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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Drittes Capitel.
Wasser bei der Taufe. 1 Indem er die Messe angriff,
hatte er schon die Absicht gefaßt, darnach auch die Eucha-
ristie, wie er sagt, sich selber zurückzugeben. 2 Da nun jetzt
Carlstadt mit einer sehr nahe verwandten Meinung hervor-
trat, die er jedoch nicht zu erhärten vermochte, so glaubte
Zwingli nicht länger schweigen zu können. Zuerst in einem
gedruckten Schreiben an einen Pfarrer in Reutlingen (No-
vember 1524), dann ausführlich in seiner Schrift von der
wahren und falschen Religion trug er seine Erklärungsweise
vor. So wenig er die Auslegung Carlstadts billigte, so be-
diente er sich doch einiger Argumente, die derselbe gebraucht,
z. B. Christi Körper sey im Himmel und könne unmöglich
auf Erden den Gläubigen so schlechthin, realiter, ausge-
theilt werden. Hauptsächlich stützte er sich auf das sechste
Capitel im Evangelium St. Johannis, das ihm erst hie-
durch volles Licht zu erlangen schien.

Welch ein Moment war der im Spätjahr 1524, in
dem sich auf der einen Seite die Entzweiung zwischen einem
katholischen und einem evangelischen Theile festsetzte, und
nun diese Meinung hervortrat, welche die Evangelischen wie-
der so gewaltsam trennen sollte.

Luther trug kein Bedenken, auch Zwingli für einen
jener Schwärmer zu erklären, mit denen er so oft zu käm-

1 An Hans Wyttenbach 15. Juni 1523. Panem et vinum
vere esse puto ac edi etiam, sed frustra, nisi edens firmiter cre-
dat, hunc solum esse animae cibum. Omnia sunt planiora si

ta suka suka i. e. ficus ficus appellaverimus, panem dixerimus
panem, vinum vinum (Epp. I, 258).
2 Deliberavimus usui esse futurum si missa everteretur,
qua eversa speravimus etiam eucharistiam sibi restitui posse. De
vera et falsa religione p.
269.

Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel.
Waſſer bei der Taufe. 1 Indem er die Meſſe angriff,
hatte er ſchon die Abſicht gefaßt, darnach auch die Eucha-
riſtie, wie er ſagt, ſich ſelber zurückzugeben. 2 Da nun jetzt
Carlſtadt mit einer ſehr nahe verwandten Meinung hervor-
trat, die er jedoch nicht zu erhärten vermochte, ſo glaubte
Zwingli nicht länger ſchweigen zu können. Zuerſt in einem
gedruckten Schreiben an einen Pfarrer in Reutlingen (No-
vember 1524), dann ausführlich in ſeiner Schrift von der
wahren und falſchen Religion trug er ſeine Erklärungsweiſe
vor. So wenig er die Auslegung Carlſtadts billigte, ſo be-
diente er ſich doch einiger Argumente, die derſelbe gebraucht,
z. B. Chriſti Körper ſey im Himmel und könne unmöglich
auf Erden den Gläubigen ſo ſchlechthin, realiter, ausge-
theilt werden. Hauptſächlich ſtützte er ſich auf das ſechste
Capitel im Evangelium St. Johannis, das ihm erſt hie-
durch volles Licht zu erlangen ſchien.

Welch ein Moment war der im Spätjahr 1524, in
dem ſich auf der einen Seite die Entzweiung zwiſchen einem
katholiſchen und einem evangeliſchen Theile feſtſetzte, und
nun dieſe Meinung hervortrat, welche die Evangeliſchen wie-
der ſo gewaltſam trennen ſollte.

Luther trug kein Bedenken, auch Zwingli für einen
jener Schwärmer zu erklären, mit denen er ſo oft zu käm-

1 An Hans Wyttenbach 15. Juni 1523. Panem et vinum
vere esse puto ac edi etiam, sed frustra, nisi edens firmiter cre-
dat, hunc solum esse animae cibum. Omnia sunt planiora si

τὰ σῦκα σῦκα i. e. ficus ficus appellaverimus, panem dixerimus
panem, vinum vinum (Epp. I, 258).
2 Deliberavimus usui esse futurum si missa everteretur,
qua eversa speravimus etiam eucharistiam sibi restitui posse. De
vera et falsa religione p.
269.
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[82/0098] Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel. Waſſer bei der Taufe. 1 Indem er die Meſſe angriff, hatte er ſchon die Abſicht gefaßt, darnach auch die Eucha- riſtie, wie er ſagt, ſich ſelber zurückzugeben. 2 Da nun jetzt Carlſtadt mit einer ſehr nahe verwandten Meinung hervor- trat, die er jedoch nicht zu erhärten vermochte, ſo glaubte Zwingli nicht länger ſchweigen zu können. Zuerſt in einem gedruckten Schreiben an einen Pfarrer in Reutlingen (No- vember 1524), dann ausführlich in ſeiner Schrift von der wahren und falſchen Religion trug er ſeine Erklärungsweiſe vor. So wenig er die Auslegung Carlſtadts billigte, ſo be- diente er ſich doch einiger Argumente, die derſelbe gebraucht, z. B. Chriſti Körper ſey im Himmel und könne unmöglich auf Erden den Gläubigen ſo ſchlechthin, realiter, ausge- theilt werden. Hauptſächlich ſtützte er ſich auf das ſechste Capitel im Evangelium St. Johannis, das ihm erſt hie- durch volles Licht zu erlangen ſchien. Welch ein Moment war der im Spätjahr 1524, in dem ſich auf der einen Seite die Entzweiung zwiſchen einem katholiſchen und einem evangeliſchen Theile feſtſetzte, und nun dieſe Meinung hervortrat, welche die Evangeliſchen wie- der ſo gewaltſam trennen ſollte. Luther trug kein Bedenken, auch Zwingli für einen jener Schwärmer zu erklären, mit denen er ſo oft zu käm- 1 An Hans Wyttenbach 15. Juni 1523. Panem et vinum vere esse puto ac edi etiam, sed frustra, nisi edens firmiter cre- dat, hunc solum esse animae cibum. Omnia sunt planiora si τὰ σῦκα σῦκα i. e. ficus ficus appellaverimus, panem dixerimus panem, vinum vinum (Epp. I, 258). 2 Deliberavimus usui esse futurum si missa everteretur, qua eversa speravimus etiam eucharistiam sibi restitui posse. De vera et falsa religione p. 269.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/98>, abgerufen am 22.11.2024.