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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
Sforza, der die Wiederherstellung seines Herrn mit so viel
Verstand vorbereitet und mit so großer Thätigkeit beför-
dert hatte, der auch jetzt die Fäden der Umtriebe in sei-
ner Hand vereinigte, faßte sich eines Tages das Herz, dem
Marchese die Eröffnung zu machen. Er ließ sich im Vor-
aus sein Ehrenwort geben, ewig geheim halten zu wol-
len was er ihm sagen werde. Nachdem er dann die po-
litische Lage von Europa erörtert, kam er auf die Mög-
lichkeit, die sich den Italienern, zu denen auch Pescara ge-
höre, darbiete, sich von dem fremden Joch zu befreien: er
sprach ihm von dem Zutraun das man zu ihm gefaßt, der
That die man von ihm erwarte: er nannte ihm endlich den
Preis den man ihm dafür zudenke. 1

Gar mancherlei widersprechende Bewegungen mag die-
ser Antrag in Pescara angeregt haben. Die Aussicht die
sich ihm darbot war glänzend, unermeßlich, -- er empfand
doch wirklich Mißvergnügen über den Hof; -- dagegen ent-
rüstete ihn die Treulosigkeit der Italiener, sein altspanisches
Blut wallte ihm auf; -- zugleich leuchtete ihm die Nothwen-
digkeit ein, er fühlte den Trieb, der Sache auf den Grund zu
kommen. Der verschlagene Kriegsmann, der so manchen Feind
im rechten Moment überrascht und sich nie in seinem Leben
blosgegeben, nahm sich auch dieß Mal zusammen. "Es ist
etwas Großes," entgegnete er Morone'n, "was ihr mir da

1 Wie weit man gieng, ergiebt sich aus der oft erwähnten
Antwort des Kaisers: Cum audivisset marchio nuncium ad id
per vestram sanctitatem transmissum, eidem sui parte, ut ait,
offerentem sub cujusdam apostolici brevis credentia regni nostri
Neapolitani investituram et possessionem - - - - ut inde Sancti-
tas Vestra nos etiam ab omni imperiali dignitate deponeret.

(Goldast Pol. Imp. 997.)

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Sforza, der die Wiederherſtellung ſeines Herrn mit ſo viel
Verſtand vorbereitet und mit ſo großer Thätigkeit beför-
dert hatte, der auch jetzt die Fäden der Umtriebe in ſei-
ner Hand vereinigte, faßte ſich eines Tages das Herz, dem
Marcheſe die Eröffnung zu machen. Er ließ ſich im Vor-
aus ſein Ehrenwort geben, ewig geheim halten zu wol-
len was er ihm ſagen werde. Nachdem er dann die po-
litiſche Lage von Europa erörtert, kam er auf die Mög-
lichkeit, die ſich den Italienern, zu denen auch Pescara ge-
höre, darbiete, ſich von dem fremden Joch zu befreien: er
ſprach ihm von dem Zutraun das man zu ihm gefaßt, der
That die man von ihm erwarte: er nannte ihm endlich den
Preis den man ihm dafür zudenke. 1

Gar mancherlei widerſprechende Bewegungen mag die-
ſer Antrag in Pescara angeregt haben. Die Ausſicht die
ſich ihm darbot war glänzend, unermeßlich, — er empfand
doch wirklich Mißvergnügen über den Hof; — dagegen ent-
rüſtete ihn die Treuloſigkeit der Italiener, ſein altſpaniſches
Blut wallte ihm auf; — zugleich leuchtete ihm die Nothwen-
digkeit ein, er fühlte den Trieb, der Sache auf den Grund zu
kommen. Der verſchlagene Kriegsmann, der ſo manchen Feind
im rechten Moment überraſcht und ſich nie in ſeinem Leben
blosgegeben, nahm ſich auch dieß Mal zuſammen. „Es iſt
etwas Großes,“ entgegnete er Morone’n, „was ihr mir da

1 Wie weit man gieng, ergiebt ſich aus der oft erwaͤhnten
Antwort des Kaiſers: Cum audivisset marchio nuncium ad id
per vestram sanctitatem transmissum, eidem sui parte, ut ait,
offerentem sub cujusdam apostolici brevis credentia regni nostri
Neapolitani investituram et possessionem ‒ ‒ ‒ ‒ ut inde Sancti-
tas Vestra nos etiam ab omni imperiali dignitate deponeret.

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[330/0340] Viertes Buch. Erſtes Capitel. Sforza, der die Wiederherſtellung ſeines Herrn mit ſo viel Verſtand vorbereitet und mit ſo großer Thätigkeit beför- dert hatte, der auch jetzt die Fäden der Umtriebe in ſei- ner Hand vereinigte, faßte ſich eines Tages das Herz, dem Marcheſe die Eröffnung zu machen. Er ließ ſich im Vor- aus ſein Ehrenwort geben, ewig geheim halten zu wol- len was er ihm ſagen werde. Nachdem er dann die po- litiſche Lage von Europa erörtert, kam er auf die Mög- lichkeit, die ſich den Italienern, zu denen auch Pescara ge- höre, darbiete, ſich von dem fremden Joch zu befreien: er ſprach ihm von dem Zutraun das man zu ihm gefaßt, der That die man von ihm erwarte: er nannte ihm endlich den Preis den man ihm dafür zudenke. 1 Gar mancherlei widerſprechende Bewegungen mag die- ſer Antrag in Pescara angeregt haben. Die Ausſicht die ſich ihm darbot war glänzend, unermeßlich, — er empfand doch wirklich Mißvergnügen über den Hof; — dagegen ent- rüſtete ihn die Treuloſigkeit der Italiener, ſein altſpaniſches Blut wallte ihm auf; — zugleich leuchtete ihm die Nothwen- digkeit ein, er fühlte den Trieb, der Sache auf den Grund zu kommen. Der verſchlagene Kriegsmann, der ſo manchen Feind im rechten Moment überraſcht und ſich nie in ſeinem Leben blosgegeben, nahm ſich auch dieß Mal zuſammen. „Es iſt etwas Großes,“ entgegnete er Morone’n, „was ihr mir da 1 Wie weit man gieng, ergiebt ſich aus der oft erwaͤhnten Antwort des Kaiſers: Cum audivisset marchio nuncium ad id per vestram sanctitatem transmissum, eidem sui parte, ut ait, offerentem sub cujusdam apostolici brevis credentia regni nostri Neapolitani investituram et possessionem ‒ ‒ ‒ ‒ ut inde Sancti- tas Vestra nos etiam ab omni imperiali dignitate deponeret. (Goldaſt Pol. Imp. 997.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/340>, abgerufen am 22.11.2024.