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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Zweites Capitel.
Friedrich erwiederte, daß er dasselbe denke, und lehnte je-
den Antrag ab. 1 Die Zeit war gekommen, wo auch sonst
keine Zurückhaltung mehr zu beobachten war: er erklärte
sich öffentlich für König Carl. Seine Stimme brachte
auch Die zum Entschluß, die bisher noch schwankend ge-
wesen waren.

Am 28sten Juni ward nach altem Gebrauch die Sturm-
glocke gezogen, und die Churfürsten versammelten sich, in
ihren scharlachnen Amtskleidern, in jener engen, kleinen,
halbdunkeln Capelle am Chor der Bartholomäuskirche, die
ihnen zum Conclave diente. Schon waren sie alle einmü-
thig. Mainz fragte wie das Herkommen gebot, zuerst Trier:
Trier erwählte den Erzherzog Carl von Östreich, Prinzen
von Burgund, König von Spanien. So wählten sie alle:
der König von Frankreich hatte keine Stimme. 2

Jedoch dachten die Churfürsten darauf, einem so mäch-
tigen Fürsten wie sie wählten gegenüber, zugleich auch die
Rechte des Reiches wahrzunehmen. Sie legten dem er-
wählten römischen König eine ziemlich strenge Capitulation
vor: nach den Grundsätzen die schon während der letzten
Unterhandlungen Maximilians festgesetzt worden. 3 Man
bestimmte darin, daß die Ämter nur mit Deutschen be-
setzt, die Verhandlungen nur in deutscher Sprache geführt,

1 Auszug aus Lucas Geierberg Leben Philipsen Grafen von
Solms hinter der Vorrede zu Göbels Beiträgen zur Staatsgeschichte
von Europa p. XIX.
2 Revers bei Bucholtz III, 668.
3 Protocollum electionis in Goldasts Polit. Reichshändeln
p. 41. Die Reden die bei dieser Gelegenheit gehalten worden seyn
sollen, sind erdichtet. Vgl. meine Schrift Zur Kritik neuerer Ge-
schichtschreiber p. 62.

Zweites Buch. Zweites Capitel.
Friedrich erwiederte, daß er daſſelbe denke, und lehnte je-
den Antrag ab. 1 Die Zeit war gekommen, wo auch ſonſt
keine Zurückhaltung mehr zu beobachten war: er erklärte
ſich öffentlich für König Carl. Seine Stimme brachte
auch Die zum Entſchluß, die bisher noch ſchwankend ge-
weſen waren.

Am 28ſten Juni ward nach altem Gebrauch die Sturm-
glocke gezogen, und die Churfürſten verſammelten ſich, in
ihren ſcharlachnen Amtskleidern, in jener engen, kleinen,
halbdunkeln Capelle am Chor der Bartholomäuskirche, die
ihnen zum Conclave diente. Schon waren ſie alle einmü-
thig. Mainz fragte wie das Herkommen gebot, zuerſt Trier:
Trier erwählte den Erzherzog Carl von Öſtreich, Prinzen
von Burgund, König von Spanien. So wählten ſie alle:
der König von Frankreich hatte keine Stimme. 2

Jedoch dachten die Churfürſten darauf, einem ſo mäch-
tigen Fürſten wie ſie wählten gegenüber, zugleich auch die
Rechte des Reiches wahrzunehmen. Sie legten dem er-
wählten römiſchen König eine ziemlich ſtrenge Capitulation
vor: nach den Grundſätzen die ſchon während der letzten
Unterhandlungen Maximilians feſtgeſetzt worden. 3 Man
beſtimmte darin, daß die Ämter nur mit Deutſchen be-
ſetzt, die Verhandlungen nur in deutſcher Sprache geführt,

1 Auszug aus Lucas Geierberg Leben Philipſen Grafen von
Solms hinter der Vorrede zu Goͤbels Beitraͤgen zur Staatsgeſchichte
von Europa p. XIX.
2 Revers bei Bucholtz III, 668.
3 Protocollum electionis in Goldaſts Polit. Reichshaͤndeln
p. 41. Die Reden die bei dieſer Gelegenheit gehalten worden ſeyn
ſollen, ſind erdichtet. Vgl. meine Schrift Zur Kritik neuerer Ge-
ſchichtſchreiber p. 62.
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[376/0394] Zweites Buch. Zweites Capitel. Friedrich erwiederte, daß er daſſelbe denke, und lehnte je- den Antrag ab. 1 Die Zeit war gekommen, wo auch ſonſt keine Zurückhaltung mehr zu beobachten war: er erklärte ſich öffentlich für König Carl. Seine Stimme brachte auch Die zum Entſchluß, die bisher noch ſchwankend ge- weſen waren. Am 28ſten Juni ward nach altem Gebrauch die Sturm- glocke gezogen, und die Churfürſten verſammelten ſich, in ihren ſcharlachnen Amtskleidern, in jener engen, kleinen, halbdunkeln Capelle am Chor der Bartholomäuskirche, die ihnen zum Conclave diente. Schon waren ſie alle einmü- thig. Mainz fragte wie das Herkommen gebot, zuerſt Trier: Trier erwählte den Erzherzog Carl von Öſtreich, Prinzen von Burgund, König von Spanien. So wählten ſie alle: der König von Frankreich hatte keine Stimme. 2 Jedoch dachten die Churfürſten darauf, einem ſo mäch- tigen Fürſten wie ſie wählten gegenüber, zugleich auch die Rechte des Reiches wahrzunehmen. Sie legten dem er- wählten römiſchen König eine ziemlich ſtrenge Capitulation vor: nach den Grundſätzen die ſchon während der letzten Unterhandlungen Maximilians feſtgeſetzt worden. 3 Man beſtimmte darin, daß die Ämter nur mit Deutſchen be- ſetzt, die Verhandlungen nur in deutſcher Sprache geführt, 1 Auszug aus Lucas Geierberg Leben Philipſen Grafen von Solms hinter der Vorrede zu Goͤbels Beitraͤgen zur Staatsgeſchichte von Europa p. XIX. 2 Revers bei Bucholtz III, 668. 3 Protocollum electionis in Goldaſts Polit. Reichshaͤndeln p. 41. Die Reden die bei dieſer Gelegenheit gehalten worden ſeyn ſollen, ſind erdichtet. Vgl. meine Schrift Zur Kritik neuerer Ge- ſchichtſchreiber p. 62.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/394>, abgerufen am 15.08.2024.