Geistlichen, ihn begrüßte. Außerhalb des Baldachins ritten nun König Ferdinand und der Legat neben einander. Ihnen folgten die deutschen Cardinäle und Bischöfe, die fremden Gesandten und Prälaten. Man nahm darunter den stolzen Beichtvater des Kaisers, den Bischof von Osma wahr. 1
An den Zug der Fürsten und Herrn schlossen sich aufs neue die Reisigen an, die des Kaisers alle in Gelb, die des Königs alle in Roth gekleidet, mit denen hier die Reiter der geistlichen und weltlichen Fürsten wetteiferten; jede Schaar in ihrer besondern Farbe, alle entweder mit Harnischen und Spießen, oder als Schützen mit Schießzeug gerüstet.
Die Augsburger Mannschaften, die am Morgen aus- gezogen, den Kaiser zu empfangen, zu Fuß und zu Pferd, Söldner und Bürger, machten bei dem Einzug den Beschluß.
Denn das war überhaupt der Sinn der Cerimonie, daß das Reich seinen Kaiser einholte. Bei St. Leonhard empfing ihn die Clerisey mit dem Gesang: Advenisti de- siderabilis; die Fürsten begleiteten ihn noch in den Dom, wo ein Tedeum gesungen und der Segen über ihn ausge- sprochen ward, und verließen ihn erst, als er in seiner Woh- nung in der Pfalz angekommen war.
Aber gleich hier, nachdem man kaum noch einmal, und zwar auch in der Kirche, vereinigt gewesen, trat die große alles zersetzende Frage, welche die Versammlung beschäfti- gen sollte, in aller ihrer Schärfe hervor.
Die Protestanten hatten den geistlichen so wie den welt- lichen Cerimonien beigewohnt, und es mochte dem Kaiser
1 Contarini: di spirito molto alto.
Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Geiſtlichen, ihn begrüßte. Außerhalb des Baldachins ritten nun König Ferdinand und der Legat neben einander. Ihnen folgten die deutſchen Cardinäle und Biſchöfe, die fremden Geſandten und Prälaten. Man nahm darunter den ſtolzen Beichtvater des Kaiſers, den Biſchof von Osma wahr. 1
An den Zug der Fürſten und Herrn ſchloſſen ſich aufs neue die Reiſigen an, die des Kaiſers alle in Gelb, die des Königs alle in Roth gekleidet, mit denen hier die Reiter der geiſtlichen und weltlichen Fürſten wetteiferten; jede Schaar in ihrer beſondern Farbe, alle entweder mit Harniſchen und Spießen, oder als Schützen mit Schießzeug gerüſtet.
Die Augsburger Mannſchaften, die am Morgen aus- gezogen, den Kaiſer zu empfangen, zu Fuß und zu Pferd, Söldner und Bürger, machten bei dem Einzug den Beſchluß.
Denn das war überhaupt der Sinn der Cerimonie, daß das Reich ſeinen Kaiſer einholte. Bei St. Leonhard empfing ihn die Cleriſey mit dem Geſang: Advenisti de- siderabilis; die Fürſten begleiteten ihn noch in den Dom, wo ein Tedeum geſungen und der Segen über ihn ausge- ſprochen ward, und verließen ihn erſt, als er in ſeiner Woh- nung in der Pfalz angekommen war.
Aber gleich hier, nachdem man kaum noch einmal, und zwar auch in der Kirche, vereinigt geweſen, trat die große alles zerſetzende Frage, welche die Verſammlung beſchäfti- gen ſollte, in aller ihrer Schärfe hervor.
Die Proteſtanten hatten den geiſtlichen ſo wie den welt- lichen Cerimonien beigewohnt, und es mochte dem Kaiſer
1 Contarini: di spirito molto alto.
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Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Geiſtlichen, ihn begrüßte. Außerhalb des Baldachins ritten
nun König Ferdinand und der Legat neben einander. Ihnen
folgten die deutſchen Cardinäle und Biſchöfe, die fremden
Geſandten und Prälaten. Man nahm darunter den ſtolzen
Beichtvater des Kaiſers, den Biſchof von Osma wahr. 1
An den Zug der Fürſten und Herrn ſchloſſen ſich
aufs neue die Reiſigen an, die des Kaiſers alle in Gelb,
die des Königs alle in Roth gekleidet, mit denen hier die
Reiter der geiſtlichen und weltlichen Fürſten wetteiferten;
jede Schaar in ihrer beſondern Farbe, alle entweder mit
Harniſchen und Spießen, oder als Schützen mit Schießzeug
gerüſtet.
Die Augsburger Mannſchaften, die am Morgen aus-
gezogen, den Kaiſer zu empfangen, zu Fuß und zu Pferd,
Söldner und Bürger, machten bei dem Einzug den Beſchluß.
Denn das war überhaupt der Sinn der Cerimonie,
daß das Reich ſeinen Kaiſer einholte. Bei St. Leonhard
empfing ihn die Cleriſey mit dem Geſang: Advenisti de-
siderabilis; die Fürſten begleiteten ihn noch in den Dom,
wo ein Tedeum geſungen und der Segen über ihn ausge-
ſprochen ward, und verließen ihn erſt, als er in ſeiner Woh-
nung in der Pfalz angekommen war.
Aber gleich hier, nachdem man kaum noch einmal, und
zwar auch in der Kirche, vereinigt geweſen, trat die große
alles zerſetzende Frage, welche die Verſammlung beſchäfti-
gen ſollte, in aller ihrer Schärfe hervor.
Die Proteſtanten hatten den geiſtlichen ſo wie den welt-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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