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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.
sie setzten fest, daß auch die Prälaten in ihren Kirchen und
Klöstern dazu verpflichtet seyn sollten, wiewohl man ihnen
anheimstelle, in Hinsicht der Cerimonien sich zu halten,
wie sie es bei Gott zu verantworten gedächten. 1 Seit-
dem durchdrang die Reform allmählig das ganze Gebiet.
Der Canzler Klammer machte sich hier so verdient, wie
Brück in Sachsen, Feige in Hessen, Vogler in Anspach,
Spengler in Nürnberg.

In Ostfriesland war die Gewalt des Grafen noch zu
neu, um in so schwierigen die innerste Überzeugung her-
ausfordernden Angelegenheiten entscheiden zu können. Als
Graf Etzard, der anfangs auch von den lutherischen Mei-
nungen lebhaft berührt worden, später zu dem Entschluß ge-
kommen war, an dem bisherigen Kirchenwesen festzuhalten,
übernahm ein Häuptling, Junker Ulrich von Dornum die Lei-
tung der Sache. Auf seine Veranlassung ward eine feierliche
Disputation zu Oldersum veranstaltet. Sie begann sehr cha-
rakteristisch. "Sprechet ein Vaterunser," sagte der Vor-
kämpfer der Lutherischen, Heinrich Arnoldi, "und ein Ave-
maria," fügte der Dominicaner, der die katholische Sache
verfocht, Prior Laurenz hinzu. Auch der Streit bezog sich
hauptsächlich auf die Verehrung der Jungfrau Maria. Da
die Lutheraner aber dabei blieben, sich nur mit Stellen der
Schrift bestreiten lassen zu wollen, so konnten die Dominica-
ner nichts ausrichten. Vielmehr fieng der Abfall sogleich in
ihren eigenen Reihen an. Am Neujahrstag 1527 bestieg ein

1 Auszug aus dem herzoglichen Edict bei Pfeffinger: Historie
des Braunschweig Lüneburgischen Hauses II, 347. Vgl. Schlegels
Kirchengeschichte II, 50.

Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſie ſetzten feſt, daß auch die Prälaten in ihren Kirchen und
Klöſtern dazu verpflichtet ſeyn ſollten, wiewohl man ihnen
anheimſtelle, in Hinſicht der Cerimonien ſich zu halten,
wie ſie es bei Gott zu verantworten gedächten. 1 Seit-
dem durchdrang die Reform allmählig das ganze Gebiet.
Der Canzler Klammer machte ſich hier ſo verdient, wie
Brück in Sachſen, Feige in Heſſen, Vogler in Anſpach,
Spengler in Nürnberg.

In Oſtfriesland war die Gewalt des Grafen noch zu
neu, um in ſo ſchwierigen die innerſte Überzeugung her-
ausfordernden Angelegenheiten entſcheiden zu können. Als
Graf Etzard, der anfangs auch von den lutheriſchen Mei-
nungen lebhaft berührt worden, ſpäter zu dem Entſchluß ge-
kommen war, an dem bisherigen Kirchenweſen feſtzuhalten,
übernahm ein Häuptling, Junker Ulrich von Dornum die Lei-
tung der Sache. Auf ſeine Veranlaſſung ward eine feierliche
Disputation zu Olderſum veranſtaltet. Sie begann ſehr cha-
rakteriſtiſch. „Sprechet ein Vaterunſer,“ ſagte der Vor-
kämpfer der Lutheriſchen, Heinrich Arnoldi, „und ein Ave-
maria,“ fügte der Dominicaner, der die katholiſche Sache
verfocht, Prior Laurenz hinzu. Auch der Streit bezog ſich
hauptſächlich auf die Verehrung der Jungfrau Maria. Da
die Lutheraner aber dabei blieben, ſich nur mit Stellen der
Schrift beſtreiten laſſen zu wollen, ſo konnten die Dominica-
ner nichts ausrichten. Vielmehr fieng der Abfall ſogleich in
ihren eigenen Reihen an. Am Neujahrstag 1527 beſtieg ein

1 Auszug aus dem herzoglichen Edict bei Pfeffinger: Hiſtorie
des Braunſchweig Luͤneburgiſchen Hauſes II, 347. Vgl. Schlegels
Kirchengeſchichte II, 50.
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[460/0470] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. ſie ſetzten feſt, daß auch die Prälaten in ihren Kirchen und Klöſtern dazu verpflichtet ſeyn ſollten, wiewohl man ihnen anheimſtelle, in Hinſicht der Cerimonien ſich zu halten, wie ſie es bei Gott zu verantworten gedächten. 1 Seit- dem durchdrang die Reform allmählig das ganze Gebiet. Der Canzler Klammer machte ſich hier ſo verdient, wie Brück in Sachſen, Feige in Heſſen, Vogler in Anſpach, Spengler in Nürnberg. In Oſtfriesland war die Gewalt des Grafen noch zu neu, um in ſo ſchwierigen die innerſte Überzeugung her- ausfordernden Angelegenheiten entſcheiden zu können. Als Graf Etzard, der anfangs auch von den lutheriſchen Mei- nungen lebhaft berührt worden, ſpäter zu dem Entſchluß ge- kommen war, an dem bisherigen Kirchenweſen feſtzuhalten, übernahm ein Häuptling, Junker Ulrich von Dornum die Lei- tung der Sache. Auf ſeine Veranlaſſung ward eine feierliche Disputation zu Olderſum veranſtaltet. Sie begann ſehr cha- rakteriſtiſch. „Sprechet ein Vaterunſer,“ ſagte der Vor- kämpfer der Lutheriſchen, Heinrich Arnoldi, „und ein Ave- maria,“ fügte der Dominicaner, der die katholiſche Sache verfocht, Prior Laurenz hinzu. Auch der Streit bezog ſich hauptſächlich auf die Verehrung der Jungfrau Maria. Da die Lutheraner aber dabei blieben, ſich nur mit Stellen der Schrift beſtreiten laſſen zu wollen, ſo konnten die Dominica- ner nichts ausrichten. Vielmehr fieng der Abfall ſogleich in ihren eigenen Reihen an. Am Neujahrstag 1527 beſtieg ein 1 Auszug aus dem herzoglichen Edict bei Pfeffinger: Hiſtorie des Braunſchweig Luͤneburgiſchen Hauſes II, 347. Vgl. Schlegels Kirchengeſchichte II, 50.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/470>, abgerufen am 29.11.2024.