitende Verſammlung,<lb/>
die der Kaiſer nach <placeName>Speier</placeName> ausgeſchrieben, in Folge einer<lb/>
anſteckenden Krankheit nicht dort ſondern in <placeName>Hagenau</placeName> zu-<lb/>ſammen. Die Majorität forderte auch hier wie immer Her-<lb/>
ausgabe der geiſtlichen Güter, Anerkennung des Kammer-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[191]/0203]
Fuͤnftes Capitel.
Religionsgeſpräche.
In ſpäteren Zeiten hat es nicht geringe Verwunderung
erregt, daß die damaligen deutſchen Fürſten ſo häufige und
lange Verſammlungen hielten, zuweilen durch ihre geiſtlichen
und weltlichen Räthe, zuweilen in Perſon, um über die ſchwie-
rigſten und dunkelſten Fragen der Theologie zu verhandeln,
an denen ſie dann einen Antheil nahmen, welcher ſonſt nur
den unmittelbarſten Intereſſen gewidmet wird.
Sollte es nicht in der That ſcheinen, als hätten ſie beſ-
ſer gethan, wenn ſie nur die Rechtsfragen, die in den letzten
Jahren mehr als einmal den Ausbruch eines Krieges fürch-
ten laſſen, vorgenommen und zu entſcheiden geſucht hätten?
Die Proteſtanten hätten ſich nichts Beſſeres gewünſcht;
aber darin vornehmlich beſtand das Prinzip ihrer Gegner, dieß
nicht zuzugeben.
Im Juni 1540 trat jene vorbereitende Verſammlung,
die der Kaiſer nach Speier ausgeſchrieben, in Folge einer
anſteckenden Krankheit nicht dort ſondern in Hagenau zu-
ſammen. Die Majorität forderte auch hier wie immer Her-
ausgabe der geiſtlichen Güter, Anerkennung des Kammer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. [191]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/203>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.