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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Innere Unruhen.
schlug, beriefen seine Anhänger einen außerordentlichen Reichs-
tag nach Hatwan, auf dem sie den Versuch machten, alle Frem-
den zu entfernen, die ganze Regierung zu verändern und in
ihre eigne Hände zu nehmen. Den Palatin, Bathory, setzten
sie ab, und erhoben den vertrautesten Freund des Woiwoden,
Stephan Verböcz, an dessen Stelle. Von Zapolya selbst
zweifelte schon Niemand, daß er nach der Krone trachte.
"Der Woiwode," sagt eine venezianische Relation von 1523,
"ist ein guter Kopf, sehr gescheidt, allgemein beliebt: es
würde ihm nicht unangenehm seyn, wenn das Reich einen
Unfall erlitte: er würde es mit seiner eigenthümlichen Macht
wiedererobern und sich zum König machen." 1 "Er trachtet,"
fügt eine andre im Jahr 1525 hinzu, "mit allen Kräften
seines Geistes nach der Krone, und bereitet alles vor, um
sie zu erlangen."

Es war im Widerstand gegen diese so rasch auf das
letzte Ziel losgehende Macht eines Vasallen, daß dessen
Gegner, dadurch bedroht, sich im Frühjahr 1526 enger um
den Hof anschlossen, auf einer Reichsversammlung die Be-
schlüsse von Hatwan für ungültig erklärten, Bathory wie-
der einsetzten, und den König aufforderten, seine Autorität
endlich einmal zu brauchen. Die Königin war sehr bereit
dazu. Sie forderte eine völlige Freiheit der Finanzverwal-
tung, eine unmittelbare Abhängigkeit der Grenztruppen.
Schon warnte sie der päpstliche Nuntius, nicht allzuviel
Holz aus Feuer zu legen.


1 Relatione del Sr d'Orio 12 Dc. 1523. Saria contento
che quel regno si perdesse e poi lui con il favor de Transilvani
ricuperarlo e farsi re.

Innere Unruhen.
ſchlug, beriefen ſeine Anhänger einen außerordentlichen Reichs-
tag nach Hatwan, auf dem ſie den Verſuch machten, alle Frem-
den zu entfernen, die ganze Regierung zu verändern und in
ihre eigne Hände zu nehmen. Den Palatin, Bathory, ſetzten
ſie ab, und erhoben den vertrauteſten Freund des Woiwoden,
Stephan Verböcz, an deſſen Stelle. Von Zapolya ſelbſt
zweifelte ſchon Niemand, daß er nach der Krone trachte.
„Der Woiwode,“ ſagt eine venezianiſche Relation von 1523,
„iſt ein guter Kopf, ſehr geſcheidt, allgemein beliebt: es
würde ihm nicht unangenehm ſeyn, wenn das Reich einen
Unfall erlitte: er würde es mit ſeiner eigenthümlichen Macht
wiedererobern und ſich zum König machen.“ 1 „Er trachtet,“
fügt eine andre im Jahr 1525 hinzu, „mit allen Kräften
ſeines Geiſtes nach der Krone, und bereitet alles vor, um
ſie zu erlangen.“

Es war im Widerſtand gegen dieſe ſo raſch auf das
letzte Ziel losgehende Macht eines Vaſallen, daß deſſen
Gegner, dadurch bedroht, ſich im Frühjahr 1526 enger um
den Hof anſchloſſen, auf einer Reichsverſammlung die Be-
ſchlüſſe von Hatwan für ungültig erklärten, Bathory wie-
der einſetzten, und den König aufforderten, ſeine Autorität
endlich einmal zu brauchen. Die Königin war ſehr bereit
dazu. Sie forderte eine völlige Freiheit der Finanzverwal-
tung, eine unmittelbare Abhängigkeit der Grenztruppen.
Schon warnte ſie der päpſtliche Nuntius, nicht allzuviel
Holz aus Feuer zu legen.


1 Relatione del Sr d’Orio 12 Dc. 1523. Saria contento
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[407/0417] Innere Unruhen. ſchlug, beriefen ſeine Anhänger einen außerordentlichen Reichs- tag nach Hatwan, auf dem ſie den Verſuch machten, alle Frem- den zu entfernen, die ganze Regierung zu verändern und in ihre eigne Hände zu nehmen. Den Palatin, Bathory, ſetzten ſie ab, und erhoben den vertrauteſten Freund des Woiwoden, Stephan Verböcz, an deſſen Stelle. Von Zapolya ſelbſt zweifelte ſchon Niemand, daß er nach der Krone trachte. „Der Woiwode,“ ſagt eine venezianiſche Relation von 1523, „iſt ein guter Kopf, ſehr geſcheidt, allgemein beliebt: es würde ihm nicht unangenehm ſeyn, wenn das Reich einen Unfall erlitte: er würde es mit ſeiner eigenthümlichen Macht wiedererobern und ſich zum König machen.“ 1 „Er trachtet,“ fügt eine andre im Jahr 1525 hinzu, „mit allen Kräften ſeines Geiſtes nach der Krone, und bereitet alles vor, um ſie zu erlangen.“ Es war im Widerſtand gegen dieſe ſo raſch auf das letzte Ziel losgehende Macht eines Vaſallen, daß deſſen Gegner, dadurch bedroht, ſich im Frühjahr 1526 enger um den Hof anſchloſſen, auf einer Reichsverſammlung die Be- ſchlüſſe von Hatwan für ungültig erklärten, Bathory wie- der einſetzten, und den König aufforderten, ſeine Autorität endlich einmal zu brauchen. Die Königin war ſehr bereit dazu. Sie forderte eine völlige Freiheit der Finanzverwal- tung, eine unmittelbare Abhängigkeit der Grenztruppen. Schon warnte ſie der päpſtliche Nuntius, nicht allzuviel Holz aus Feuer zu legen. 1 Relatione del Sr d’Orio 12 Dc. 1523. Saria contento che quel regno si perdesse e poi lui con il favor de Transilvani ricuperarlo e farsi re.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/417>, abgerufen am 27.11.2024.