Auch noch eine andre Partei aber gab es in der Schweiz, die sich zu Frankreich hielt: die schon 1515 die Entzweiung in dem ausgezogenen Kriegsheer veranlaßt, hierauf den ewigen Frieden mit Frankreich durchgesetzt hatte, zwar nicht eben darauf drang, den König zum Kaiser zu erheben, wodurch er legitime Ansprüche auf sie erlangt haben würde, aber von dieser Besorgniß frei nun um so lebhafter in das engste Verhältniß mit dieser Macht zu treten wünschte. Die Fran- zosen thaten alles, um sie festzuhalten und zu unterstützen. Ihr Mittel war einfach und unfehlbar. Sie versprachen öffentlich Pensionen und wandten insgeheim Bestechung an; Anshelm versichert, es seyen nicht allein die Mitglie- der der Räthe und Bürgerschaften, sondern auch die lau- testen Wortführer in den Landgemeinden bestochen worden: mancher habe sich mit 10 G. abfinden lassen, in manches Haus dagegen seyen 3000 G. geflossen. 1 Es fehlte wohl nicht an Widerspruch. Man bemerkte wie ein ungleiches Verhältniß die Verpflichtung begründe, daß jeder Theil die Besitzungen des andern vertheidigen solle: die Eidgenos- senschaft die weitläuftigen Länder des Königs diesseit und jenseit des Gebirges: der König das enge schweizerische Ge- biet: man sagte, Franz I werde durch Werbungen und Pen- sionen so gut Herr in der Eidgenossenschaft; 2 allein da die Majoritäten weniger durch Argumente als durch Interessen bestimmt zu werden pflegen, richtete man damit nichts aus: es ward erwiedert, einen Rückhalt für unvorhergesehene
1 Anshelm Berner Chronik VI, p. 25.
2 Gegengründe besonders in dem Fürtrag der Stadt Zürich an ihre Landschaft bei Bullinger I, p. 42.
Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Auch noch eine andre Partei aber gab es in der Schweiz, die ſich zu Frankreich hielt: die ſchon 1515 die Entzweiung in dem ausgezogenen Kriegsheer veranlaßt, hierauf den ewigen Frieden mit Frankreich durchgeſetzt hatte, zwar nicht eben darauf drang, den König zum Kaiſer zu erheben, wodurch er legitime Anſprüche auf ſie erlangt haben würde, aber von dieſer Beſorgniß frei nun um ſo lebhafter in das engſte Verhältniß mit dieſer Macht zu treten wünſchte. Die Fran- zoſen thaten alles, um ſie feſtzuhalten und zu unterſtützen. Ihr Mittel war einfach und unfehlbar. Sie verſprachen öffentlich Penſionen und wandten insgeheim Beſtechung an; Anshelm verſichert, es ſeyen nicht allein die Mitglie- der der Räthe und Bürgerſchaften, ſondern auch die lau- teſten Wortführer in den Landgemeinden beſtochen worden: mancher habe ſich mit 10 G. abfinden laſſen, in manches Haus dagegen ſeyen 3000 G. gefloſſen. 1 Es fehlte wohl nicht an Widerſpruch. Man bemerkte wie ein ungleiches Verhältniß die Verpflichtung begründe, daß jeder Theil die Beſitzungen des andern vertheidigen ſolle: die Eidgenoſ- ſenſchaft die weitläuftigen Länder des Königs dieſſeit und jenſeit des Gebirges: der König das enge ſchweizeriſche Ge- biet: man ſagte, Franz I werde durch Werbungen und Pen- ſionen ſo gut Herr in der Eidgenoſſenſchaft; 2 allein da die Majoritäten weniger durch Argumente als durch Intereſſen beſtimmt zu werden pflegen, richtete man damit nichts aus: es ward erwiedert, einen Rückhalt für unvorhergeſehene
1 Anshelm Berner Chronik VI, p. 25.
2 Gegengruͤnde beſonders in dem Fuͤrtrag der Stadt Zuͤrich an ihre Landſchaft bei Bullinger I, p. 42.
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Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Auch noch eine andre Partei aber gab es in der Schweiz,
die ſich zu Frankreich hielt: die ſchon 1515 die Entzweiung in
dem ausgezogenen Kriegsheer veranlaßt, hierauf den ewigen
Frieden mit Frankreich durchgeſetzt hatte, zwar nicht eben
darauf drang, den König zum Kaiſer zu erheben, wodurch
er legitime Anſprüche auf ſie erlangt haben würde, aber
von dieſer Beſorgniß frei nun um ſo lebhafter in das engſte
Verhältniß mit dieſer Macht zu treten wünſchte. Die Fran-
zoſen thaten alles, um ſie feſtzuhalten und zu unterſtützen.
Ihr Mittel war einfach und unfehlbar. Sie verſprachen
öffentlich Penſionen und wandten insgeheim Beſtechung
an; Anshelm verſichert, es ſeyen nicht allein die Mitglie-
der der Räthe und Bürgerſchaften, ſondern auch die lau-
teſten Wortführer in den Landgemeinden beſtochen worden:
mancher habe ſich mit 10 G. abfinden laſſen, in manches
Haus dagegen ſeyen 3000 G. gefloſſen. 1 Es fehlte wohl
nicht an Widerſpruch. Man bemerkte wie ein ungleiches
Verhältniß die Verpflichtung begründe, daß jeder Theil
die Beſitzungen des andern vertheidigen ſolle: die Eidgenoſ-
ſenſchaft die weitläuftigen Länder des Königs dieſſeit und
jenſeit des Gebirges: der König das enge ſchweizeriſche Ge-
biet: man ſagte, Franz I werde durch Werbungen und Pen-
ſionen ſo gut Herr in der Eidgenoſſenſchaft; 2 allein da die
Majoritäten weniger durch Argumente als durch Intereſſen
beſtimmt zu werden pflegen, richtete man damit nichts aus:
es ward erwiedert, einen Rückhalt für unvorhergeſehene
1 Anshelm Berner Chronik VI, p. 25.
2 Gegengruͤnde beſonders in dem Fuͤrtrag der Stadt Zuͤrich
an ihre Landſchaft bei Bullinger I, p. 42.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/272>, abgerufen am 30.11.2024.
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