Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Disputation zu Leipzig. auch Ehre; 1 er hatte Luther aufgesucht und war mitdemselben in aller Freundschaft übereingekommen, eine alte Streitigkeit, die er mit Dr Carlstadt in Wittenberg über die Lehre von der Gnade und dem freien Willen hatte, in einer öffentlichen Disputation auszufechten. Luther hatte gern seine Vermittelung angeboten: wie er sagt um die Meinung zu Schanden zu machen, als könnten Theo- logen sich nicht mit einander vergleichen. Carlstadt willigte ein in Erfurt oder in Leipzig mit Eck zu disputiren. Eck säumte nicht, die Disputation durch ein Programm in alle Welt zu verkündigen. Wie sehr aber erstaunte Luther, als er in dieser An- Da war es nun von entscheidender Wichtigkeit, daß 1 Bartholini Commentarius de comitiis Augustanis p. 645. 2 Luthers Briefe an Sylvius 3 Febr. Spalatin 7 Febr. Lang
13 April. Disputation zu Leipzig. auch Ehre; 1 er hatte Luther aufgeſucht und war mitdemſelben in aller Freundſchaft übereingekommen, eine alte Streitigkeit, die er mit Dr Carlſtadt in Wittenberg über die Lehre von der Gnade und dem freien Willen hatte, in einer öffentlichen Disputation auszufechten. Luther hatte gern ſeine Vermittelung angeboten: wie er ſagt um die Meinung zu Schanden zu machen, als könnten Theo- logen ſich nicht mit einander vergleichen. Carlſtadt willigte ein in Erfurt oder in Leipzig mit Eck zu disputiren. Eck ſäumte nicht, die Disputation durch ein Programm in alle Welt zu verkündigen. Wie ſehr aber erſtaunte Luther, als er in dieſer An- Da war es nun von entſcheidender Wichtigkeit, daß 1 Bartholini Commentarius de comitiis Augustanis p. 645. 2 Luthers Briefe an Sylvius 3 Febr. Spalatin 7 Febr. Lang
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Disputation zu Leipzig.
auch Ehre; 1 er hatte Luther aufgeſucht und war mit
demſelben in aller Freundſchaft übereingekommen, eine alte
Streitigkeit, die er mit Dr Carlſtadt in Wittenberg über
die Lehre von der Gnade und dem freien Willen hatte,
in einer öffentlichen Disputation auszufechten. Luther
hatte gern ſeine Vermittelung angeboten: wie er ſagt um
die Meinung zu Schanden zu machen, als könnten Theo-
logen ſich nicht mit einander vergleichen. Carlſtadt willigte
ein in Erfurt oder in Leipzig mit Eck zu disputiren. Eck
ſäumte nicht, die Disputation durch ein Programm in alle
Welt zu verkündigen.
Wie ſehr aber erſtaunte Luther, als er in dieſer An-
kündigung einige Meinungen als den Gegenſtand des Strei-
tes bezeichnet fand, die bei weitem mehr von ihm als
von Carlſtadt verfochten worden. Er hielt das für eine
Treuloſigkeit, eine Hinterliſt, der er ſich um ſo offener wi-
derſetzen müſſe: ſein ſo eben mit Miltitz aufgerichtetes Ab-
kommen ſchien ihm gebrochen: er war entſchloſſen, den
Handſchuh aufzunehmen. 2
Da war es nun von entſcheidender Wichtigkeit, daß
Eck den dogmatiſchen Streitfragen auch einen Satz über
den Urſprung der Prärogativen des Papſtthums hinzuge-
fügt hatte. In einem Moment, wo in der ganzen Na-
tion eine ſo mächtige anti-päpſtliche Regung überhand ge-
nommen, hatte er, man möchte ſagen die tölpiſche Dienſt-
befliſſenheit eine Frage in Gang zu bringen, deren Beant-
1 Bartholini Commentarius de comitiis Augustanis p. 645.
2 Luthers Briefe an Sylvius 3 Febr. Spalatin 7 Febr. Lang
13 April.
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