zugehn. Der spanische Gesandte fragte im November 1539 den Connetable Montmorency, auf welche Weise der König zur Reduction der Protestanten mitwirken wolle. Der Con- netable erwiederte: auf jede Weise die dem Kaiser gefalle; er möge sie nur selber angeben. 1
Zunächst erwarben sich die Franzosen das Verdienst um den Kaiser, ihn seinen Weg nach den Niederlanden mitten durch Frankreich nehmen zu lassen. Im Januar 1540, nach der heitersten Reise von der Welt, wo jedoch, wie man aus- drücklich übereingekommen, nicht von Geschäften die Rede ge- wesen war, langte der Kaiser in den diesseitigen Landschaften an. Es ward ihm nicht schwer, die Stadt Gent, wo der bei bürgerlichen Unruhen fast unvermeidliche Gegensatz zwi- schen Gemäßigten und Anhängern der Pöbelherrschaft, welche letztere man hier Kreeser, Schreier, nannte, eingetreten war, zu unterwerfen. 2 Er veränderte die Stadtverfassung dahin, daß der Staatsgewalt ein sehr durchgreifender Einfluß gesichert ward und traf Anstalt eine Festung in Gent zu errichten. Mochte dann das Volk darüber murren und lärmen, er that was ihm nothwendig däuchte.
Man war in Rom ein wenig erstaunt zu vernehmen, daß die Franzosen die Verträge während der Reise des Kai- sers nicht definitiv zu Stande gebracht. Indessen zweifelte man nicht, daß sie noch abgeschlossen werden würden. Der Papst schickte seinen Enkel, Cardinal Alexander Farnese, nach den Niederlanden, um die Vollziehung derselben zu beschleu- nigen. Schon wiegte sich dieser im Gefühle des hohen An-
zugehn. Der ſpaniſche Geſandte fragte im November 1539 den Connetable Montmorency, auf welche Weiſe der König zur Reduction der Proteſtanten mitwirken wolle. Der Con- netable erwiederte: auf jede Weiſe die dem Kaiſer gefalle; er möge ſie nur ſelber angeben. 1
Zunächſt erwarben ſich die Franzoſen das Verdienſt um den Kaiſer, ihn ſeinen Weg nach den Niederlanden mitten durch Frankreich nehmen zu laſſen. Im Januar 1540, nach der heiterſten Reiſe von der Welt, wo jedoch, wie man aus- drücklich übereingekommen, nicht von Geſchäften die Rede ge- weſen war, langte der Kaiſer in den dieſſeitigen Landſchaften an. Es ward ihm nicht ſchwer, die Stadt Gent, wo der bei bürgerlichen Unruhen faſt unvermeidliche Gegenſatz zwi- ſchen Gemäßigten und Anhängern der Pöbelherrſchaft, welche letztere man hier Kreeſer, Schreier, nannte, eingetreten war, zu unterwerfen. 2 Er veränderte die Stadtverfaſſung dahin, daß der Staatsgewalt ein ſehr durchgreifender Einfluß geſichert ward und traf Anſtalt eine Feſtung in Gent zu errichten. Mochte dann das Volk darüber murren und lärmen, er that was ihm nothwendig däuchte.
Man war in Rom ein wenig erſtaunt zu vernehmen, daß die Franzoſen die Verträge während der Reiſe des Kai- ſers nicht definitiv zu Stande gebracht. Indeſſen zweifelte man nicht, daß ſie noch abgeſchloſſen werden würden. Der Papſt ſchickte ſeinen Enkel, Cardinal Alexander Farneſe, nach den Niederlanden, um die Vollziehung derſelben zu beſchleu- nigen. Schon wiegte ſich dieſer im Gefühle des hohen An-
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Siebentes Buch. Viertes Capitel.
zugehn. Der ſpaniſche Geſandte fragte im November 1539
den Connetable Montmorency, auf welche Weiſe der König
zur Reduction der Proteſtanten mitwirken wolle. Der Con-
netable erwiederte: auf jede Weiſe die dem Kaiſer gefalle;
er möge ſie nur ſelber angeben. 1
Zunächſt erwarben ſich die Franzoſen das Verdienſt um
den Kaiſer, ihn ſeinen Weg nach den Niederlanden mitten
durch Frankreich nehmen zu laſſen. Im Januar 1540, nach
der heiterſten Reiſe von der Welt, wo jedoch, wie man aus-
drücklich übereingekommen, nicht von Geſchäften die Rede ge-
weſen war, langte der Kaiſer in den dieſſeitigen Landſchaften
an. Es ward ihm nicht ſchwer, die Stadt Gent, wo der
bei bürgerlichen Unruhen faſt unvermeidliche Gegenſatz zwi-
ſchen Gemäßigten und Anhängern der Pöbelherrſchaft, welche
letztere man hier Kreeſer, Schreier, nannte, eingetreten war, zu
unterwerfen. 2 Er veränderte die Stadtverfaſſung dahin, daß
der Staatsgewalt ein ſehr durchgreifender Einfluß geſichert
ward und traf Anſtalt eine Feſtung in Gent zu errichten.
Mochte dann das Volk darüber murren und lärmen, er that
was ihm nothwendig däuchte.
Man war in Rom ein wenig erſtaunt zu vernehmen,
daß die Franzoſen die Verträge während der Reiſe des Kai-
ſers nicht definitiv zu Stande gebracht. Indeſſen zweifelte
man nicht, daß ſie noch abgeſchloſſen werden würden. Der
Papſt ſchickte ſeinen Enkel, Cardinal Alexander Farneſe, nach
den Niederlanden, um die Vollziehung derſelben zu beſchleu-
nigen. Schon wiegte ſich dieſer im Gefühle des hohen An-
1 Senlis 22 Nov. 1539. Archiv v. Simancas.
2 Arendt Der Genter Aufſtand a. a. O. p. 514.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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