Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Viertes Buch. Erstes Capitel. die man vor dem Jahre gehegt, mit verdoppelter Stärke.Es galt jetzt nicht mehr einen Kampf der beiden Fürsten um die Oberherrschaft in Italien: König Franz wollte sich mit Asti und der Lehnsherrlichkeit über Genua begnügen: man hoffte wirklich Italien in den Zustand herzustellen, in welchem es vor 1494 gewesen war. Die Venezianer zeigten sich dafür so begeistert, wie man es in Rom war: ihr Gesandter Franz Foscari rühmt sich, er sey es, der den Papst bei seinem Entschlusse festgehalten habe: sie ver- sprachen Wunder zu thun. Über die Florentiner dispo- nirte der Papst ohnehin: auch von Piemont hörte man, der Herzog wünsche sich der kaiserlichen Übermacht zu ent- ledigen. Auf die Hülfe der Franzosen glaubte man mit Bestimmtheit zählen zu können, da der König selbst ein so großes Interesse an dem Kriege hatte; man rechnete mehr als je auf die Schweizer, weil der französische und der päpstliche Einfluß auf den Tagsatzungen zusammenwirken werde; man hoffte, der König von England werde die Pro- tection des Bundes übernehmen, die man ihm antrug, oder sich doch wenigstens zu Geldzahlungen verstehn. Sollte das kaiserliche Heer so vielen Kräften zu widerstehen ver- mögen? Noch immer hielt sich Franz Sforza in dem Ca- stell von Mailand: in dem Volke bereitete sich alles zum Aufruhr: man meinte den Kern der kaiserlichen Truppen hier zur Stelle vernichten zu können. 1 Alle Briefe des 1 Giberti an Don Michele de Silva 1 Juli. Lre di pnpi
I, 230. Vgl. Provisioni per la guerra che disegno Pp. Clemente VII contra l'imperatore. Inform. Politt. Tom. XII, nr. 46. Es ergiebt sich daraus, daß man zugleich gegen Mailand, Genua, Neapel und auch Siena, wo die kaiserliche Partei im Vortheil war, zu agiren Viertes Buch. Erſtes Capitel. die man vor dem Jahre gehegt, mit verdoppelter Stärke.Es galt jetzt nicht mehr einen Kampf der beiden Fürſten um die Oberherrſchaft in Italien: König Franz wollte ſich mit Aſti und der Lehnsherrlichkeit über Genua begnügen: man hoffte wirklich Italien in den Zuſtand herzuſtellen, in welchem es vor 1494 geweſen war. Die Venezianer zeigten ſich dafür ſo begeiſtert, wie man es in Rom war: ihr Geſandter Franz Foscari rühmt ſich, er ſey es, der den Papſt bei ſeinem Entſchluſſe feſtgehalten habe: ſie ver- ſprachen Wunder zu thun. Über die Florentiner dispo- nirte der Papſt ohnehin: auch von Piemont hörte man, der Herzog wünſche ſich der kaiſerlichen Übermacht zu ent- ledigen. Auf die Hülfe der Franzoſen glaubte man mit Beſtimmtheit zählen zu können, da der König ſelbſt ein ſo großes Intereſſe an dem Kriege hatte; man rechnete mehr als je auf die Schweizer, weil der franzöſiſche und der päpſtliche Einfluß auf den Tagſatzungen zuſammenwirken werde; man hoffte, der König von England werde die Pro- tection des Bundes übernehmen, die man ihm antrug, oder ſich doch wenigſtens zu Geldzahlungen verſtehn. Sollte das kaiſerliche Heer ſo vielen Kräften zu widerſtehen ver- mögen? Noch immer hielt ſich Franz Sforza in dem Ca- ſtell von Mailand: in dem Volke bereitete ſich alles zum Aufruhr: man meinte den Kern der kaiſerlichen Truppen hier zur Stelle vernichten zu können. 1 Alle Briefe des 1 Giberti an Don Michele de Silva 1 Juli. Lre di pn̅pi
I, 230. Vgl. Provisioni per la guerra che disegnò Pp. Clemente VII contra l’imperatore. Inform. Politt. Tom. XII, nr. 46. Es ergiebt ſich daraus, daß man zugleich gegen Mailand, Genua, Neapel und auch Siena, wo die kaiſerliche Partei im Vortheil war, zu agiren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0354" n="344"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Viertes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> die man vor dem Jahre gehegt, mit verdoppelter Stärke.<lb/> Es galt jetzt nicht mehr einen Kampf der beiden Fürſten<lb/> um die Oberherrſchaft in Italien: König Franz wollte ſich<lb/> mit Aſti und der Lehnsherrlichkeit über Genua begnügen:<lb/> man hoffte wirklich Italien in den Zuſtand herzuſtellen,<lb/> in welchem es vor 1494 geweſen war. Die Venezianer<lb/> zeigten ſich dafür ſo begeiſtert, wie man es in Rom war:<lb/> ihr Geſandter Franz Foscari rühmt ſich, er ſey es, der<lb/> den Papſt bei ſeinem Entſchluſſe feſtgehalten habe: ſie ver-<lb/> ſprachen Wunder zu thun. Über die Florentiner dispo-<lb/> nirte der Papſt ohnehin: auch von Piemont hörte man,<lb/> der Herzog wünſche ſich der kaiſerlichen Übermacht zu ent-<lb/> ledigen. Auf die Hülfe der Franzoſen glaubte man mit<lb/> Beſtimmtheit zählen zu können, da der König ſelbſt ein ſo<lb/> großes Intereſſe an dem Kriege hatte; man rechnete mehr<lb/> als je auf die Schweizer, weil der franzöſiſche und der<lb/> päpſtliche Einfluß auf den Tagſatzungen zuſammenwirken<lb/> werde; man hoffte, der König von England werde die Pro-<lb/> tection des Bundes übernehmen, die man ihm antrug, oder<lb/> ſich doch wenigſtens zu Geldzahlungen verſtehn. Sollte<lb/> das kaiſerliche Heer ſo vielen Kräften zu widerſtehen ver-<lb/> mögen? Noch immer hielt ſich Franz Sforza in dem Ca-<lb/> ſtell von Mailand: in dem Volke bereitete ſich alles zum<lb/> Aufruhr: man meinte den Kern der kaiſerlichen Truppen<lb/> hier zur Stelle vernichten zu können. <note xml:id="seg2pn_32_1" next="#seg2pn_32_2" place="foot" n="1">Giberti an Don Michele de Silva 1 Juli. <hi rendition="#aq">Lre di pn̅pi<lb/> I,</hi> 230. Vgl. <hi rendition="#aq">Provisioni per la guerra che disegnò Pp. Clemente VII<lb/> contra l’imperatore. Inform. Politt. Tom. XII, nr.</hi> 46. Es ergiebt<lb/> ſich daraus, daß man zugleich gegen Mailand, Genua, Neapel und<lb/> auch Siena, wo die kaiſerliche Partei im Vortheil war, zu agiren</note> Alle Briefe des<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [344/0354]
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
die man vor dem Jahre gehegt, mit verdoppelter Stärke.
Es galt jetzt nicht mehr einen Kampf der beiden Fürſten
um die Oberherrſchaft in Italien: König Franz wollte ſich
mit Aſti und der Lehnsherrlichkeit über Genua begnügen:
man hoffte wirklich Italien in den Zuſtand herzuſtellen,
in welchem es vor 1494 geweſen war. Die Venezianer
zeigten ſich dafür ſo begeiſtert, wie man es in Rom war:
ihr Geſandter Franz Foscari rühmt ſich, er ſey es, der
den Papſt bei ſeinem Entſchluſſe feſtgehalten habe: ſie ver-
ſprachen Wunder zu thun. Über die Florentiner dispo-
nirte der Papſt ohnehin: auch von Piemont hörte man,
der Herzog wünſche ſich der kaiſerlichen Übermacht zu ent-
ledigen. Auf die Hülfe der Franzoſen glaubte man mit
Beſtimmtheit zählen zu können, da der König ſelbſt ein ſo
großes Intereſſe an dem Kriege hatte; man rechnete mehr
als je auf die Schweizer, weil der franzöſiſche und der
päpſtliche Einfluß auf den Tagſatzungen zuſammenwirken
werde; man hoffte, der König von England werde die Pro-
tection des Bundes übernehmen, die man ihm antrug, oder
ſich doch wenigſtens zu Geldzahlungen verſtehn. Sollte
das kaiſerliche Heer ſo vielen Kräften zu widerſtehen ver-
mögen? Noch immer hielt ſich Franz Sforza in dem Ca-
ſtell von Mailand: in dem Volke bereitete ſich alles zum
Aufruhr: man meinte den Kern der kaiſerlichen Truppen
hier zur Stelle vernichten zu können. 1 Alle Briefe des
1 Giberti an Don Michele de Silva 1 Juli. Lre di pn̅pi
I, 230. Vgl. Provisioni per la guerra che disegnò Pp. Clemente VII
contra l’imperatore. Inform. Politt. Tom. XII, nr. 46. Es ergiebt
ſich daraus, daß man zugleich gegen Mailand, Genua, Neapel und
auch Siena, wo die kaiſerliche Partei im Vortheil war, zu agiren
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