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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Fünftes Capitel.
tigung persönlicher Würdigkeit. Die Prediger wurden zu
größerem Ernst, zur Vermeidung aller Mährchen und un-
haltbaren Behauptungen, die Priester zu sittlichem unsträf-
lichem Wandel angewiesen. 1

Wir werden nicht irren, wenn wir diese Beschlüsse
als die erste Wirkung der Reformationsbewegung auf eine
innere Restauration des Katholicismus bezeichnen. Wie
die Verbindung des Fürstenthums mit dem Papstthum
dem politischen, so entsprach dieser Versuch, der zunächst
freilich sehr unvollständig ausfiel, dem religiösen Bedürf-
niß, aus dem das reformatorische Wesen hervorgegangen.
Bestrebungen, die gewiß wichtiger und einflußreicher ge-
wesen sind, als man bisher auch auf der katholischen Seite
angenommen hat: der moderne Katholicismus beruht zum
Theil darauf; allein kein Mensch dürfte sie doch in Tiefe
der religiösen Anschauung, oder weltumfassender, in den Lauf
der Jahrhunderte eingreifender Genialität, in Kraft und
Innerlichkeit des Antriebes mit den Bewegungen verglei-
chen, denen Luther den Namen gab, die um ihn her ihren
Mittelpunct hatten. Man eignete sich nur die Analogien
der letztern an: damit dachte man sich ihnen gegenüber zu
halten. Es ist alles ungefähr wie Doctor Eck auf Cam-
peggi's Veranlassung dem Buche Loci communes von

1 Constitutio ad removendos abusus et ordinatio ad vitam
Cleri reformandam per revdum Dm - - Laurentium etc. Ratis-
ponae nonis Julii
bei Goldast Constitutt. Impp. III, 487. Was
Strobel aus einem alten Druck, der auch mir vorliegt, mittheilte
(Misc. II, p. 109 etc.) umfaßt doch keineswegs den ganzen Inhalt
der Constitution. Namentlich ist die Abschaffung einer großen An-
zahl von Festtagen im 21sten Artikel, die bis auf weniges den spä-
tern protestantischen Einrichtungen entspricht, sehr bemerkenswerth.

Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel.
tigung perſönlicher Würdigkeit. Die Prediger wurden zu
größerem Ernſt, zur Vermeidung aller Mährchen und un-
haltbaren Behauptungen, die Prieſter zu ſittlichem unſträf-
lichem Wandel angewieſen. 1

Wir werden nicht irren, wenn wir dieſe Beſchlüſſe
als die erſte Wirkung der Reformationsbewegung auf eine
innere Reſtauration des Katholicismus bezeichnen. Wie
die Verbindung des Fürſtenthums mit dem Papſtthum
dem politiſchen, ſo entſprach dieſer Verſuch, der zunächſt
freilich ſehr unvollſtändig ausfiel, dem religiöſen Bedürf-
niß, aus dem das reformatoriſche Weſen hervorgegangen.
Beſtrebungen, die gewiß wichtiger und einflußreicher ge-
weſen ſind, als man bisher auch auf der katholiſchen Seite
angenommen hat: der moderne Katholicismus beruht zum
Theil darauf; allein kein Menſch dürfte ſie doch in Tiefe
der religiöſen Anſchauung, oder weltumfaſſender, in den Lauf
der Jahrhunderte eingreifender Genialität, in Kraft und
Innerlichkeit des Antriebes mit den Bewegungen verglei-
chen, denen Luther den Namen gab, die um ihn her ihren
Mittelpunct hatten. Man eignete ſich nur die Analogien
der letztern an: damit dachte man ſich ihnen gegenüber zu
halten. Es iſt alles ungefähr wie Doctor Eck auf Cam-
peggi’s Veranlaſſung dem Buche Loci communes von

1 Constitutio ad removendos abusus et ordinatio ad vitam
Cleri reformandam per revdum Dm ‒ ‒ Laurentium etc. Ratis-
ponae nonis Julii
bei Goldaſt Constitutt. Impp. III, 487. Was
Strobel aus einem alten Druck, der auch mir vorliegt, mittheilte
(Misc. II, p. 109 etc.) umfaßt doch keineswegs den ganzen Inhalt
der Conſtitution. Namentlich iſt die Abſchaffung einer großen An-
zahl von Feſttagen im 21ſten Artikel, die bis auf weniges den ſpaͤ-
tern proteſtantiſchen Einrichtungen entſpricht, ſehr bemerkenswerth.
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[162/0172] Drittes Buch. Fuͤnftes Capitel. tigung perſönlicher Würdigkeit. Die Prediger wurden zu größerem Ernſt, zur Vermeidung aller Mährchen und un- haltbaren Behauptungen, die Prieſter zu ſittlichem unſträf- lichem Wandel angewieſen. 1 Wir werden nicht irren, wenn wir dieſe Beſchlüſſe als die erſte Wirkung der Reformationsbewegung auf eine innere Reſtauration des Katholicismus bezeichnen. Wie die Verbindung des Fürſtenthums mit dem Papſtthum dem politiſchen, ſo entſprach dieſer Verſuch, der zunächſt freilich ſehr unvollſtändig ausfiel, dem religiöſen Bedürf- niß, aus dem das reformatoriſche Weſen hervorgegangen. Beſtrebungen, die gewiß wichtiger und einflußreicher ge- weſen ſind, als man bisher auch auf der katholiſchen Seite angenommen hat: der moderne Katholicismus beruht zum Theil darauf; allein kein Menſch dürfte ſie doch in Tiefe der religiöſen Anſchauung, oder weltumfaſſender, in den Lauf der Jahrhunderte eingreifender Genialität, in Kraft und Innerlichkeit des Antriebes mit den Bewegungen verglei- chen, denen Luther den Namen gab, die um ihn her ihren Mittelpunct hatten. Man eignete ſich nur die Analogien der letztern an: damit dachte man ſich ihnen gegenüber zu halten. Es iſt alles ungefähr wie Doctor Eck auf Cam- peggi’s Veranlaſſung dem Buche Loci communes von 1 Constitutio ad removendos abusus et ordinatio ad vitam Cleri reformandam per revdum Dm ‒ ‒ Laurentium etc. Ratis- ponae nonis Julii bei Goldaſt Constitutt. Impp. III, 487. Was Strobel aus einem alten Druck, der auch mir vorliegt, mittheilte (Misc. II, p. 109 etc.) umfaßt doch keineswegs den ganzen Inhalt der Conſtitution. Namentlich iſt die Abſchaffung einer großen An- zahl von Feſttagen im 21ſten Artikel, die bis auf weniges den ſpaͤ- tern proteſtantiſchen Einrichtungen entſpricht, ſehr bemerkenswerth.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/172>, abgerufen am 25.11.2024.