Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.Drittes Buch. Sechstes Capitel. ken dasselbe Verfahren einschlug, welches Müller auf demSchwarzwald angekündigt. Um frei zu werden, beschloß man die einzelnen Herrschaften zu nöthigen, die zwölf Ar- tikel anzunehmen: jedoch immer unter den localen Modi- ficationen die man nöthig erachtete und mit dem Vorbe- halt weiterer Reformen. Unverweilt schritt man an dieß Werk. Zwei Haufen begaben sich ins Feld, der eine, der sich den schwarzen nannte, von Rothenburg her, unter Hans Kolbenschlag, der andre, der helle, vom Odenwald unter Georg Metzler. Die fränkischen Bauern hatten es bei weitem leichter als die schwäbischen: kein Bundesheer trat ihnen entgegen; der Junker von Rosenberg, der Com- thur des deutschen Ordens zu Mergentheim, 1 die Grafen von Hohenlohe und Löwenstein wurden genöthigt, die Be- dingungen zu unterschreiben die ihnen die Bauern mach- ten, und sich der Reform, die sie einführen würden, im Voraus zu unterwerfen. Die Grafen Georg und Albrecht von Hohenlohe bequemten sich, auf dem Grünbühl vor dem Heere der Bauern zu erscheinen: "Bruder Georg und Bruder Albrecht," rief ihnen ein Keßler von Öhringen zu, "kommt her und gelobt den Bauern, bei ihnen als Brü- der zu halten, denn auch ihr seyd nun nicht mehr Herrn, sondern Bauern." 2 Wehe denen, die sich widersetzten, wie Graf Helfenstein in Weinsberg. In den Bauern entzün- dete sich bei dem ersten Widerstand ihre angeborne Roheit zu dem wildesten, übermüthigsten Blutdurst: sie schwuren 1 Verschreibung Diedrichs von Clee, Maister Teutschordens, in den Urkk. bei Öchsle. Vgl. diese Schrift selbst p. 135. 2 Schreiben des Grafen Georg an die Stadt Hall Dienst.
nach Palm. bei Öchsle 271. Drittes Buch. Sechstes Capitel. ken daſſelbe Verfahren einſchlug, welches Müller auf demSchwarzwald angekündigt. Um frei zu werden, beſchloß man die einzelnen Herrſchaften zu nöthigen, die zwölf Ar- tikel anzunehmen: jedoch immer unter den localen Modi- ficationen die man nöthig erachtete und mit dem Vorbe- halt weiterer Reformen. Unverweilt ſchritt man an dieß Werk. Zwei Haufen begaben ſich ins Feld, der eine, der ſich den ſchwarzen nannte, von Rothenburg her, unter Hans Kolbenſchlag, der andre, der helle, vom Odenwald unter Georg Metzler. Die fränkiſchen Bauern hatten es bei weitem leichter als die ſchwäbiſchen: kein Bundesheer trat ihnen entgegen; der Junker von Roſenberg, der Com- thur des deutſchen Ordens zu Mergentheim, 1 die Grafen von Hohenlohe und Löwenſtein wurden genöthigt, die Be- dingungen zu unterſchreiben die ihnen die Bauern mach- ten, und ſich der Reform, die ſie einführen würden, im Voraus zu unterwerfen. Die Grafen Georg und Albrecht von Hohenlohe bequemten ſich, auf dem Grünbühl vor dem Heere der Bauern zu erſcheinen: „Bruder Georg und Bruder Albrecht,“ rief ihnen ein Keßler von Öhringen zu, „kommt her und gelobt den Bauern, bei ihnen als Brü- der zu halten, denn auch ihr ſeyd nun nicht mehr Herrn, ſondern Bauern.“ 2 Wehe denen, die ſich widerſetzten, wie Graf Helfenſtein in Weinsberg. In den Bauern entzün- dete ſich bei dem erſten Widerſtand ihre angeborne Roheit zu dem wildeſten, übermüthigſten Blutdurſt: ſie ſchwuren 1 Verſchreibung Diedrichs von Clee, Maiſter Teutſchordens, in den Urkk. bei Oͤchsle. Vgl. dieſe Schrift ſelbſt p. 135. 2 Schreiben des Grafen Georg an die Stadt Hall Dienſt.
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Drittes Buch. Sechstes Capitel.
ken daſſelbe Verfahren einſchlug, welches Müller auf dem
Schwarzwald angekündigt. Um frei zu werden, beſchloß
man die einzelnen Herrſchaften zu nöthigen, die zwölf Ar-
tikel anzunehmen: jedoch immer unter den localen Modi-
ficationen die man nöthig erachtete und mit dem Vorbe-
halt weiterer Reformen. Unverweilt ſchritt man an dieß
Werk. Zwei Haufen begaben ſich ins Feld, der eine, der
ſich den ſchwarzen nannte, von Rothenburg her, unter
Hans Kolbenſchlag, der andre, der helle, vom Odenwald
unter Georg Metzler. Die fränkiſchen Bauern hatten es
bei weitem leichter als die ſchwäbiſchen: kein Bundesheer
trat ihnen entgegen; der Junker von Roſenberg, der Com-
thur des deutſchen Ordens zu Mergentheim, 1 die Grafen
von Hohenlohe und Löwenſtein wurden genöthigt, die Be-
dingungen zu unterſchreiben die ihnen die Bauern mach-
ten, und ſich der Reform, die ſie einführen würden, im
Voraus zu unterwerfen. Die Grafen Georg und Albrecht
von Hohenlohe bequemten ſich, auf dem Grünbühl vor
dem Heere der Bauern zu erſcheinen: „Bruder Georg und
Bruder Albrecht,“ rief ihnen ein Keßler von Öhringen zu,
„kommt her und gelobt den Bauern, bei ihnen als Brü-
der zu halten, denn auch ihr ſeyd nun nicht mehr Herrn,
ſondern Bauern.“ 2 Wehe denen, die ſich widerſetzten, wie
Graf Helfenſtein in Weinsberg. In den Bauern entzün-
dete ſich bei dem erſten Widerſtand ihre angeborne Roheit
zu dem wildeſten, übermüthigſten Blutdurſt: ſie ſchwuren
1 Verſchreibung Diedrichs von Clee, Maiſter Teutſchordens,
in den Urkk. bei Oͤchsle. Vgl. dieſe Schrift ſelbſt p. 135.
2 Schreiben des Grafen Georg an die Stadt Hall Dienſt.
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