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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Vermittelungsvers. zwischen d. prot. Parteien.
zuschrieb, trat ihm Butzer bei. Er gab zu, der Leib könne
allerdings eine andere, als eine locale Gegenwart haben:
Brot und Wein hören darum nicht auf Zeichen desselben zu
seyn, aber des anwesenden, nicht des abwesenden; leibliche
Gegenwart das heiße: wahrhafte Gegenwart. 1

Es fragte sich nun, ob Butzer diese Erläuterungen
nach beiden Seiten hin annehmbar machen würde.

In Augsburg legte er sie zuerst Melanchthon vor,
dann eilte er zu Luther nach Coburg, dem er die Stellen
seiner Schriften, die von dem sacramentalen, geistigen Ge-
nuß am deutlichsten lauteten, vorhielt; er berichtet, daß er
von Beiden Versicherungen erhalten habe, welche alles Beste
hoffen ließen.

Leicht machte es jedoch Luther dem Vermittler nicht.
Um nicht getäuscht zu werden stellte er zwei Fragen auf,
die weiter keinem Zweifel Raum ließen: die eine, ob der
Leib wahrhaft bei den Zeichen sey, die andre, ob er auch
von den Gottlosen empfangen werde. Es ist merkwürdig,
daß die letzte und schwerere dieser Fragen schon im 12ten
Jahrhundert erhoben worden; schon Otto von Freisingen
gedenkt ihrer, doch hält er für besser, sie zu vermeiden, als
ihre Bejahung zu gebieten. 2 Luther meinte, diese Bejahung
könne so schwer nicht seyn, da man doch zugeben müsse, daß
Gottes Wort von den Gottlosen gehört werde, daß Gottes
Sonne auch über die Blinden scheine. Und in der That er-

1 Melanchthon de Buceri sententia. Corp. Ref. II, 316.
Vgl. Literae Buceri ad Pontanum 4 Aug. 1530 bei Cölestin II,
302. Schreiben Butzers an Herzog Ernst von Lüneburg bei Heß:
Leben Oekolampads p. 317.
2 Chronicorum liber VIII, prologus: utrum mali veraciter
sacramentis communicent, an exterius tantum ea accipiant.

Vermittelungsverſ. zwiſchen d. prot. Parteien.
zuſchrieb, trat ihm Butzer bei. Er gab zu, der Leib könne
allerdings eine andere, als eine locale Gegenwart haben:
Brot und Wein hören darum nicht auf Zeichen deſſelben zu
ſeyn, aber des anweſenden, nicht des abweſenden; leibliche
Gegenwart das heiße: wahrhafte Gegenwart. 1

Es fragte ſich nun, ob Butzer dieſe Erläuterungen
nach beiden Seiten hin annehmbar machen würde.

In Augsburg legte er ſie zuerſt Melanchthon vor,
dann eilte er zu Luther nach Coburg, dem er die Stellen
ſeiner Schriften, die von dem ſacramentalen, geiſtigen Ge-
nuß am deutlichſten lauteten, vorhielt; er berichtet, daß er
von Beiden Verſicherungen erhalten habe, welche alles Beſte
hoffen ließen.

Leicht machte es jedoch Luther dem Vermittler nicht.
Um nicht getäuſcht zu werden ſtellte er zwei Fragen auf,
die weiter keinem Zweifel Raum ließen: die eine, ob der
Leib wahrhaft bei den Zeichen ſey, die andre, ob er auch
von den Gottloſen empfangen werde. Es iſt merkwürdig,
daß die letzte und ſchwerere dieſer Fragen ſchon im 12ten
Jahrhundert erhoben worden; ſchon Otto von Freiſingen
gedenkt ihrer, doch hält er für beſſer, ſie zu vermeiden, als
ihre Bejahung zu gebieten. 2 Luther meinte, dieſe Bejahung
könne ſo ſchwer nicht ſeyn, da man doch zugeben müſſe, daß
Gottes Wort von den Gottloſen gehört werde, daß Gottes
Sonne auch über die Blinden ſcheine. Und in der That er-

1 Melanchthon de Buceri sententia. Corp. Ref. II, 316.
Vgl. Literae Buceri ad Pontanum 4 Aug. 1530 bei Coͤleſtin II,
302. Schreiben Butzers an Herzog Ernſt von Luͤneburg bei Heß:
Leben Oekolampads p. 317.
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[345/0361] Vermittelungsverſ. zwiſchen d. prot. Parteien. zuſchrieb, trat ihm Butzer bei. Er gab zu, der Leib könne allerdings eine andere, als eine locale Gegenwart haben: Brot und Wein hören darum nicht auf Zeichen deſſelben zu ſeyn, aber des anweſenden, nicht des abweſenden; leibliche Gegenwart das heiße: wahrhafte Gegenwart. 1 Es fragte ſich nun, ob Butzer dieſe Erläuterungen nach beiden Seiten hin annehmbar machen würde. In Augsburg legte er ſie zuerſt Melanchthon vor, dann eilte er zu Luther nach Coburg, dem er die Stellen ſeiner Schriften, die von dem ſacramentalen, geiſtigen Ge- nuß am deutlichſten lauteten, vorhielt; er berichtet, daß er von Beiden Verſicherungen erhalten habe, welche alles Beſte hoffen ließen. Leicht machte es jedoch Luther dem Vermittler nicht. Um nicht getäuſcht zu werden ſtellte er zwei Fragen auf, die weiter keinem Zweifel Raum ließen: die eine, ob der Leib wahrhaft bei den Zeichen ſey, die andre, ob er auch von den Gottloſen empfangen werde. Es iſt merkwürdig, daß die letzte und ſchwerere dieſer Fragen ſchon im 12ten Jahrhundert erhoben worden; ſchon Otto von Freiſingen gedenkt ihrer, doch hält er für beſſer, ſie zu vermeiden, als ihre Bejahung zu gebieten. 2 Luther meinte, dieſe Bejahung könne ſo ſchwer nicht ſeyn, da man doch zugeben müſſe, daß Gottes Wort von den Gottloſen gehört werde, daß Gottes Sonne auch über die Blinden ſcheine. Und in der That er- 1 Melanchthon de Buceri sententia. Corp. Ref. II, 316. Vgl. Literae Buceri ad Pontanum 4 Aug. 1530 bei Coͤleſtin II, 302. Schreiben Butzers an Herzog Ernſt von Luͤneburg bei Heß: Leben Oekolampads p. 317. 2 Chronicorum liber VIII, prologus: utrum mali veraciter sacramentis communicent, an exterius tantum ea accipiant.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/361>, abgerufen am 24.11.2024.