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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Idee des spätern Kaiserthums.
willigung, so hatte jetzt Pius II den Churfürsten Diether
von Mainz sogar verpflichten wollen, keine solche Versamm-
lung zu berufen ohne die Einwilligung des päpstlichen
Stuhles. Es war der Hauptanlaß seiner Entzweiung mit
Diether, daß dieser darauf nicht eingehen wollte. Pius
verhehlte dem Kaiser nicht, daß auch er sich durch die Be-
wegungen im Reiche gefährdet sehe. Seinem Einfluß und
der Tapferkeit des Markgrafen Albrecht Achilles von Bran-
denburg vor allem war es zuzuschreiben, daß sie in nichts
zerstoben.

Seitdem finden wir nun die kaiserliche und die päpst-
liche Macht, denen ihr gegenseitig sich ergänzendes Ver-
hältniß zum Bewußtseyn gekommen, inniger als jemals mit
einander vereint.

Die Reichstage werden unter ihrer vereinten Autori-
tät gehalten; sie heißen königliche und päpstliche, päpstliche
und kaiserliche Tage; wir sehen die päpstlichen Legaten bei
den Reichsversammlungen eintreffen, wie schon zu Sieg-
munds, so auch zu Friedrichs Zeiten; und sie sofort er-
öffnen. Die geistlichen Fürsten nehmen ihren Platz zur
Rechten, die weltlichen zur Linken des Legaten; erst später
treffen die kaiserlichen Commissarien ein, um ihre Vorschläge
mit den päpstlichen zu vereinigen.

Da fragt sich nun, in wie fern diese höchst eigen-
thümliche Form der Verfassung den Bedürfnissen des Reiches
zu genügen vermochte.


Idee des ſpaͤtern Kaiſerthums.
willigung, ſo hatte jetzt Pius II den Churfürſten Diether
von Mainz ſogar verpflichten wollen, keine ſolche Verſamm-
lung zu berufen ohne die Einwilligung des päpſtlichen
Stuhles. Es war der Hauptanlaß ſeiner Entzweiung mit
Diether, daß dieſer darauf nicht eingehen wollte. Pius
verhehlte dem Kaiſer nicht, daß auch er ſich durch die Be-
wegungen im Reiche gefährdet ſehe. Seinem Einfluß und
der Tapferkeit des Markgrafen Albrecht Achilles von Bran-
denburg vor allem war es zuzuſchreiben, daß ſie in nichts
zerſtoben.

Seitdem finden wir nun die kaiſerliche und die päpſt-
liche Macht, denen ihr gegenſeitig ſich ergänzendes Ver-
hältniß zum Bewußtſeyn gekommen, inniger als jemals mit
einander vereint.

Die Reichstage werden unter ihrer vereinten Autori-
tät gehalten; ſie heißen königliche und päpſtliche, päpſtliche
und kaiſerliche Tage; wir ſehen die päpſtlichen Legaten bei
den Reichsverſammlungen eintreffen, wie ſchon zu Sieg-
munds, ſo auch zu Friedrichs Zeiten; und ſie ſofort er-
öffnen. Die geiſtlichen Fürſten nehmen ihren Platz zur
Rechten, die weltlichen zur Linken des Legaten; erſt ſpäter
treffen die kaiſerlichen Commiſſarien ein, um ihre Vorſchläge
mit den päpſtlichen zu vereinigen.

Da fragt ſich nun, in wie fern dieſe höchſt eigen-
thümliche Form der Verfaſſung den Bedürfniſſen des Reiches
zu genügen vermochte.


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[61/0079] Idee des ſpaͤtern Kaiſerthums. willigung, ſo hatte jetzt Pius II den Churfürſten Diether von Mainz ſogar verpflichten wollen, keine ſolche Verſamm- lung zu berufen ohne die Einwilligung des päpſtlichen Stuhles. Es war der Hauptanlaß ſeiner Entzweiung mit Diether, daß dieſer darauf nicht eingehen wollte. Pius verhehlte dem Kaiſer nicht, daß auch er ſich durch die Be- wegungen im Reiche gefährdet ſehe. Seinem Einfluß und der Tapferkeit des Markgrafen Albrecht Achilles von Bran- denburg vor allem war es zuzuſchreiben, daß ſie in nichts zerſtoben. Seitdem finden wir nun die kaiſerliche und die päpſt- liche Macht, denen ihr gegenſeitig ſich ergänzendes Ver- hältniß zum Bewußtſeyn gekommen, inniger als jemals mit einander vereint. Die Reichstage werden unter ihrer vereinten Autori- tät gehalten; ſie heißen königliche und päpſtliche, päpſtliche und kaiſerliche Tage; wir ſehen die päpſtlichen Legaten bei den Reichsverſammlungen eintreffen, wie ſchon zu Sieg- munds, ſo auch zu Friedrichs Zeiten; und ſie ſofort er- öffnen. Die geiſtlichen Fürſten nehmen ihren Platz zur Rechten, die weltlichen zur Linken des Legaten; erſt ſpäter treffen die kaiſerlichen Commiſſarien ein, um ihre Vorſchläge mit den päpſtlichen zu vereinigen. Da fragt ſich nun, in wie fern dieſe höchſt eigen- thümliche Form der Verfaſſung den Bedürfniſſen des Reiches zu genügen vermochte.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/79>, abgerufen am 22.11.2024.