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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Viertes Capitel.

Eine Zeitlang ward geschwiegen: schon waren Manche
abgereist: alle übrigen Geschäfte waren beendigt.

Indem nun der Kaiser am 25sten Mai auf dem Rath-
hause erschien, um die Formalität der Annahme der Be-
schlüsse über Regiment Gericht und Matrikel persönlich zu
vollziehen, bat er die Stände zugleich, noch drei Tage zu
bleiben, um noch einige "ungeschiedene" Sachen zu Ende
zn bringen. 1 Wie es Sitte war, gaben ihm, als er nach
seiner Wohnung in den bischöflichen Pallast zurückgieng,
die Anwesenden das Geleite; die Churfürsten von Sach-
sen und Pfalz waren schon abgereist: die vier übrigen aber
waren zugegen. Als sie daselbst ankamen, wurden sie schon
vou den päpstlichen Nuntien erwartet. Es waren Breven
von dem Papst an die Churfürsten eingelaufen; (Aleander
hatte diese Ehrenbezeigung ausdrücklich für nothwendig er-
klärt) die Nuntien überreichten dieselben. Auch ein Breve
an den Kaiser war angelangt, mit dessen Publication man
absichtlich bis auf diesen Moment gezögert. Unter den
Eindrücken nun, die diese Mittheilungen machten, eröffnete
der Kaiser, daß er in der lutherischen Sache ein Edict
habe abfassen lassen, auf den Grund des alten Beschlusses
der Stände. Der eine von den päpstlichen Nuntien selbst --
so vertraulich war jetzt das Vernehmen zwischen Kaiser und
Papst -- hatte es aufgesetzt: sie hielten den Moment für gün-
stig, um es den Anwesenden mitzutheilen. Diese hätten
nicht füglich etwas dagegen thun können, wenn sie auch ge-
wollt hätten. Der Churfürst von Brandenburg Joachim I
bestätigte, daß die Meinung der Stände allerdings dahin

1 Schreiben Fürstenbergs 28 Mai Frankf. A.
Zweites Buch. Viertes Capitel.

Eine Zeitlang ward geſchwiegen: ſchon waren Manche
abgereiſt: alle übrigen Geſchäfte waren beendigt.

Indem nun der Kaiſer am 25ſten Mai auf dem Rath-
hauſe erſchien, um die Formalität der Annahme der Be-
ſchlüſſe über Regiment Gericht und Matrikel perſönlich zu
vollziehen, bat er die Stände zugleich, noch drei Tage zu
bleiben, um noch einige „ungeſchiedene“ Sachen zu Ende
zn bringen. 1 Wie es Sitte war, gaben ihm, als er nach
ſeiner Wohnung in den biſchöflichen Pallaſt zurückgieng,
die Anweſenden das Geleite; die Churfürſten von Sach-
ſen und Pfalz waren ſchon abgereiſt: die vier übrigen aber
waren zugegen. Als ſie daſelbſt ankamen, wurden ſie ſchon
vou den päpſtlichen Nuntien erwartet. Es waren Breven
von dem Papſt an die Churfürſten eingelaufen; (Aleander
hatte dieſe Ehrenbezeigung ausdrücklich für nothwendig er-
klärt) die Nuntien überreichten dieſelben. Auch ein Breve
an den Kaiſer war angelangt, mit deſſen Publication man
abſichtlich bis auf dieſen Moment gezögert. Unter den
Eindrücken nun, die dieſe Mittheilungen machten, eröffnete
der Kaiſer, daß er in der lutheriſchen Sache ein Edict
habe abfaſſen laſſen, auf den Grund des alten Beſchluſſes
der Stände. Der eine von den päpſtlichen Nuntien ſelbſt —
ſo vertraulich war jetzt das Vernehmen zwiſchen Kaiſer und
Papſt — hatte es aufgeſetzt: ſie hielten den Moment für gün-
ſtig, um es den Anweſenden mitzutheilen. Dieſe hätten
nicht füglich etwas dagegen thun können, wenn ſie auch ge-
wollt hätten. Der Churfürſt von Brandenburg Joachim I
beſtätigte, daß die Meinung der Stände allerdings dahin

1 Schreiben Fuͤrſtenbergs 28 Mai Frankf. A.
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[490/0508] Zweites Buch. Viertes Capitel. Eine Zeitlang ward geſchwiegen: ſchon waren Manche abgereiſt: alle übrigen Geſchäfte waren beendigt. Indem nun der Kaiſer am 25ſten Mai auf dem Rath- hauſe erſchien, um die Formalität der Annahme der Be- ſchlüſſe über Regiment Gericht und Matrikel perſönlich zu vollziehen, bat er die Stände zugleich, noch drei Tage zu bleiben, um noch einige „ungeſchiedene“ Sachen zu Ende zn bringen. 1 Wie es Sitte war, gaben ihm, als er nach ſeiner Wohnung in den biſchöflichen Pallaſt zurückgieng, die Anweſenden das Geleite; die Churfürſten von Sach- ſen und Pfalz waren ſchon abgereiſt: die vier übrigen aber waren zugegen. Als ſie daſelbſt ankamen, wurden ſie ſchon vou den päpſtlichen Nuntien erwartet. Es waren Breven von dem Papſt an die Churfürſten eingelaufen; (Aleander hatte dieſe Ehrenbezeigung ausdrücklich für nothwendig er- klärt) die Nuntien überreichten dieſelben. Auch ein Breve an den Kaiſer war angelangt, mit deſſen Publication man abſichtlich bis auf dieſen Moment gezögert. Unter den Eindrücken nun, die dieſe Mittheilungen machten, eröffnete der Kaiſer, daß er in der lutheriſchen Sache ein Edict habe abfaſſen laſſen, auf den Grund des alten Beſchluſſes der Stände. Der eine von den päpſtlichen Nuntien ſelbſt — ſo vertraulich war jetzt das Vernehmen zwiſchen Kaiſer und Papſt — hatte es aufgeſetzt: ſie hielten den Moment für gün- ſtig, um es den Anweſenden mitzutheilen. Dieſe hätten nicht füglich etwas dagegen thun können, wenn ſie auch ge- wollt hätten. Der Churfürſt von Brandenburg Joachim I beſtätigte, daß die Meinung der Stände allerdings dahin 1 Schreiben Fuͤrſtenbergs 28 Mai Frankf. A.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/508>, abgerufen am 23.11.2024.