Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Viertes Capitel.
auf dem ungrischen Gebiet empfangen: das osmanische Heer
war nun bei 300000 M. stark und wälzte sich die Do-
nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: sein
Ziel sey Ofen. Indessen sammelten sich diesseit um den
König die Truppen einiger Gespannschaften, einzelner Ma-
gnaten: einige vom Papst, einige von Polen besoldete Fähn-
lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn seyn. 1

Vor allem wäre nun nothwendig gewesen, die Über-
gänge der Drau zu besetzen, und dahin eilte der Palatin,
der es wenigstens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine
Anzahl Magnaten weigerten sich, ohne den König vorzu-
rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu schla-
gen, über die sein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber
nahm. König Ludwig sagte: "ich sehe, mein Kopf soll für
die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;" er be-
gab sich auf die schicksalvolle Ebene von Mohacz: wirklich
entschlossen, mit seinem geringen Haufen die ohne Vergleich
überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.

Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei-
sammen, die beiden mächtigsten Vasallen, der Ban von
Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch:
die böhmisch-mährischen Hülfsvölker waren noch nicht ein-
getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in
Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige
dabei, die je einer Feldschlacht beigewohnt. Die Anfüh-
rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbischof
von Colocza, der sich einst in ein paar Streifzügen

1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt
er nicht genau an.

Viertes Buch. Viertes Capitel.
auf dem ungriſchen Gebiet empfangen: das osmaniſche Heer
war nun bei 300000 M. ſtark und wälzte ſich die Do-
nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: ſein
Ziel ſey Ofen. Indeſſen ſammelten ſich dieſſeit um den
König die Truppen einiger Geſpannſchaften, einzelner Ma-
gnaten: einige vom Papſt, einige von Polen beſoldete Fähn-
lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn ſeyn. 1

Vor allem wäre nun nothwendig geweſen, die Über-
gänge der Drau zu beſetzen, und dahin eilte der Palatin,
der es wenigſtens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine
Anzahl Magnaten weigerten ſich, ohne den König vorzu-
rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu ſchla-
gen, über die ſein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber
nahm. König Ludwig ſagte: „ich ſehe, mein Kopf ſoll für
die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;“ er be-
gab ſich auf die ſchickſalvolle Ebene von Mohacz: wirklich
entſchloſſen, mit ſeinem geringen Haufen die ohne Vergleich
überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.

Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei-
ſammen, die beiden mächtigſten Vaſallen, der Ban von
Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch:
die böhmiſch-mähriſchen Hülfsvölker waren noch nicht ein-
getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in
Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige
dabei, die je einer Feldſchlacht beigewohnt. Die Anfüh-
rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbiſchof
von Colocza, der ſich einſt in ein paar Streifzügen

1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt
er nicht genau an.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0420" n="410"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
auf dem ungri&#x017F;chen Gebiet empfangen: das osmani&#x017F;che Heer<lb/>
war nun bei 300000 M. &#x017F;tark und wälzte &#x017F;ich die Do-<lb/>
nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: &#x017F;ein<lb/>
Ziel &#x017F;ey Ofen. Inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ammelten &#x017F;ich die&#x017F;&#x017F;eit um den<lb/>
König die Truppen einiger Ge&#x017F;pann&#x017F;chaften, einzelner Ma-<lb/>
gnaten: einige vom Pap&#x017F;t, einige von Polen be&#x017F;oldete Fähn-<lb/>
lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn &#x017F;eyn. <note place="foot" n="1">Darunter 4000 M. z. F. <hi rendition="#aq">Brod.</hi> 559. Die Reiterei giebt<lb/>
er nicht genau an.</note></p><lb/>
          <p>Vor allem wäre nun nothwendig gewe&#x017F;en, die Über-<lb/>
gänge der Drau zu be&#x017F;etzen, und dahin eilte der Palatin,<lb/>
der es wenig&#x017F;tens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine<lb/>
Anzahl Magnaten weigerten &#x017F;ich, ohne den König vorzu-<lb/>
rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu &#x017F;chla-<lb/>
gen, über die &#x017F;ein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber<lb/>
nahm. König Ludwig &#x017F;agte: &#x201E;ich &#x017F;ehe, mein Kopf &#x017F;oll für<lb/>
die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;&#x201C; er be-<lb/>
gab &#x017F;ich auf die &#x017F;chick&#x017F;alvolle Ebene von Mohacz: wirklich<lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, mit &#x017F;einem geringen Haufen die ohne Vergleich<lb/>
überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten.</p><lb/>
          <p>Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei-<lb/>
&#x017F;ammen, die beiden mächtig&#x017F;ten Va&#x017F;allen, der Ban von<lb/>
Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch:<lb/>
die böhmi&#x017F;ch-mähri&#x017F;chen Hülfsvölker waren noch nicht ein-<lb/>
getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in<lb/>
Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige<lb/>
dabei, die je einer Feld&#x017F;chlacht beigewohnt. Die Anfüh-<lb/>
rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbi&#x017F;chof<lb/>
von Colocza, der &#x017F;ich ein&#x017F;t in ein paar Streifzügen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[410/0420] Viertes Buch. Viertes Capitel. auf dem ungriſchen Gebiet empfangen: das osmaniſche Heer war nun bei 300000 M. ſtark und wälzte ſich die Do- nau aufwärts; Soliman ließ in dem Lager ausrufen: ſein Ziel ſey Ofen. Indeſſen ſammelten ſich dieſſeit um den König die Truppen einiger Geſpannſchaften, einzelner Ma- gnaten: einige vom Papſt, einige von Polen beſoldete Fähn- lein: in Tolna konnten 10 bis 12000 M. um ihn ſeyn. 1 Vor allem wäre nun nothwendig geweſen, die Über- gänge der Drau zu beſetzen, und dahin eilte der Palatin, der es wenigſtens an Eifer nicht fehlen ließ. Allein eine Anzahl Magnaten weigerten ſich, ohne den König vorzu- rücken. Soliman behielt Zeit, eine bequeme Brücke zu ſchla- gen, über die ſein Heer fünf Tage lang den Zug hinüber nahm. König Ludwig ſagte: „ich ſehe, mein Kopf ſoll für die ihren haften: wohlan! ich will ihn hintragen;“ er be- gab ſich auf die ſchickſalvolle Ebene von Mohacz: wirklich entſchloſſen, mit ſeinem geringen Haufen die ohne Vergleich überlegene Macht des Feindes in offenem Felde zu erwarten. Noch waren die Truppen des Reiches lange nicht bei- ſammen, die beiden mächtigſten Vaſallen, der Ban von Croatien, der Woiwode von Siebenbirgen fehlten noch: die böhmiſch-mähriſchen Hülfsvölker waren noch nicht ein- getroffen: mit allen neuen Zuzügen betrug das Heer in Mohacz 20 bis 24000 M. Es waren wohl nur Wenige dabei, die je einer Feldſchlacht beigewohnt. Die Anfüh- rung mußte einem Minoriten, Paul Tomory, Erzbiſchof von Colocza, der ſich einſt in ein paar Streifzügen 1 Darunter 4000 M. z. F. Brod. 559. Die Reiterei giebt er nicht genau an.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/420
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/420>, abgerufen am 27.11.2024.