Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Anstand zu Frankfurt. nen, der Krone Frankreich und des Hauses Östreich, derProtestanten und der römischen Kirche, noch immer auch des Papstthums und des Kaiserthums, der geistlichen und der welt- lichen Gewalt, -- minder bedeutender zu geschweigen, -- und jede Macht hat so viel Antheil an ihrem Streit, daß es der Politik und dem Willen der Einzelnen fast unmöglich wird, sich in einem consequenten, nach allen Seiten wohl erwoge- nen Gange zu bewegen. Den verschiedenen Tendenzen wird zuweilen freier Lauf gelassen, oder sie sind stark genug, sich selber Bahn zu brechen, die Werkzeuge der höchsten Gewalt unter ihren Einfluß zu bringen. Eben hiedurch geschah es, daß die Politik des Kaisers Zuerst empfanden dieß die beiden diesseitigen Regierun- König Ferdinand durfte nicht nur auf keine Hülfe deut- In den Niederlanden sah man ein, welche Gefahr ein Anſtand zu Frankfurt. nen, der Krone Frankreich und des Hauſes Öſtreich, derProteſtanten und der römiſchen Kirche, noch immer auch des Papſtthums und des Kaiſerthums, der geiſtlichen und der welt- lichen Gewalt, — minder bedeutender zu geſchweigen, — und jede Macht hat ſo viel Antheil an ihrem Streit, daß es der Politik und dem Willen der Einzelnen faſt unmöglich wird, ſich in einem conſequenten, nach allen Seiten wohl erwoge- nen Gange zu bewegen. Den verſchiedenen Tendenzen wird zuweilen freier Lauf gelaſſen, oder ſie ſind ſtark genug, ſich ſelber Bahn zu brechen, die Werkzeuge der höchſten Gewalt unter ihren Einfluß zu bringen. Eben hiedurch geſchah es, daß die Politik des Kaiſers Zuerſt empfanden dieß die beiden dieſſeitigen Regierun- König Ferdinand durfte nicht nur auf keine Hülfe deut- In den Niederlanden ſah man ein, welche Gefahr ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0135" n="123"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Anſtand zu <placeName>Frankfurt</placeName></hi>.</fw><lb/> nen, der Krone <placeName>Frankreich</placeName> und des Hauſes Öſtreich, der<lb/> Proteſtanten und der römiſchen Kirche, noch immer auch des<lb/> Papſtthums und des Kaiſerthums, der geiſtlichen und der welt-<lb/> lichen Gewalt, — minder bedeutender zu geſchweigen, — und<lb/> jede Macht hat ſo viel Antheil an ihrem Streit, daß es der<lb/> Politik und dem Willen der Einzelnen faſt unmöglich wird,<lb/> ſich in einem conſequenten, nach allen Seiten wohl erwoge-<lb/> nen Gange zu bewegen. Den verſchiedenen Tendenzen wird<lb/> zuweilen freier Lauf gelaſſen, oder ſie ſind ſtark genug, ſich<lb/> ſelber Bahn zu brechen, die Werkzeuge der höchſten Gewalt<lb/> unter ihren Einfluß zu bringen.</p><lb/> <p>Eben hiedurch geſchah es, daß die Politik des Kaiſers<lb/> und des Hauſes Öſtreich in einen inneren Conflict gerieth,<lb/> der die größten Gefahren in ſich ſchloß, und aus dem man<lb/> ſchlechterdings herauszukommen ſuchen mußte.</p><lb/> <p>Zuerſt empfanden dieß die beiden dieſſeitigen Regierun-<lb/> gen, in <placeName>Öſtreich</placeName> und den <placeName>Niederlanden</placeName>.</p><lb/> <p>König <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> durfte nicht nur auf keine Hülfe deut-<lb/> ſcher Fürſten rechnen, wenn zwiſchen ihnen der Krieg aus-<lb/> brach, ſondern er hätte in denſelben thätig eingreifen müſ-<lb/> ſen. In dieſem Falle würde auch König <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534947">Franz</persName> ſich ſchwer-<lb/> lich ruhig verhalten haben. Wenigſtens der Landgraf ſprach<lb/> noch immer von Erbietungen die man ihm von <placeName>Frankreich</placeName><lb/> aus mache; er meinte, bei der Unſicherheit der Verhältniſſe<lb/> welche die Äußerungen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119703637">Helds</persName> kund gegeben, und der Ge-<lb/> fahr vom Kaiſer angegriffen zu werden, könne man ihm<lb/> nicht verdeuken, wenn er die franzöſiſchen Anträge nicht ganz<lb/> von der Hand weiſe.</p><lb/> <p>In den <placeName>Niederlanden</placeName> ſah man ein, welche Gefahr ein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0135]
Anſtand zu Frankfurt.
nen, der Krone Frankreich und des Hauſes Öſtreich, der
Proteſtanten und der römiſchen Kirche, noch immer auch des
Papſtthums und des Kaiſerthums, der geiſtlichen und der welt-
lichen Gewalt, — minder bedeutender zu geſchweigen, — und
jede Macht hat ſo viel Antheil an ihrem Streit, daß es der
Politik und dem Willen der Einzelnen faſt unmöglich wird,
ſich in einem conſequenten, nach allen Seiten wohl erwoge-
nen Gange zu bewegen. Den verſchiedenen Tendenzen wird
zuweilen freier Lauf gelaſſen, oder ſie ſind ſtark genug, ſich
ſelber Bahn zu brechen, die Werkzeuge der höchſten Gewalt
unter ihren Einfluß zu bringen.
Eben hiedurch geſchah es, daß die Politik des Kaiſers
und des Hauſes Öſtreich in einen inneren Conflict gerieth,
der die größten Gefahren in ſich ſchloß, und aus dem man
ſchlechterdings herauszukommen ſuchen mußte.
Zuerſt empfanden dieß die beiden dieſſeitigen Regierun-
gen, in Öſtreich und den Niederlanden.
König Ferdinand durfte nicht nur auf keine Hülfe deut-
ſcher Fürſten rechnen, wenn zwiſchen ihnen der Krieg aus-
brach, ſondern er hätte in denſelben thätig eingreifen müſ-
ſen. In dieſem Falle würde auch König Franz ſich ſchwer-
lich ruhig verhalten haben. Wenigſtens der Landgraf ſprach
noch immer von Erbietungen die man ihm von Frankreich
aus mache; er meinte, bei der Unſicherheit der Verhältniſſe
welche die Äußerungen Helds kund gegeben, und der Ge-
fahr vom Kaiſer angegriffen zu werden, könne man ihm
nicht verdeuken, wenn er die franzöſiſchen Anträge nicht ganz
von der Hand weiſe.
In den Niederlanden ſah man ein, welche Gefahr ein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |