Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Reichsregiment.
form selbst. Man fühlte jeden Augenblick, wie mißlich es
war, die Besoldung der Mitglieder des Gerichts und des
Regimentes auf Matricularanschläge zu gründen, die von
Jahr zu Jahr bewilligt werden mußten, und immer nur
schwer beizutreiben waren; auch wollte man es nicht etwa
dem Kaiser überlassen, die Besoldungen zu zahlen: man
fürchtete mit Recht, dann werde er auch Anspruch darauf
machen, die Mitglieder zu ernennen. Man gerieth deshalb
auf mancherlei andre Vorschläge: Innebehaltung der An-
naten, Judensteuern, oder endlich auch im Zusammenhang
mit einer beharrlichen Rüstung eine Erneuerung des ge-
meinen Pfennigs. Allein es zeigte sich alles gleich unaus-
führbar. Für die Annaten wären erst Vereinbarungen mit
dem römischen Stuhl erforderlich gewesen, die nicht so leicht
zu treffen waren; einer Anlage auf die Juden widersetzten
sich die Städte, welche von frühern Kaisern das Recht
ihre Juden selbst zu schatzen, erworben, und dasselbe
neuerdings auch gegen den kaiserlichen Fiscal behauptet
hatten; über einen neuen gemeinen Pfennig konnte man
es nicht weiter als bis zum Entwurf, nicht einmal bis zu
ernstlicher Berathung bringen. Unter diesen Umständen
nahm das Regiment einen schon früher gehegten Plan auf,
der auch an sich eine große nationale Bedeutung entwickelt
haben würde, und noch mit andern Absichten der Reichs-
verwaltung zusammenhängt, welche unsrer Aufmerksamkeit
würdig sind.

Unter den Beschwerden, welche die verschiedenen Stände
in jener Zeit gegen einander erhoben, traf eine der allge-
meinsten, lebhaftesten die Kaufmannschaft.

Die alten Handelswege waren noch immer im Gange;

Reichsregiment.
form ſelbſt. Man fühlte jeden Augenblick, wie mißlich es
war, die Beſoldung der Mitglieder des Gerichts und des
Regimentes auf Matricularanſchläge zu gründen, die von
Jahr zu Jahr bewilligt werden mußten, und immer nur
ſchwer beizutreiben waren; auch wollte man es nicht etwa
dem Kaiſer überlaſſen, die Beſoldungen zu zahlen: man
fürchtete mit Recht, dann werde er auch Anſpruch darauf
machen, die Mitglieder zu ernennen. Man gerieth deshalb
auf mancherlei andre Vorſchläge: Innebehaltung der An-
naten, Judenſteuern, oder endlich auch im Zuſammenhang
mit einer beharrlichen Rüſtung eine Erneuerung des ge-
meinen Pfennigs. Allein es zeigte ſich alles gleich unaus-
führbar. Für die Annaten wären erſt Vereinbarungen mit
dem römiſchen Stuhl erforderlich geweſen, die nicht ſo leicht
zu treffen waren; einer Anlage auf die Juden widerſetzten
ſich die Städte, welche von frühern Kaiſern das Recht
ihre Juden ſelbſt zu ſchatzen, erworben, und daſſelbe
neuerdings auch gegen den kaiſerlichen Fiscal behauptet
hatten; über einen neuen gemeinen Pfennig konnte man
es nicht weiter als bis zum Entwurf, nicht einmal bis zu
ernſtlicher Berathung bringen. Unter dieſen Umſtänden
nahm das Regiment einen ſchon früher gehegten Plan auf,
der auch an ſich eine große nationale Bedeutung entwickelt
haben würde, und noch mit andern Abſichten der Reichs-
verwaltung zuſammenhängt, welche unſrer Aufmerkſamkeit
würdig ſind.

Unter den Beſchwerden, welche die verſchiedenen Stände
in jener Zeit gegen einander erhoben, traf eine der allge-
meinſten, lebhafteſten die Kaufmannſchaft.

Die alten Handelswege waren noch immer im Gange;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0051" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reichsregiment</hi>.</fw><lb/>
form &#x017F;elb&#x017F;t. Man fühlte jeden Augenblick, wie mißlich es<lb/>
war, die Be&#x017F;oldung der Mitglieder des Gerichts und des<lb/>
Regimentes auf Matricularan&#x017F;chläge zu gründen, die von<lb/>
Jahr zu Jahr bewilligt werden mußten, und immer nur<lb/>
&#x017F;chwer beizutreiben waren; auch wollte man es nicht etwa<lb/>
dem Kai&#x017F;er überla&#x017F;&#x017F;en, die Be&#x017F;oldungen zu zahlen: man<lb/>
fürchtete mit Recht, dann werde er auch An&#x017F;pruch darauf<lb/>
machen, die Mitglieder zu ernennen. Man gerieth deshalb<lb/>
auf mancherlei andre Vor&#x017F;chläge: Innebehaltung der An-<lb/>
naten, Juden&#x017F;teuern, oder endlich auch im Zu&#x017F;ammenhang<lb/>
mit einer beharrlichen Rü&#x017F;tung eine Erneuerung des ge-<lb/>
meinen Pfennigs. Allein es zeigte &#x017F;ich alles gleich unaus-<lb/>
führbar. Für die Annaten wären er&#x017F;t Vereinbarungen mit<lb/>
dem römi&#x017F;chen Stuhl erforderlich gewe&#x017F;en, die nicht &#x017F;o leicht<lb/>
zu treffen waren; einer Anlage auf die Juden wider&#x017F;etzten<lb/>
&#x017F;ich die Städte, welche von frühern Kai&#x017F;ern das Recht<lb/>
ihre Juden &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;chatzen, erworben, und da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
neuerdings auch gegen den kai&#x017F;erlichen Fiscal behauptet<lb/>
hatten; über einen neuen gemeinen Pfennig konnte man<lb/>
es nicht weiter als bis zum Entwurf, nicht einmal bis zu<lb/>
ern&#x017F;tlicher Berathung bringen. Unter die&#x017F;en Um&#x017F;tänden<lb/>
nahm das Regiment einen &#x017F;chon früher gehegten Plan auf,<lb/>
der auch an &#x017F;ich eine große nationale Bedeutung entwickelt<lb/>
haben würde, und noch mit andern Ab&#x017F;ichten der Reichs-<lb/>
verwaltung zu&#x017F;ammenhängt, welche un&#x017F;rer Aufmerk&#x017F;amkeit<lb/>
würdig &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Unter den Be&#x017F;chwerden, welche die ver&#x017F;chiedenen Stände<lb/>
in jener Zeit gegen einander erhoben, traf eine der allge-<lb/>
mein&#x017F;ten, lebhafte&#x017F;ten die Kaufmann&#x017F;chaft.</p><lb/>
          <p>Die alten Handelswege waren noch immer im Gange;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0051] Reichsregiment. form ſelbſt. Man fühlte jeden Augenblick, wie mißlich es war, die Beſoldung der Mitglieder des Gerichts und des Regimentes auf Matricularanſchläge zu gründen, die von Jahr zu Jahr bewilligt werden mußten, und immer nur ſchwer beizutreiben waren; auch wollte man es nicht etwa dem Kaiſer überlaſſen, die Beſoldungen zu zahlen: man fürchtete mit Recht, dann werde er auch Anſpruch darauf machen, die Mitglieder zu ernennen. Man gerieth deshalb auf mancherlei andre Vorſchläge: Innebehaltung der An- naten, Judenſteuern, oder endlich auch im Zuſammenhang mit einer beharrlichen Rüſtung eine Erneuerung des ge- meinen Pfennigs. Allein es zeigte ſich alles gleich unaus- führbar. Für die Annaten wären erſt Vereinbarungen mit dem römiſchen Stuhl erforderlich geweſen, die nicht ſo leicht zu treffen waren; einer Anlage auf die Juden widerſetzten ſich die Städte, welche von frühern Kaiſern das Recht ihre Juden ſelbſt zu ſchatzen, erworben, und daſſelbe neuerdings auch gegen den kaiſerlichen Fiscal behauptet hatten; über einen neuen gemeinen Pfennig konnte man es nicht weiter als bis zum Entwurf, nicht einmal bis zu ernſtlicher Berathung bringen. Unter dieſen Umſtänden nahm das Regiment einen ſchon früher gehegten Plan auf, der auch an ſich eine große nationale Bedeutung entwickelt haben würde, und noch mit andern Abſichten der Reichs- verwaltung zuſammenhängt, welche unſrer Aufmerkſamkeit würdig ſind. Unter den Beſchwerden, welche die verſchiedenen Stände in jener Zeit gegen einander erhoben, traf eine der allge- meinſten, lebhafteſten die Kaufmannſchaft. Die alten Handelswege waren noch immer im Gange;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/51
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/51>, abgerufen am 24.11.2024.