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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.
bischöflicher Gebiete machte: täglich traten diese Vergewalti-
gungen schroffer heraus; Luther meint, die papistischen Jun-
ker seyen in dieser Hinsicht fast lutherischer als die Luthe-
rischen selbst: er glaubt sich über die Maaßregeln des
Churfürsten von Mainz gegen seine Klöster in Halle be-
klagen zu müssen; 1 auch Landgraf Philipp bemerkt, man
fange an sich um die Klostergüter zu reißen: ein Jeder
strecke seine Hand danach aus, wer auch sonst nicht evan-
gelisch heißen wolle. 2 Es war das aber nicht allein eine
deutsche, sondern eine europäische Tendenz. In den zwei
Jahren 1524 und 25 hat Cardinal Wolsey in England
mehr als 20 Klöster und Convente aufgehoben, um das neue
Collegium, durch das er seinen Namen in Oxfort unsterb-
lich machte, damit auszustatten. 3 Man muß sich die all-
gemeine Stimmung vergegenwärtigen, die sich mit diesen
Bestrebungen verband, um die Schritte zu beurtheilen, welche
in den evangelischen Gebieten geschahen. In Sachsen hatte
sich eine große Anzahl von Klöstern von selbst aufgelöst:
die Mönche waren auseinandergegangen: schon streckten die
benachbarten Edelleute ihre Arme nach den vacanten Gü-
tern und Gebäuden aus. Die Meinung Luthers war nicht
das zuzulassen. Er urtheilte, wie die Güter ursprünglich
zum Gottesdienst bestimmt worden, so müsse es ihre Ver-

1 Bericht an einen guten Freund aufs Bischofs von Meißen
Mandat Altenb. III, 895. Man nehme den Klöstern und Stiftern
ihre Barschaft und Kleinodien, greife den Geistlichen in ihre Freiheit,
beschwere sie mit Schatzungen, laure auf ihre liegenden Gründe.
2 Schreiben Philipps an Luther 1526 bei Rommel Hess. Gesch.
V, p. 861: es sey "viel Rappens um die geistlichen Güter."
3 Verzeichniß in Fiddes Collection nr. 76. Besonders sind
viel Augustinerconvente dabei.

Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
biſchöflicher Gebiete machte: täglich traten dieſe Vergewalti-
gungen ſchroffer heraus; Luther meint, die papiſtiſchen Jun-
ker ſeyen in dieſer Hinſicht faſt lutheriſcher als die Luthe-
riſchen ſelbſt: er glaubt ſich über die Maaßregeln des
Churfürſten von Mainz gegen ſeine Klöſter in Halle be-
klagen zu müſſen; 1 auch Landgraf Philipp bemerkt, man
fange an ſich um die Kloſtergüter zu reißen: ein Jeder
ſtrecke ſeine Hand danach aus, wer auch ſonſt nicht evan-
geliſch heißen wolle. 2 Es war das aber nicht allein eine
deutſche, ſondern eine europäiſche Tendenz. In den zwei
Jahren 1524 und 25 hat Cardinal Wolſey in England
mehr als 20 Klöſter und Convente aufgehoben, um das neue
Collegium, durch das er ſeinen Namen in Oxfort unſterb-
lich machte, damit auszuſtatten. 3 Man muß ſich die all-
gemeine Stimmung vergegenwärtigen, die ſich mit dieſen
Beſtrebungen verband, um die Schritte zu beurtheilen, welche
in den evangeliſchen Gebieten geſchahen. In Sachſen hatte
ſich eine große Anzahl von Klöſtern von ſelbſt aufgelöſt:
die Mönche waren auseinandergegangen: ſchon ſtreckten die
benachbarten Edelleute ihre Arme nach den vacanten Gü-
tern und Gebäuden aus. Die Meinung Luthers war nicht
das zuzulaſſen. Er urtheilte, wie die Güter urſprünglich
zum Gottesdienſt beſtimmt worden, ſo müſſe es ihre Ver-

1 Bericht an einen guten Freund aufs Biſchofs von Meißen
Mandat Altenb. III, 895. Man nehme den Kloͤſtern und Stiftern
ihre Barſchaft und Kleinodien, greife den Geiſtlichen in ihre Freiheit,
beſchwere ſie mit Schatzungen, laure auf ihre liegenden Gruͤnde.
2 Schreiben Philipps an Luther 1526 bei Rommel Heſſ. Geſch.
V, p. 861: es ſey „viel Rappens um die geiſtlichen Guͤter.“
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[446/0456] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. biſchöflicher Gebiete machte: täglich traten dieſe Vergewalti- gungen ſchroffer heraus; Luther meint, die papiſtiſchen Jun- ker ſeyen in dieſer Hinſicht faſt lutheriſcher als die Luthe- riſchen ſelbſt: er glaubt ſich über die Maaßregeln des Churfürſten von Mainz gegen ſeine Klöſter in Halle be- klagen zu müſſen; 1 auch Landgraf Philipp bemerkt, man fange an ſich um die Kloſtergüter zu reißen: ein Jeder ſtrecke ſeine Hand danach aus, wer auch ſonſt nicht evan- geliſch heißen wolle. 2 Es war das aber nicht allein eine deutſche, ſondern eine europäiſche Tendenz. In den zwei Jahren 1524 und 25 hat Cardinal Wolſey in England mehr als 20 Klöſter und Convente aufgehoben, um das neue Collegium, durch das er ſeinen Namen in Oxfort unſterb- lich machte, damit auszuſtatten. 3 Man muß ſich die all- gemeine Stimmung vergegenwärtigen, die ſich mit dieſen Beſtrebungen verband, um die Schritte zu beurtheilen, welche in den evangeliſchen Gebieten geſchahen. In Sachſen hatte ſich eine große Anzahl von Klöſtern von ſelbſt aufgelöſt: die Mönche waren auseinandergegangen: ſchon ſtreckten die benachbarten Edelleute ihre Arme nach den vacanten Gü- tern und Gebäuden aus. Die Meinung Luthers war nicht das zuzulaſſen. Er urtheilte, wie die Güter urſprünglich zum Gottesdienſt beſtimmt worden, ſo müſſe es ihre Ver- 1 Bericht an einen guten Freund aufs Biſchofs von Meißen Mandat Altenb. III, 895. Man nehme den Kloͤſtern und Stiftern ihre Barſchaft und Kleinodien, greife den Geiſtlichen in ihre Freiheit, beſchwere ſie mit Schatzungen, laure auf ihre liegenden Gruͤnde. 2 Schreiben Philipps an Luther 1526 bei Rommel Heſſ. Geſch. V, p. 861: es ſey „viel Rappens um die geiſtlichen Guͤter.“ 3 Verzeichniß in Fiddes Collection nr. 76. Beſonders ſind viel Auguſtinerconvente dabei.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/456>, abgerufen am 28.11.2024.