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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Einleitung.
alle Angelegenheiten. Er rief Beschlüsse hervor, nach wel-
chen die Papstwahlen in Zukunft nicht mehr von den Kai-
sern, sondern von dem Clerus der Kirche und den Cardi-
nälen abhängen sollten; und zögerte keinen Augenblick, sie
nun auch ins Werk zu setzen: sogleich die nächste Wahl
leitete er danach.

In Deutschland dagegen war man zu dieser Zeit nur
mit dem Kampfe der Factionen des Hofes beschäftigt: die
über Italien und Deutschland ausgebreitete Opposition, zu
der auch Hildebrand gehörte, gewann endlich an dem Hofe
selbst festen Boden; die Anhänger der alten sächsischen und
salischen Grundsätze, z. B. Kanzler Guibert wurden gestürzt:
es kam so weit daß der Hof die gegen sein eignes näch-
stes Interesse geschehene Wahl billigte: einen Gegenpapst,
der sich mit vielem Glücke behauptete, in dem sich die al-
ten Maximen repräsentirten, ließen die deutschen Machtha-
ber, verloren in die Streitigkeiten des Augenblickes, selber
fallen.

Das ward nun wohl anders als der junge Salier,
voll Leb[ens]muth und Geist wie er war, persönlich die Regie-
rung übernahm. Er kannte seine Rechte und war entschlos-
sen sie um jeden Preis zu behaupten.

Aber schon waren die Sachen so weit gediehen, daß
er von allem Anfang in die gefährlichste Lage gerieth.

Der Eintritt des jungen zu Selbstherrschaft und Ge-
waltsamkeit geneigten, von Leidenschaften fortgerissenen Für-
sten brachte gar bald die lange gährenden inneren Feind-
seligkeiten in Deutschland zum Ausbruch; auch die deut-
schen Großen strebten nach einem Zustand von Autonomie,

Einleitung.
alle Angelegenheiten. Er rief Beſchlüſſe hervor, nach wel-
chen die Papſtwahlen in Zukunft nicht mehr von den Kai-
ſern, ſondern von dem Clerus der Kirche und den Cardi-
nälen abhängen ſollten; und zögerte keinen Augenblick, ſie
nun auch ins Werk zu ſetzen: ſogleich die nächſte Wahl
leitete er danach.

In Deutſchland dagegen war man zu dieſer Zeit nur
mit dem Kampfe der Factionen des Hofes beſchäftigt: die
über Italien und Deutſchland ausgebreitete Oppoſition, zu
der auch Hildebrand gehörte, gewann endlich an dem Hofe
ſelbſt feſten Boden; die Anhänger der alten ſächſiſchen und
ſaliſchen Grundſätze, z. B. Kanzler Guibert wurden geſtürzt:
es kam ſo weit daß der Hof die gegen ſein eignes näch-
ſtes Intereſſe geſchehene Wahl billigte: einen Gegenpapſt,
der ſich mit vielem Glücke behauptete, in dem ſich die al-
ten Maximen repräſentirten, ließen die deutſchen Machtha-
ber, verloren in die Streitigkeiten des Augenblickes, ſelber
fallen.

Das ward nun wohl anders als der junge Salier,
voll Leb[ens]muth und Geiſt wie er war, perſönlich die Regie-
rung übernahm. Er kannte ſeine Rechte und war entſchloſ-
ſen ſie um jeden Preis zu behaupten.

Aber ſchon waren die Sachen ſo weit gediehen, daß
er von allem Anfang in die gefährlichſte Lage gerieth.

Der Eintritt des jungen zu Selbſtherrſchaft und Ge-
waltſamkeit geneigten, von Leidenſchaften fortgeriſſenen Für-
ſten brachte gar bald die lange gährenden inneren Feind-
ſeligkeiten in Deutſchland zum Ausbruch; auch die deut-
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[30/0048] Einleitung. alle Angelegenheiten. Er rief Beſchlüſſe hervor, nach wel- chen die Papſtwahlen in Zukunft nicht mehr von den Kai- ſern, ſondern von dem Clerus der Kirche und den Cardi- nälen abhängen ſollten; und zögerte keinen Augenblick, ſie nun auch ins Werk zu ſetzen: ſogleich die nächſte Wahl leitete er danach. In Deutſchland dagegen war man zu dieſer Zeit nur mit dem Kampfe der Factionen des Hofes beſchäftigt: die über Italien und Deutſchland ausgebreitete Oppoſition, zu der auch Hildebrand gehörte, gewann endlich an dem Hofe ſelbſt feſten Boden; die Anhänger der alten ſächſiſchen und ſaliſchen Grundſätze, z. B. Kanzler Guibert wurden geſtürzt: es kam ſo weit daß der Hof die gegen ſein eignes näch- ſtes Intereſſe geſchehene Wahl billigte: einen Gegenpapſt, der ſich mit vielem Glücke behauptete, in dem ſich die al- ten Maximen repräſentirten, ließen die deutſchen Machtha- ber, verloren in die Streitigkeiten des Augenblickes, ſelber fallen. Das ward nun wohl anders als der junge Salier, voll Lebensmuth und Geiſt wie er war, perſönlich die Regie- rung übernahm. Er kannte ſeine Rechte und war entſchloſ- ſen ſie um jeden Preis zu behaupten. Aber ſchon waren die Sachen ſo weit gediehen, daß er von allem Anfang in die gefährlichſte Lage gerieth. Der Eintritt des jungen zu Selbſtherrſchaft und Ge- waltſamkeit geneigten, von Leidenſchaften fortgeriſſenen Für- ſten brachte gar bald die lange gährenden inneren Feind- ſeligkeiten in Deutſchland zum Ausbruch; auch die deut- ſchen Großen ſtrebten nach einem Zuſtand von Autonomie,

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/48>, abgerufen am 23.11.2024.