zuerst angegriffen; er aber, nun erst aufgeregt und wie von seinen Unterthanen, auch den Nordstrandern, so von seinen Nachbarn, z. B. dem Landgrafen von Hessen ernst- lich unterstützt, erhob sich endlich mit Macht ins Feld, um den Lübeckern ihre Feindseligkeiten zu vergelten. 1 Im September 1534 erschien er vor der Stadt, und schritt, um sie vom Meere abzuschneiden, ohne langes Zögern zu dem entscheidenden Versuche, die Trave zu sperren. Marx Meier vermaß sich, daß ihm das nun und nimmermehr gelingen solle. Allein die Anordnungen Meiers bewiesen nur seine Untüchtigkeit in einem ernstlichen Kampfe. Die Holsteiner nahmen zuerst die Ufer der Trave bei Trems- mühle in Besitz; dann setzten sie sich auch an dem gegen- überliegenden auf dem Burgfelde fest, und nun verbanden sie beide durch eine Brücke, welche den Fluß wirklich schloß. Die Lübecker vermochten mit keiner Anstrengung weder auf dem Fluß noch zu Lande die Brücke wieder zu erobern; vor den Augen ihrer Weiber und Kinder wur- den sie zu wiederholten Malen geschlagen, auch noch einige andere wichtige Punkte mußten sie aufgeben. Die Stadt, die den Norden an sich zu bringen beschäftigt war, sah sich unmittelbar vor ihren Thoren von der See abgeschnitten.
Vor allen Dingen nun mußte sich Lübeck von dieser nächsten Feindseligkeit befreien. Schon zeigten sich Miß- verständnisse in der Stadt; die Bürgerschaft war unzufrie- den, die Hundertvierundsechszig dankten ab, selbst in dem Rath fanden die Gewalthaber neuerdings Widerstand. Sie mußten zu Unterhandlungen mit Holstein schreiten, wobei
1Chytraeus Hist. Sax. p. 408.
Chriſtian von Holſtein vor Luͤbeck.
zuerſt angegriffen; er aber, nun erſt aufgeregt und wie von ſeinen Unterthanen, auch den Nordſtrandern, ſo von ſeinen Nachbarn, z. B. dem Landgrafen von Heſſen ernſt- lich unterſtützt, erhob ſich endlich mit Macht ins Feld, um den Lübeckern ihre Feindſeligkeiten zu vergelten. 1 Im September 1534 erſchien er vor der Stadt, und ſchritt, um ſie vom Meere abzuſchneiden, ohne langes Zögern zu dem entſcheidenden Verſuche, die Trave zu ſperren. Marx Meier vermaß ſich, daß ihm das nun und nimmermehr gelingen ſolle. Allein die Anordnungen Meiers bewieſen nur ſeine Untüchtigkeit in einem ernſtlichen Kampfe. Die Holſteiner nahmen zuerſt die Ufer der Trave bei Trems- mühle in Beſitz; dann ſetzten ſie ſich auch an dem gegen- überliegenden auf dem Burgfelde feſt, und nun verbanden ſie beide durch eine Brücke, welche den Fluß wirklich ſchloß. Die Lübecker vermochten mit keiner Anſtrengung weder auf dem Fluß noch zu Lande die Brücke wieder zu erobern; vor den Augen ihrer Weiber und Kinder wur- den ſie zu wiederholten Malen geſchlagen, auch noch einige andere wichtige Punkte mußten ſie aufgeben. Die Stadt, die den Norden an ſich zu bringen beſchäftigt war, ſah ſich unmittelbar vor ihren Thoren von der See abgeſchnitten.
Vor allen Dingen nun mußte ſich Lübeck von dieſer nächſten Feindſeligkeit befreien. Schon zeigten ſich Miß- verſtändniſſe in der Stadt; die Bürgerſchaft war unzufrie- den, die Hundertvierundſechszig dankten ab, ſelbſt in dem Rath fanden die Gewalthaber neuerdings Widerſtand. Sie mußten zu Unterhandlungen mit Holſtein ſchreiten, wobei
1Chytraeus Hist. Sax. p. 408.
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Chriſtian von Holſtein vor Luͤbeck.
zuerſt angegriffen; er aber, nun erſt aufgeregt und wie
von ſeinen Unterthanen, auch den Nordſtrandern, ſo von
ſeinen Nachbarn, z. B. dem Landgrafen von Heſſen ernſt-
lich unterſtützt, erhob ſich endlich mit Macht ins Feld,
um den Lübeckern ihre Feindſeligkeiten zu vergelten. 1 Im
September 1534 erſchien er vor der Stadt, und ſchritt,
um ſie vom Meere abzuſchneiden, ohne langes Zögern zu
dem entſcheidenden Verſuche, die Trave zu ſperren. Marx
Meier vermaß ſich, daß ihm das nun und nimmermehr
gelingen ſolle. Allein die Anordnungen Meiers bewieſen
nur ſeine Untüchtigkeit in einem ernſtlichen Kampfe. Die
Holſteiner nahmen zuerſt die Ufer der Trave bei Trems-
mühle in Beſitz; dann ſetzten ſie ſich auch an dem gegen-
überliegenden auf dem Burgfelde feſt, und nun verbanden
ſie beide durch eine Brücke, welche den Fluß wirklich
ſchloß. Die Lübecker vermochten mit keiner Anſtrengung
weder auf dem Fluß noch zu Lande die Brücke wieder zu
erobern; vor den Augen ihrer Weiber und Kinder wur-
den ſie zu wiederholten Malen geſchlagen, auch noch einige
andere wichtige Punkte mußten ſie aufgeben. Die Stadt,
die den Norden an ſich zu bringen beſchäftigt war, ſah ſich
unmittelbar vor ihren Thoren von der See abgeſchnitten.
Vor allen Dingen nun mußte ſich Lübeck von dieſer
nächſten Feindſeligkeit befreien. Schon zeigten ſich Miß-
verſtändniſſe in der Stadt; die Bürgerſchaft war unzufrie-
den, die Hundertvierundſechszig dankten ab, ſelbſt in dem
Rath fanden die Gewalthaber neuerdings Widerſtand. Sie
mußten zu Unterhandlungen mit Holſtein ſchreiten, wobei
1 Chytraeus Hist. Sax. p. 408.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/603>, abgerufen am 16.02.2025.
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