Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Viertes Capitel.
nahm sie die Reiterei der Sipahi in beide Flanken. Da
konnte keine persönliche Tapferkeit etwas helfen: die Ungern
geriethen auf der Stelle in Unordnung: 1 ihre besten Leute
fielen, die übrigen warfen sich in die Flucht. Auch der
junge König mußte fliehen. Es war ihm nicht einmal be-
schieden im Schlachtgetümmel zu fallen: noch viel elender
kam er um. Hinter einem Schlesier her, der ihm den Weg
zeigte, war er schon durch das schwarze Wasser gesetzt, das
die Ebene durchschneidet: sein Pferd klimmte bereits den
Abhang des Ufers hinauf, als es ausgleitete, zurückstürzte,
und sich sammt dem Reiter in Wasser und Morast begrub. 2
Dadurch ward die Niederlage nun vollends entscheidend.
Die vornehmsten Führer der Nation, der König, und ein
großer Theil der Magnaten waren gefallen. 3 Fürs Erste
war an keinen fernern Widerstand zu denken. Weit und
breit wurde das Land wüste gelegt. Die Schlüssel von
Ofen wurden dem Sultan entgegengetragen, er hielt den
Beiram daselbst.

Soliman hatte einen jener Siege erfochten, welche die
Schicksale der Nationen auf lange Epochen bestimmen. Die
Weltmacht, an deren Spitze er stand, welche die islamiti-

1 Auszug aus des Heiducken Nagy Geschichte des Mohacser
Feldzuges, erhalten in der osmanischen Geschichte Petschewi's: (der
merkwürdige Fall, daß eine recht brauchbare occidentalische Erzählung
uns aus einem orientalischen Werke zurückkommt;) mitgetheilt von
Hammer in Hormayrs Archiv Jahrg. 1827 nr. 15.
2 Diese Nachricht (bei Nagy und A.) wird durch den Brief
bei Katona 19, p. 697 über das Auffinden des Leichnams bestätigt.
3 Katona p. 703: Magna dehinc rerum conversio secuta fuit,
pluribus et praesulibus et proceribus una hac dimicatione ex-
stinctis.

Viertes Buch. Viertes Capitel.
nahm ſie die Reiterei der Sipahi in beide Flanken. Da
konnte keine perſönliche Tapferkeit etwas helfen: die Ungern
geriethen auf der Stelle in Unordnung: 1 ihre beſten Leute
fielen, die übrigen warfen ſich in die Flucht. Auch der
junge König mußte fliehen. Es war ihm nicht einmal be-
ſchieden im Schlachtgetümmel zu fallen: noch viel elender
kam er um. Hinter einem Schleſier her, der ihm den Weg
zeigte, war er ſchon durch das ſchwarze Waſſer geſetzt, das
die Ebene durchſchneidet: ſein Pferd klimmte bereits den
Abhang des Ufers hinauf, als es ausgleitete, zurückſtürzte,
und ſich ſammt dem Reiter in Waſſer und Moraſt begrub. 2
Dadurch ward die Niederlage nun vollends entſcheidend.
Die vornehmſten Führer der Nation, der König, und ein
großer Theil der Magnaten waren gefallen. 3 Fürs Erſte
war an keinen fernern Widerſtand zu denken. Weit und
breit wurde das Land wüſte gelegt. Die Schlüſſel von
Ofen wurden dem Sultan entgegengetragen, er hielt den
Beiram daſelbſt.

Soliman hatte einen jener Siege erfochten, welche die
Schickſale der Nationen auf lange Epochen beſtimmen. Die
Weltmacht, an deren Spitze er ſtand, welche die islamiti-

1 Auszug aus des Heiducken Nagy Geſchichte des Mohacſer
Feldzuges, erhalten in der osmaniſchen Geſchichte Petſchewi’s: (der
merkwuͤrdige Fall, daß eine recht brauchbare occidentaliſche Erzaͤhlung
uns aus einem orientaliſchen Werke zuruͤckkommt;) mitgetheilt von
Hammer in Hormayrs Archiv Jahrg. 1827 nr. 15.
2 Dieſe Nachricht (bei Nagy und A.) wird durch den Brief
bei Katona 19, p. 697 uͤber das Auffinden des Leichnams beſtaͤtigt.
3 Katona p. 703: Magna dehinc rerum conversio secuta fuit,
pluribus et praesulibus et proceribus una hac dimicatione ex-
stinctis.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0422" n="412"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
nahm &#x017F;ie die Reiterei der Sipahi in beide Flanken. Da<lb/>
konnte keine per&#x017F;önliche Tapferkeit etwas helfen: die Ungern<lb/>
geriethen auf der Stelle in Unordnung: <note place="foot" n="1">Auszug aus des Heiducken Nagy Ge&#x017F;chichte des Mohac&#x017F;er<lb/>
Feldzuges, erhalten in der osmani&#x017F;chen Ge&#x017F;chichte Pet&#x017F;chewi&#x2019;s: (der<lb/>
merkwu&#x0364;rdige Fall, daß eine recht brauchbare occidentali&#x017F;che Erza&#x0364;hlung<lb/>
uns aus einem orientali&#x017F;chen Werke zuru&#x0364;ckkommt;) mitgetheilt von<lb/>
Hammer in Hormayrs Archiv Jahrg. 1827 <hi rendition="#aq">nr.</hi> 15.</note> ihre be&#x017F;ten Leute<lb/>
fielen, die übrigen warfen &#x017F;ich in die Flucht. Auch der<lb/>
junge König mußte fliehen. Es war ihm nicht einmal be-<lb/>
&#x017F;chieden im Schlachtgetümmel zu fallen: noch viel elender<lb/>
kam er um. Hinter einem Schle&#x017F;ier her, der ihm den Weg<lb/>
zeigte, war er &#x017F;chon durch das &#x017F;chwarze Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;etzt, das<lb/>
die Ebene durch&#x017F;chneidet: &#x017F;ein Pferd klimmte bereits den<lb/>
Abhang des Ufers hinauf, als es ausgleitete, zurück&#x017F;türzte,<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;ammt dem Reiter in Wa&#x017F;&#x017F;er und Mora&#x017F;t begrub. <note place="foot" n="2">Die&#x017F;e Nachricht (bei Nagy und A.) wird durch den Brief<lb/>
bei Katona 19, <hi rendition="#aq">p.</hi> 697 u&#x0364;ber das Auffinden des Leichnams be&#x017F;ta&#x0364;tigt.</note><lb/>
Dadurch ward die Niederlage nun vollends ent&#x017F;cheidend.<lb/>
Die vornehm&#x017F;ten Führer der Nation, der König, und ein<lb/>
großer Theil der Magnaten waren gefallen. <note place="foot" n="3">Katona <hi rendition="#aq">p. 703: Magna dehinc rerum conversio secuta fuit,<lb/>
pluribus et praesulibus et proceribus una hac dimicatione ex-<lb/>
stinctis.</hi></note> Fürs Er&#x017F;te<lb/>
war an keinen fernern Wider&#x017F;tand zu denken. Weit und<lb/>
breit wurde das Land wü&#x017F;te gelegt. Die Schlü&#x017F;&#x017F;el von<lb/>
Ofen wurden dem Sultan entgegengetragen, er hielt den<lb/>
Beiram da&#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Soliman hatte einen jener Siege erfochten, welche die<lb/>
Schick&#x017F;ale der Nationen auf lange Epochen be&#x017F;timmen. Die<lb/>
Weltmacht, an deren Spitze er &#x017F;tand, welche die islamiti-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0422] Viertes Buch. Viertes Capitel. nahm ſie die Reiterei der Sipahi in beide Flanken. Da konnte keine perſönliche Tapferkeit etwas helfen: die Ungern geriethen auf der Stelle in Unordnung: 1 ihre beſten Leute fielen, die übrigen warfen ſich in die Flucht. Auch der junge König mußte fliehen. Es war ihm nicht einmal be- ſchieden im Schlachtgetümmel zu fallen: noch viel elender kam er um. Hinter einem Schleſier her, der ihm den Weg zeigte, war er ſchon durch das ſchwarze Waſſer geſetzt, das die Ebene durchſchneidet: ſein Pferd klimmte bereits den Abhang des Ufers hinauf, als es ausgleitete, zurückſtürzte, und ſich ſammt dem Reiter in Waſſer und Moraſt begrub. 2 Dadurch ward die Niederlage nun vollends entſcheidend. Die vornehmſten Führer der Nation, der König, und ein großer Theil der Magnaten waren gefallen. 3 Fürs Erſte war an keinen fernern Widerſtand zu denken. Weit und breit wurde das Land wüſte gelegt. Die Schlüſſel von Ofen wurden dem Sultan entgegengetragen, er hielt den Beiram daſelbſt. Soliman hatte einen jener Siege erfochten, welche die Schickſale der Nationen auf lange Epochen beſtimmen. Die Weltmacht, an deren Spitze er ſtand, welche die islamiti- 1 Auszug aus des Heiducken Nagy Geſchichte des Mohacſer Feldzuges, erhalten in der osmaniſchen Geſchichte Petſchewi’s: (der merkwuͤrdige Fall, daß eine recht brauchbare occidentaliſche Erzaͤhlung uns aus einem orientaliſchen Werke zuruͤckkommt;) mitgetheilt von Hammer in Hormayrs Archiv Jahrg. 1827 nr. 15. 2 Dieſe Nachricht (bei Nagy und A.) wird durch den Brief bei Katona 19, p. 697 uͤber das Auffinden des Leichnams beſtaͤtigt. 3 Katona p. 703: Magna dehinc rerum conversio secuta fuit, pluribus et praesulibus et proceribus una hac dimicatione ex- stinctis.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/422
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/422>, abgerufen am 27.11.2024.