hätte seinem Bruder Ungarn wieder verschaffen können. Aber auch schon mit dem geringern Erfolg war er zufrie- den. Gottes Gnade hat uns, schrieb er dem Papst, die Ehre und das Glück verliehen, daß wir den gemeinschaft- lichen Feind der Christenheit zur Flucht genöthigt, und das Unglück verhütet haben, was er uns zuzufügen im Sinne hatte. 1 Auch fühlte er wohl, daß man nicht blos einen Vortheil für den Augenblick davon getragen. Es war ein Gewinn auf immer, daß die Furcht vor den Kriegsrüstungen der Deutschen, der Eindruck ihrer Ueberle- genheit, dem Sultan den Kampf verleidet, ihn zum Rück- zug bewog.
Und indessen hatte auch Doria dem Kaiser glänzende Vortheile erfochten. Er hatte das osmanische Geschwader aus dem ionischen Meere verjagt, bis nach Cerigo verfolgt, und dann rasch hinter einander Coron, Patras und die Dardanellen von Morea erobert. Gewaltige Kanonen mit arabischen Inschriften wurden nach Genua gebracht, und in der Capelle der Doria am Molo aufgestellt. 2
Bei weitem minder zufrieden war König Ferdinand. Seine Hoffnung war wirklich gewesen im Sturm des Sieges ganz Ungarn wieder einzunehmen, Belgrad nicht ausgeschlos- sen. Allein die Truppen glaubten schon genug gethan zu haben, daß sie den Feind von der deutschen Grenze entfernt hatten. Die Kriegshauptleute zogen ihre Instructionen hervor, in denen von einer Eroberung Ungarns nicht die Rede war. Der oberste Feldhauptmann, Pfalzgraf Fried-
1 Bei Sandoval II.
2Jovius lib. XXXI. Historia del Guazzo, p. 124.
Ranke d. Gesch. III. 28
Ruͤckzug Suleimans.
hätte ſeinem Bruder Ungarn wieder verſchaffen können. Aber auch ſchon mit dem geringern Erfolg war er zufrie- den. Gottes Gnade hat uns, ſchrieb er dem Papſt, die Ehre und das Glück verliehen, daß wir den gemeinſchaft- lichen Feind der Chriſtenheit zur Flucht genöthigt, und das Unglück verhütet haben, was er uns zuzufügen im Sinne hatte. 1 Auch fühlte er wohl, daß man nicht blos einen Vortheil für den Augenblick davon getragen. Es war ein Gewinn auf immer, daß die Furcht vor den Kriegsrüſtungen der Deutſchen, der Eindruck ihrer Ueberle- genheit, dem Sultan den Kampf verleidet, ihn zum Rück- zug bewog.
Und indeſſen hatte auch Doria dem Kaiſer glänzende Vortheile erfochten. Er hatte das osmaniſche Geſchwader aus dem ioniſchen Meere verjagt, bis nach Cerigo verfolgt, und dann raſch hinter einander Coron, Patras und die Dardanellen von Morea erobert. Gewaltige Kanonen mit arabiſchen Inſchriften wurden nach Genua gebracht, und in der Capelle der Doria am Molo aufgeſtellt. 2
Bei weitem minder zufrieden war König Ferdinand. Seine Hoffnung war wirklich geweſen im Sturm des Sieges ganz Ungarn wieder einzunehmen, Belgrad nicht ausgeſchloſ- ſen. Allein die Truppen glaubten ſchon genug gethan zu haben, daß ſie den Feind von der deutſchen Grenze entfernt hatten. Die Kriegshauptleute zogen ihre Inſtructionen hervor, in denen von einer Eroberung Ungarns nicht die Rede war. Der oberſte Feldhauptmann, Pfalzgraf Fried-
1 Bei Sandoval II.
2Jovius lib. XXXI. Historia del Guazzo, p. 124.
Ranke d. Geſch. III. 28
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Ruͤckzug Suleimans.
hätte ſeinem Bruder Ungarn wieder verſchaffen können.
Aber auch ſchon mit dem geringern Erfolg war er zufrie-
den. Gottes Gnade hat uns, ſchrieb er dem Papſt, die
Ehre und das Glück verliehen, daß wir den gemeinſchaft-
lichen Feind der Chriſtenheit zur Flucht genöthigt, und
das Unglück verhütet haben, was er uns zuzufügen im
Sinne hatte. 1 Auch fühlte er wohl, daß man nicht blos
einen Vortheil für den Augenblick davon getragen. Es
war ein Gewinn auf immer, daß die Furcht vor den
Kriegsrüſtungen der Deutſchen, der Eindruck ihrer Ueberle-
genheit, dem Sultan den Kampf verleidet, ihn zum Rück-
zug bewog.
Und indeſſen hatte auch Doria dem Kaiſer glänzende
Vortheile erfochten. Er hatte das osmaniſche Geſchwader
aus dem ioniſchen Meere verjagt, bis nach Cerigo verfolgt,
und dann raſch hinter einander Coron, Patras und die
Dardanellen von Morea erobert. Gewaltige Kanonen mit
arabiſchen Inſchriften wurden nach Genua gebracht, und
in der Capelle der Doria am Molo aufgeſtellt. 2
Bei weitem minder zufrieden war König Ferdinand.
Seine Hoffnung war wirklich geweſen im Sturm des Sieges
ganz Ungarn wieder einzunehmen, Belgrad nicht ausgeſchloſ-
ſen. Allein die Truppen glaubten ſchon genug gethan zu
haben, daß ſie den Feind von der deutſchen Grenze entfernt
hatten. Die Kriegshauptleute zogen ihre Inſtructionen
hervor, in denen von einer Eroberung Ungarns nicht die
Rede war. Der oberſte Feldhauptmann, Pfalzgraf Fried-
1 Bei Sandoval II.
2 Jovius lib. XXXI. Historia del Guazzo, p. 124.
Ranke d. Geſch. III. 28
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/449>, abgerufen am 24.11.2024.
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