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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Secten der Wiedertäufer.
beweisen zu können, daß die Wiedertäufer als Kinder Got-
tes, wie einst die Israeliten, bestimmt seyen, die Gottlosen
auszurotten: Gott selbst werde sie dazu auffordern. 1

Im Wirtembergischen bekannte im Jahre 1528 ein
Gefangener, der Zuberhans aus dem Schorndorfer Amt,
daß er mit andern Gläubigen beschlossen, künftige Ostern
zur That zu schreiten; 700 Mann stark wollten sie sich
dann in Reutlingen vereinigen, zunächst in Wirtemberg die
Obrigkeit abschaffen, die Pfaffen tödten, eine allgemeine
Aenderung bewirken. 2

Melchior Hoffmann drohte nicht selbst das Schwert
in die Hand zu nehmen: aber er war überzeugt, daß es
ergriffen werden müsse. Er hatte eine Zeitlang mit Kö-
nig Friedrich I von Dänemark in persönlichen Verhältnis-
sen gestanden. Er meinte jetzt, der werde der eine der bei-
den Fürsten seyn, durch welche, wenn die Zeit gekommen,
denn noch sey sie nicht da, alle Erstgeburt Aegyptens
erschlagen werden müsse, bis daß das wahre Evangelium
die Erde einnehme und die Hochzeit des Lammes erscheine.
Doch waren nicht alle seiner Schüler so zurückhaltend wie
er. Einige meinten, die Zeit sey in der That schon ein-
getreten, und sich selber hielten sie für bestimmt, das Schwert
zu ergreifen.

So erheben sich diese Meinungen von einem mehr son-
derbaren, als gefährlichen Particularismus der Stillen im
Lande gar bald bis zur entschiedenen Feindseligkeit enthu-
siastischer Weltverbesserer.

Alle deutsche Landschaften waren aber von diesen flüch-

1 Sebast. Frank. p. 169.
2 Sattler Herzöge II, p. 174.
Ranke d. Gesch. III. 33

Secten der Wiedertaͤufer.
beweiſen zu können, daß die Wiedertäufer als Kinder Got-
tes, wie einſt die Iſraeliten, beſtimmt ſeyen, die Gottloſen
auszurotten: Gott ſelbſt werde ſie dazu auffordern. 1

Im Wirtembergiſchen bekannte im Jahre 1528 ein
Gefangener, der Zuberhans aus dem Schorndorfer Amt,
daß er mit andern Gläubigen beſchloſſen, künftige Oſtern
zur That zu ſchreiten; 700 Mann ſtark wollten ſie ſich
dann in Reutlingen vereinigen, zunächſt in Wirtemberg die
Obrigkeit abſchaffen, die Pfaffen tödten, eine allgemeine
Aenderung bewirken. 2

Melchior Hoffmann drohte nicht ſelbſt das Schwert
in die Hand zu nehmen: aber er war überzeugt, daß es
ergriffen werden müſſe. Er hatte eine Zeitlang mit Kö-
nig Friedrich I von Dänemark in perſönlichen Verhältniſ-
ſen geſtanden. Er meinte jetzt, der werde der eine der bei-
den Fürſten ſeyn, durch welche, wenn die Zeit gekommen,
denn noch ſey ſie nicht da, alle Erſtgeburt Aegyptens
erſchlagen werden müſſe, bis daß das wahre Evangelium
die Erde einnehme und die Hochzeit des Lammes erſcheine.
Doch waren nicht alle ſeiner Schüler ſo zurückhaltend wie
er. Einige meinten, die Zeit ſey in der That ſchon ein-
getreten, und ſich ſelber hielten ſie für beſtimmt, das Schwert
zu ergreifen.

So erheben ſich dieſe Meinungen von einem mehr ſon-
derbaren, als gefährlichen Particularismus der Stillen im
Lande gar bald bis zur entſchiedenen Feindſeligkeit enthu-
ſiaſtiſcher Weltverbeſſerer.

Alle deutſche Landſchaften waren aber von dieſen flüch-

1 Sebaſt. Frank. p. 169.
2 Sattler Herzoͤge II, p. 174.
Ranke d. Geſch. III. 33
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[513/0529] Secten der Wiedertaͤufer. beweiſen zu können, daß die Wiedertäufer als Kinder Got- tes, wie einſt die Iſraeliten, beſtimmt ſeyen, die Gottloſen auszurotten: Gott ſelbſt werde ſie dazu auffordern. 1 Im Wirtembergiſchen bekannte im Jahre 1528 ein Gefangener, der Zuberhans aus dem Schorndorfer Amt, daß er mit andern Gläubigen beſchloſſen, künftige Oſtern zur That zu ſchreiten; 700 Mann ſtark wollten ſie ſich dann in Reutlingen vereinigen, zunächſt in Wirtemberg die Obrigkeit abſchaffen, die Pfaffen tödten, eine allgemeine Aenderung bewirken. 2 Melchior Hoffmann drohte nicht ſelbſt das Schwert in die Hand zu nehmen: aber er war überzeugt, daß es ergriffen werden müſſe. Er hatte eine Zeitlang mit Kö- nig Friedrich I von Dänemark in perſönlichen Verhältniſ- ſen geſtanden. Er meinte jetzt, der werde der eine der bei- den Fürſten ſeyn, durch welche, wenn die Zeit gekommen, denn noch ſey ſie nicht da, alle Erſtgeburt Aegyptens erſchlagen werden müſſe, bis daß das wahre Evangelium die Erde einnehme und die Hochzeit des Lammes erſcheine. Doch waren nicht alle ſeiner Schüler ſo zurückhaltend wie er. Einige meinten, die Zeit ſey in der That ſchon ein- getreten, und ſich ſelber hielten ſie für beſtimmt, das Schwert zu ergreifen. So erheben ſich dieſe Meinungen von einem mehr ſon- derbaren, als gefährlichen Particularismus der Stillen im Lande gar bald bis zur entſchiedenen Feindſeligkeit enthu- ſiaſtiſcher Weltverbeſſerer. Alle deutſche Landſchaften waren aber von dieſen flüch- 1 Sebaſt. Frank. p. 169. 2 Sattler Herzoͤge II, p. 174. Ranke d. Geſch. III. 33

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/529>, abgerufen am 22.11.2024.