auf dem ungrischen Gebiet empfangen: das osmanische Heer war nun bei 300000 M. stark und wälzte sich die Do- nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: sein Ziel sey Ofen. Indessen sammelten sich diesseit um den König die Truppen einiger Gespannschaften, einzelner Ma- gnaten: einige vom Papst, einige von Polen besoldete Fähn- lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn seyn. 1
Vor allem wäre nun nothwendig gewesen, die Über- gänge der Drau zu besetzen, und dahin eilte der Palatin, der es wenigstens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine Anzahl Magnaten weigerten sich, ohne den König vorzu- rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu schla- gen, über die sein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber nahm. König Ludwig sagte: "ich sehe, mein Kopf soll für die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;" er be- gab sich auf die schicksalvolle Ebene von Mohacz: wirklich entschlossen, mit seinem geringen Haufen die ohne Vergleich überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.
Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei- sammen, die beiden mächtigsten Vasallen, der Ban von Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch: die böhmisch-mährischen Hülfsvölker waren noch nicht ein- getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige dabei, die je einer Feldschlacht beigewohnt. Die Anfüh- rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbischof von Colocza, der sich einst in ein paar Streifzügen
1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt er nicht genau an.
Viertes Buch. Viertes Capitel.
auf dem ungriſchen Gebiet empfangen: das osmaniſche Heer war nun bei 300000 M. ſtark und wälzte ſich die Do- nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: ſein Ziel ſey Ofen. Indeſſen ſammelten ſich dieſſeit um den König die Truppen einiger Geſpannſchaften, einzelner Ma- gnaten: einige vom Papſt, einige von Polen beſoldete Fähn- lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn ſeyn. 1
Vor allem wäre nun nothwendig geweſen, die Über- gänge der Drau zu beſetzen, und dahin eilte der Palatin, der es wenigſtens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine Anzahl Magnaten weigerten ſich, ohne den König vorzu- rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu ſchla- gen, über die ſein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber nahm. König Ludwig ſagte: „ich ſehe, mein Kopf ſoll für die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;“ er be- gab ſich auf die ſchickſalvolle Ebene von Mohacz: wirklich entſchloſſen, mit ſeinem geringen Haufen die ohne Vergleich überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.
Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei- ſammen, die beiden mächtigſten Vaſallen, der Ban von Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch: die böhmiſch-mähriſchen Hülfsvölker waren noch nicht ein- getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige dabei, die je einer Feldſchlacht beigewohnt. Die Anfüh- rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbiſchof von Colocza, der ſich einſt in ein paar Streifzügen
1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt er nicht genau an.
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Viertes Buch. Viertes Capitel.
auf dem ungriſchen Gebiet empfangen: das osmaniſche Heer
war nun bei 300000 M. ſtark und wälzte ſich die Do-
nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: ſein
Ziel ſey Ofen. Indeſſen ſammelten ſich dieſſeit um den
König die Truppen einiger Geſpannſchaften, einzelner Ma-
gnaten: einige vom Papſt, einige von Polen beſoldete Fähn-
lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn ſeyn. 1
Vor allem wäre nun nothwendig geweſen, die Über-
gänge der Drau zu beſetzen, und dahin eilte der Palatin,
der es wenigſtens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine
Anzahl Magnaten weigerten ſich, ohne den König vorzu-
rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu ſchla-
gen, über die ſein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber
nahm. König Ludwig ſagte: „ich ſehe, mein Kopf ſoll für
die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;“ er be-
gab ſich auf die ſchickſalvolle Ebene von Mohacz: wirklich
entſchloſſen, mit ſeinem geringen Haufen die ohne Vergleich
überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.
Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei-
ſammen, die beiden mächtigſten Vaſallen, der Ban von
Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch:
die böhmiſch-mähriſchen Hülfsvölker waren noch nicht ein-
getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in
Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige
dabei, die je einer Feldſchlacht beigewohnt. Die Anfüh-
rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbiſchof
von Colocza, der ſich einſt in ein paar Streifzügen
1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/420>, abgerufen am 27.11.2024.
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