Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Zweites Buch. Zweites Capitel. ren beraubt worden, wurden nicht zum Austrag gebracht.Das Betragen des Churfürsten von der Pfalz in dieser Sache, der Rückhalt den er zu finden schien, erfüllte besonders die Städte mit Mißvergnügen. 1 Es gab beinahe keine Land- schaft, wo nicht die Fehde wieder in Schwange gieng, oder die innere Entzweiung sich regte, oder sich ein Angriff der Nachbarn besorgen ließ. Wollte man Friede haben, so mußte man selber für sich sorgen: auf das Reich war nicht mehr zu zählen. Davon mußte sich überhaupt ein Jeder überzeugt ha- In so fern war es von großer Bedeutung, daß die 1 Fürstenberg zeigt sich, indem er die gewechselten Schriften
einsendet, sehr mißvergnügt. "Hie ist nit anders: ein jeder sehe sich für. Die Churf. Fürsten und Andre haben nit alle ob der Hand- lung Gefallens: es will aber dieß Mal aus Ursachen nit anders seyn. Gott erbarms." Zweites Buch. Zweites Capitel. ren beraubt worden, wurden nicht zum Austrag gebracht.Das Betragen des Churfürſten von der Pfalz in dieſer Sache, der Rückhalt den er zu finden ſchien, erfüllte beſonders die Städte mit Mißvergnügen. 1 Es gab beinahe keine Land- ſchaft, wo nicht die Fehde wieder in Schwange gieng, oder die innere Entzweiung ſich regte, oder ſich ein Angriff der Nachbarn beſorgen ließ. Wollte man Friede haben, ſo mußte man ſelber für ſich ſorgen: auf das Reich war nicht mehr zu zählen. Davon mußte ſich überhaupt ein Jeder überzeugt ha- In ſo fern war es von großer Bedeutung, daß die 1 Fuͤrſtenberg zeigt ſich, indem er die gewechſelten Schriften
einſendet, ſehr mißvergnuͤgt. „Hie iſt nit anders: ein jeder ſehe ſich fuͤr. Die Churf. Fuͤrſten und Andre haben nit alle ob der Hand- lung Gefallens: es will aber dieß Mal aus Urſachen nit anders ſeyn. Gott erbarms.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0350" n="332"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> ren beraubt worden, wurden nicht zum Austrag gebracht.<lb/> Das Betragen des Churfürſten von der Pfalz in dieſer Sache,<lb/> der Rückhalt den er zu finden ſchien, erfüllte beſonders die<lb/> Städte mit Mißvergnügen. <note place="foot" n="1">Fuͤrſtenberg zeigt ſich, indem er die gewechſelten Schriften<lb/> einſendet, ſehr mißvergnuͤgt. „Hie iſt nit anders: ein jeder ſehe ſich<lb/> fuͤr. Die Churf. Fuͤrſten und Andre haben nit alle ob der Hand-<lb/> lung Gefallens: es will aber dieß Mal aus Urſachen nit anders ſeyn.<lb/> Gott erbarms.“</note> Es gab beinahe keine Land-<lb/> ſchaft, wo nicht die Fehde wieder in Schwange gieng, oder<lb/> die innere Entzweiung ſich regte, oder ſich ein Angriff der<lb/> Nachbarn beſorgen ließ. Wollte man Friede haben, ſo<lb/> mußte man ſelber für ſich ſorgen: auf das Reich war nicht<lb/> mehr zu zählen.</p><lb/> <p>Davon mußte ſich überhaupt ein Jeder überzeugt ha-<lb/> ben, daß es ſo nicht mehr gieng. Es war ſchon lange<lb/> her, daß der Kaiſer ſich über keine Maaßregel mehr mit<lb/> den Ständen vereinigen konnte; weder für den inneren Frie-<lb/> den, noch gegen die auswärtigen Feinde; was er allein<lb/> nicht vermocht, hatte er jetzt in Verbindung mit dem Papſte<lb/> verſucht; es war ihm entſchiedner mißlungen, als jemals.<lb/> Die höchſten Gewalten konnten die vornehmſten Pflichten<lb/> einer Regierung nicht mehr erfüllen.</p><lb/> <p>In ſo fern war es von großer Bedeutung, daß die<lb/> Reichsſtände jene Neuerung machten, in Hinſicht ihrer<lb/> Bewilligungen es auf ihre Landſchaften ankommen zu laſ-<lb/> ſen. Das Leben der Nation zeigte die Tendenz, ſich von<lb/> ſeinem bisherigen Mittelpunct zurückzuziehen, und in den<lb/> einzelnen Landſchaften eine ſich ſelber genügende, autonome<lb/> Gewalt zu erſchaffen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [332/0350]
Zweites Buch. Zweites Capitel.
ren beraubt worden, wurden nicht zum Austrag gebracht.
Das Betragen des Churfürſten von der Pfalz in dieſer Sache,
der Rückhalt den er zu finden ſchien, erfüllte beſonders die
Städte mit Mißvergnügen. 1 Es gab beinahe keine Land-
ſchaft, wo nicht die Fehde wieder in Schwange gieng, oder
die innere Entzweiung ſich regte, oder ſich ein Angriff der
Nachbarn beſorgen ließ. Wollte man Friede haben, ſo
mußte man ſelber für ſich ſorgen: auf das Reich war nicht
mehr zu zählen.
Davon mußte ſich überhaupt ein Jeder überzeugt ha-
ben, daß es ſo nicht mehr gieng. Es war ſchon lange
her, daß der Kaiſer ſich über keine Maaßregel mehr mit
den Ständen vereinigen konnte; weder für den inneren Frie-
den, noch gegen die auswärtigen Feinde; was er allein
nicht vermocht, hatte er jetzt in Verbindung mit dem Papſte
verſucht; es war ihm entſchiedner mißlungen, als jemals.
Die höchſten Gewalten konnten die vornehmſten Pflichten
einer Regierung nicht mehr erfüllen.
In ſo fern war es von großer Bedeutung, daß die
Reichsſtände jene Neuerung machten, in Hinſicht ihrer
Bewilligungen es auf ihre Landſchaften ankommen zu laſ-
ſen. Das Leben der Nation zeigte die Tendenz, ſich von
ſeinem bisherigen Mittelpunct zurückzuziehen, und in den
einzelnen Landſchaften eine ſich ſelber genügende, autonome
Gewalt zu erſchaffen.
1 Fuͤrſtenberg zeigt ſich, indem er die gewechſelten Schriften
einſendet, ſehr mißvergnuͤgt. „Hie iſt nit anders: ein jeder ſehe ſich
fuͤr. Die Churf. Fuͤrſten und Andre haben nit alle ob der Hand-
lung Gefallens: es will aber dieß Mal aus Urſachen nit anders ſeyn.
Gott erbarms.“
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