Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Sechstes Capitel.
würden auch in den Nürnbergern ähnliche Scrupel erwacht
seyn. 1

Wirklich war die Meinung der Nürnberger Theolo-
gen ganz wie die der sächsischen. Auch sie überzeugten ih-
ren Rath, daß man mit den Sacramentirern nichts zu
schaffen haben müsse. 2

Daher kam es in Rotach zu nichts als zu allgemeinen
Zusicherungen gegenseitiger Hülfe, vorläufigen Besprechun-
gen; nähere Berathung verwies man auf eine andre Zu-
sammenkunft im August nach Schwabach, die aber gleich
gar nicht zu Stande kam. Sie war schon abgekündigt,
als die oberländischen Gesandten anlangten: sie hatten den
weiten Weg vergeblich gemacht. 3

So mächtig setzte sich das theologische Element, wie
jenem Kriegsunternehmen in den Packischen Händeln vor
drei Jahren, so jetzt einem Bündniß entgegen, das zur Ret-
tung vor der überlegenen Gewalt das einzige Mittel schien.

1 Instruction auf Herr Hansen Minkwitz Ritter gen Rotach.
Er soll aufmerken, ob nicht vielleicht die Nürnbergischen Gesandten
von selbst ihm sagen werden ""daß sie befunden, beschwerlich seyn,
sich mit den Ihenen, so der Zwinglischen Meinung des Sacraments
halber (anhangen) in Bündniß zu begeben, dergestalt wo sie des
göttlichen Worts des Glaubens halben beschwert wollten werden, als
were dieser Artikel im göttlichen Wort und im Glauben auch gegrün-
det, das dann wider die Gewissen stillschweigend bekannt must wer-
den;"" und ihnen dann sagen, "daß uns dergleichen Beschwerung
und Bedenken seyther dem nächsten Reichstag zu Speier auch zuge-
fallen." -- -- Der Abschied ist Dienstag nach Bonifacii (8. Juni).
2 Canzler Brück sagte zu Schmalkalden, es komme alles aus
dem Rathschlag v. Nürnberg. Strobel Miscellaneen IV, 130.
3 Schreiben an Nürnberg 23. Aug. Sie wollen die Sache
ihren Freunden daheim melden, obwohl sie "uns den Gesandten nit
allein unser Leibs Schwacheit, sondern auch Ferne des Wegs und der
schwebenden sorglichen Läufe halber ganz beschwerlich ist" (W. A.).

Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
würden auch in den Nürnbergern ähnliche Scrupel erwacht
ſeyn. 1

Wirklich war die Meinung der Nürnberger Theolo-
gen ganz wie die der ſächſiſchen. Auch ſie überzeugten ih-
ren Rath, daß man mit den Sacramentirern nichts zu
ſchaffen haben müſſe. 2

Daher kam es in Rotach zu nichts als zu allgemeinen
Zuſicherungen gegenſeitiger Hülfe, vorläufigen Beſprechun-
gen; nähere Berathung verwies man auf eine andre Zu-
ſammenkunft im Auguſt nach Schwabach, die aber gleich
gar nicht zu Stande kam. Sie war ſchon abgekündigt,
als die oberländiſchen Geſandten anlangten: ſie hatten den
weiten Weg vergeblich gemacht. 3

So mächtig ſetzte ſich das theologiſche Element, wie
jenem Kriegsunternehmen in den Packiſchen Händeln vor
drei Jahren, ſo jetzt einem Bündniß entgegen, das zur Ret-
tung vor der überlegenen Gewalt das einzige Mittel ſchien.

1 Inſtruction auf Herr Hanſen Minkwitz Ritter gen Rotach.
Er ſoll aufmerken, ob nicht vielleicht die Nuͤrnbergiſchen Geſandten
von ſelbſt ihm ſagen werden „„daß ſie befunden, beſchwerlich ſeyn,
ſich mit den Ihenen, ſo der Zwingliſchen Meinung des Sacraments
halber (anhangen) in Buͤndniß zu begeben, dergeſtalt wo ſie des
goͤttlichen Worts des Glaubens halben beſchwert wollten werden, als
were dieſer Artikel im goͤttlichen Wort und im Glauben auch gegruͤn-
det, das dann wider die Gewiſſen ſtillſchweigend bekannt muſt wer-
den;““ und ihnen dann ſagen, „daß uns dergleichen Beſchwerung
und Bedenken ſeyther dem naͤchſten Reichstag zu Speier auch zuge-
fallen.“ — — Der Abſchied iſt Dienſtag nach Bonifacii (8. Juni).
2 Canzler Bruͤck ſagte zu Schmalkalden, es komme alles aus
dem Rathſchlag v. Nuͤrnberg. Strobel Miscellaneen IV, 130.
3 Schreiben an Nuͤrnberg 23. Aug. Sie wollen die Sache
ihren Freunden daheim melden, obwohl ſie „uns den Geſandten nit
allein unſer Leibs Schwacheit, ſondern auch Ferne des Wegs und der
ſchwebenden ſorglichen Laͤufe halber ganz beſchwerlich iſt“ (W. A.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nftes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
würden auch in den Nürnbergern ähnliche Scrupel erwacht<lb/>
&#x017F;eyn. <note place="foot" n="1">In&#x017F;truction auf Herr Han&#x017F;en Minkwitz Ritter gen Rotach.<lb/>
Er &#x017F;oll aufmerken, ob nicht vielleicht die Nu&#x0364;rnbergi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t ihm &#x017F;agen werden &#x201E;&#x201E;daß &#x017F;ie befunden, be&#x017F;chwerlich &#x017F;eyn,<lb/>
&#x017F;ich mit den Ihenen, &#x017F;o der Zwingli&#x017F;chen Meinung des Sacraments<lb/>
halber (anhangen) in Bu&#x0364;ndniß zu begeben, derge&#x017F;talt wo &#x017F;ie des<lb/>
go&#x0364;ttlichen Worts des Glaubens halben be&#x017F;chwert wollten werden, als<lb/>
were die&#x017F;er Artikel im go&#x0364;ttlichen Wort und im Glauben auch gegru&#x0364;n-<lb/>
det, das dann wider die Gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;till&#x017F;chweigend bekannt mu&#x017F;t wer-<lb/>
den;&#x201C;&#x201C; und ihnen dann &#x017F;agen, &#x201E;daß uns dergleichen Be&#x017F;chwerung<lb/>
und Bedenken &#x017F;eyther dem na&#x0364;ch&#x017F;ten Reichstag zu Speier auch zuge-<lb/>
fallen.&#x201C; &#x2014; &#x2014; Der Ab&#x017F;chied i&#x017F;t Dien&#x017F;tag nach Bonifacii (8. Juni).</note></p><lb/>
          <p>Wirklich war die Meinung der Nürnberger Theolo-<lb/>
gen ganz wie die der &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen. Auch &#x017F;ie überzeugten ih-<lb/>
ren Rath, daß man mit den Sacramentirern nichts zu<lb/>
&#x017F;chaffen haben mü&#x017F;&#x017F;e. <note place="foot" n="2">Canzler Bru&#x0364;ck &#x017F;agte zu Schmalkalden, es komme alles aus<lb/>
dem Rath&#x017F;chlag v. Nu&#x0364;rnberg. Strobel Miscellaneen <hi rendition="#aq">IV,</hi> 130.</note></p><lb/>
          <p>Daher kam es in Rotach zu nichts als zu allgemeinen<lb/>
Zu&#x017F;icherungen gegen&#x017F;eitiger Hülfe, vorläufigen Be&#x017F;prechun-<lb/>
gen; nähere Berathung verwies man auf eine andre Zu-<lb/>
&#x017F;ammenkunft im Augu&#x017F;t nach Schwabach, die aber gleich<lb/>
gar nicht zu Stande kam. Sie war &#x017F;chon abgekündigt,<lb/>
als die oberländi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten anlangten: &#x017F;ie hatten den<lb/>
weiten Weg vergeblich gemacht. <note xml:id="seg2pn_16_1" next="#seg2pn_16_2" place="foot" n="3">Schreiben an Nu&#x0364;rnberg 23. Aug. Sie wollen die Sache<lb/>
ihren Freunden daheim melden, obwohl &#x017F;ie &#x201E;uns den Ge&#x017F;andten nit<lb/>
allein un&#x017F;er Leibs Schwacheit, &#x017F;ondern auch Ferne des Wegs und der<lb/>
&#x017F;chwebenden &#x017F;orglichen La&#x0364;ufe halber ganz be&#x017F;chwerlich i&#x017F;t&#x201C; (W. A.).</note></p><lb/>
          <p>So mächtig &#x017F;etzte &#x017F;ich das theologi&#x017F;che Element, wie<lb/>
jenem Kriegsunternehmen in den Packi&#x017F;chen Händeln vor<lb/>
drei Jahren, &#x017F;o jetzt einem Bündniß entgegen, das zur Ret-<lb/>
tung vor der überlegenen Gewalt das einzige Mittel &#x017F;chien.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0184] Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel. würden auch in den Nürnbergern ähnliche Scrupel erwacht ſeyn. 1 Wirklich war die Meinung der Nürnberger Theolo- gen ganz wie die der ſächſiſchen. Auch ſie überzeugten ih- ren Rath, daß man mit den Sacramentirern nichts zu ſchaffen haben müſſe. 2 Daher kam es in Rotach zu nichts als zu allgemeinen Zuſicherungen gegenſeitiger Hülfe, vorläufigen Beſprechun- gen; nähere Berathung verwies man auf eine andre Zu- ſammenkunft im Auguſt nach Schwabach, die aber gleich gar nicht zu Stande kam. Sie war ſchon abgekündigt, als die oberländiſchen Geſandten anlangten: ſie hatten den weiten Weg vergeblich gemacht. 3 So mächtig ſetzte ſich das theologiſche Element, wie jenem Kriegsunternehmen in den Packiſchen Händeln vor drei Jahren, ſo jetzt einem Bündniß entgegen, das zur Ret- tung vor der überlegenen Gewalt das einzige Mittel ſchien. 1 Inſtruction auf Herr Hanſen Minkwitz Ritter gen Rotach. Er ſoll aufmerken, ob nicht vielleicht die Nuͤrnbergiſchen Geſandten von ſelbſt ihm ſagen werden „„daß ſie befunden, beſchwerlich ſeyn, ſich mit den Ihenen, ſo der Zwingliſchen Meinung des Sacraments halber (anhangen) in Buͤndniß zu begeben, dergeſtalt wo ſie des goͤttlichen Worts des Glaubens halben beſchwert wollten werden, als were dieſer Artikel im goͤttlichen Wort und im Glauben auch gegruͤn- det, das dann wider die Gewiſſen ſtillſchweigend bekannt muſt wer- den;““ und ihnen dann ſagen, „daß uns dergleichen Beſchwerung und Bedenken ſeyther dem naͤchſten Reichstag zu Speier auch zuge- fallen.“ — — Der Abſchied iſt Dienſtag nach Bonifacii (8. Juni). 2 Canzler Bruͤck ſagte zu Schmalkalden, es komme alles aus dem Rathſchlag v. Nuͤrnberg. Strobel Miscellaneen IV, 130. 3 Schreiben an Nuͤrnberg 23. Aug. Sie wollen die Sache ihren Freunden daheim melden, obwohl ſie „uns den Geſandten nit allein unſer Leibs Schwacheit, ſondern auch Ferne des Wegs und der ſchwebenden ſorglichen Laͤufe halber ganz beſchwerlich iſt“ (W. A.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/184
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/184>, abgerufen am 04.05.2024.