Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Restaurat. des Katholicismus in der Schweiz.

Ihre Religion ward ihnen gelassen. So tief waren
sie nicht heruntergebracht, daß man ihnen selbst die hätte
antasten dürfen; sie hatte einige Verluste erlitten, ihr An-
griff war mißlungen, aber besiegt, überwältigt waren sie nicht.

Allein dahin waren sie doch gebracht, daß sie in eine
gewaltige Beschränkung ihres politisch-religiösen Einflusses
willigten. Die fünf Orte behielten sich vor, nicht allein die
Landschaften, welche ihnen näher zugehörten, Rapperschwyl,
Toggenburg, Gaster und Wesen, sondern auch die, wo die
Städte an der Gewalt Antheil gehabt, die freien Aemter
in Aargau, Bremgarten und Mellingen, für ihren Abfall
zu züchtigen. In den übrigen gemeinen Vogteien, sollte
es denen, welche den neuen Glauben angenommen, zwar
nicht geboten, aber doch gestattet seyn, zu dem "alten wah-
ren christlichen" Glauben zurückzutreten. Ausdrücke dieser
Art ließen sich die Städte in der ganzen Urkunde gefallen. 1

Und schon hatte, als Bern diesen Frieden annahm,
die Restauration des Katholicismus allenthalben begonnen.

Gleich nach der Cappeler Schlacht hatte sich die ka-
tholische Minorität in Glarus geregt, die schon beschlossene
Hülfleistung des Cantons rückgängig gemacht, auch die dem-
selben Zugehörigen abgemahnt, und ihrerseits so viel wie
möglich die Wendung befördert, welche die Dinge nahmen.
Gar bald mußten ihr wieder eine Anzahl von Kirchen ein-
geräumt werden, und auf die allgemeinen Geschäfte des Can-
tons übte sie seitdem bei weitem größern Einfluß aus, als die
evangelische Partei, die sich durch die großen Verluste ihrer

1 Die Urkunde des Landfriedens in Hottingers Anhang zu
Bd. II, neu mit dem Original collationirt.
24*
Reſtaurat. des Katholicismus in der Schweiz.

Ihre Religion ward ihnen gelaſſen. So tief waren
ſie nicht heruntergebracht, daß man ihnen ſelbſt die hätte
antaſten dürfen; ſie hatte einige Verluſte erlitten, ihr An-
griff war mißlungen, aber beſiegt, überwältigt waren ſie nicht.

Allein dahin waren ſie doch gebracht, daß ſie in eine
gewaltige Beſchränkung ihres politiſch-religiöſen Einfluſſes
willigten. Die fünf Orte behielten ſich vor, nicht allein die
Landſchaften, welche ihnen näher zugehörten, Rapperſchwyl,
Toggenburg, Gaſter und Weſen, ſondern auch die, wo die
Städte an der Gewalt Antheil gehabt, die freien Aemter
in Aargau, Bremgarten und Mellingen, für ihren Abfall
zu züchtigen. In den übrigen gemeinen Vogteien, ſollte
es denen, welche den neuen Glauben angenommen, zwar
nicht geboten, aber doch geſtattet ſeyn, zu dem „alten wah-
ren chriſtlichen“ Glauben zurückzutreten. Ausdrücke dieſer
Art ließen ſich die Städte in der ganzen Urkunde gefallen. 1

Und ſchon hatte, als Bern dieſen Frieden annahm,
die Reſtauration des Katholicismus allenthalben begonnen.

Gleich nach der Cappeler Schlacht hatte ſich die ka-
tholiſche Minorität in Glarus geregt, die ſchon beſchloſſene
Hülfleiſtung des Cantons rückgängig gemacht, auch die dem-
ſelben Zugehörigen abgemahnt, und ihrerſeits ſo viel wie
möglich die Wendung befördert, welche die Dinge nahmen.
Gar bald mußten ihr wieder eine Anzahl von Kirchen ein-
geräumt werden, und auf die allgemeinen Geſchäfte des Can-
tons übte ſie ſeitdem bei weitem größern Einfluß aus, als die
evangeliſche Partei, die ſich durch die großen Verluſte ihrer

1 Die Urkunde des Landfriedens in Hottingers Anhang zu
Bd. II, neu mit dem Original collationirt.
24*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0387" n="371"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Re&#x017F;taurat. des Katholicismus in der Schweiz</hi>.</fw><lb/>
          <p>Ihre Religion ward ihnen gela&#x017F;&#x017F;en. So tief waren<lb/>
&#x017F;ie nicht heruntergebracht, daß man ihnen &#x017F;elb&#x017F;t die hätte<lb/>
anta&#x017F;ten dürfen; &#x017F;ie hatte einige Verlu&#x017F;te erlitten, ihr An-<lb/>
griff war mißlungen, aber be&#x017F;iegt, überwältigt waren &#x017F;ie nicht.</p><lb/>
          <p>Allein dahin waren &#x017F;ie doch gebracht, daß &#x017F;ie in eine<lb/>
gewaltige Be&#x017F;chränkung ihres politi&#x017F;ch-religiö&#x017F;en Einflu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
willigten. Die fünf Orte behielten &#x017F;ich vor, nicht allein die<lb/>
Land&#x017F;chaften, welche ihnen näher zugehörten, Rapper&#x017F;chwyl,<lb/>
Toggenburg, Ga&#x017F;ter und We&#x017F;en, &#x017F;ondern auch die, wo die<lb/>
Städte an der Gewalt Antheil gehabt, die freien Aemter<lb/>
in Aargau, Bremgarten und Mellingen, für ihren Abfall<lb/>
zu züchtigen. In den übrigen gemeinen Vogteien, &#x017F;ollte<lb/>
es denen, welche den neuen Glauben angenommen, zwar<lb/>
nicht geboten, aber doch ge&#x017F;tattet &#x017F;eyn, zu dem &#x201E;alten wah-<lb/>
ren chri&#x017F;tlichen&#x201C; Glauben zurückzutreten. Ausdrücke die&#x017F;er<lb/>
Art ließen &#x017F;ich die Städte in der ganzen Urkunde gefallen. <note place="foot" n="1">Die Urkunde des Landfriedens in Hottingers Anhang zu<lb/>
Bd. <hi rendition="#aq">II,</hi> neu mit dem Original collationirt.</note></p><lb/>
          <p>Und &#x017F;chon hatte, als Bern die&#x017F;en Frieden annahm,<lb/>
die Re&#x017F;tauration des Katholicismus allenthalben begonnen.</p><lb/>
          <p>Gleich nach der Cappeler Schlacht hatte &#x017F;ich die ka-<lb/>
tholi&#x017F;che Minorität in Glarus geregt, die &#x017F;chon be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Hülflei&#x017F;tung des Cantons rückgängig gemacht, auch die dem-<lb/>
&#x017F;elben Zugehörigen abgemahnt, und ihrer&#x017F;eits &#x017F;o viel wie<lb/>
möglich die Wendung befördert, welche die Dinge nahmen.<lb/>
Gar bald mußten ihr wieder eine Anzahl von Kirchen ein-<lb/>
geräumt werden, und auf die allgemeinen Ge&#x017F;chäfte des Can-<lb/>
tons übte &#x017F;ie &#x017F;eitdem bei weitem größern Einfluß aus, als die<lb/>
evangeli&#x017F;che Partei, die &#x017F;ich durch die großen Verlu&#x017F;te ihrer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">24*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0387] Reſtaurat. des Katholicismus in der Schweiz. Ihre Religion ward ihnen gelaſſen. So tief waren ſie nicht heruntergebracht, daß man ihnen ſelbſt die hätte antaſten dürfen; ſie hatte einige Verluſte erlitten, ihr An- griff war mißlungen, aber beſiegt, überwältigt waren ſie nicht. Allein dahin waren ſie doch gebracht, daß ſie in eine gewaltige Beſchränkung ihres politiſch-religiöſen Einfluſſes willigten. Die fünf Orte behielten ſich vor, nicht allein die Landſchaften, welche ihnen näher zugehörten, Rapperſchwyl, Toggenburg, Gaſter und Weſen, ſondern auch die, wo die Städte an der Gewalt Antheil gehabt, die freien Aemter in Aargau, Bremgarten und Mellingen, für ihren Abfall zu züchtigen. In den übrigen gemeinen Vogteien, ſollte es denen, welche den neuen Glauben angenommen, zwar nicht geboten, aber doch geſtattet ſeyn, zu dem „alten wah- ren chriſtlichen“ Glauben zurückzutreten. Ausdrücke dieſer Art ließen ſich die Städte in der ganzen Urkunde gefallen. 1 Und ſchon hatte, als Bern dieſen Frieden annahm, die Reſtauration des Katholicismus allenthalben begonnen. Gleich nach der Cappeler Schlacht hatte ſich die ka- tholiſche Minorität in Glarus geregt, die ſchon beſchloſſene Hülfleiſtung des Cantons rückgängig gemacht, auch die dem- ſelben Zugehörigen abgemahnt, und ihrerſeits ſo viel wie möglich die Wendung befördert, welche die Dinge nahmen. Gar bald mußten ihr wieder eine Anzahl von Kirchen ein- geräumt werden, und auf die allgemeinen Geſchäfte des Can- tons übte ſie ſeitdem bei weitem größern Einfluß aus, als die evangeliſche Partei, die ſich durch die großen Verluſte ihrer 1 Die Urkunde des Landfriedens in Hottingers Anhang zu Bd. II, neu mit dem Original collationirt. 24*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/387
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/387>, abgerufen am 24.11.2024.