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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Zweites Buch. Zweites Capitel.
Herreden über die Art und Weise einer neuen Auflage zu
einigen; in dem Abschied ward wirklich festgesetzt, daß drei
Jahr hindurch ein Jeder der zum h. Abendmal gehe, we-
nigstens einen Zehntel-Gulden erlegen, und die auf diese
Weise eingehende Summe von den Regierungen bis zum
Anfang eines Türkenkrieges aufbehalten werden solle; --
aber selbst eine Bewilligung so sonderbarer und zweideuti-
ger Art war durch eine ihr hinzugefügte Bedingung beinahe
illusorisch gemacht. Die Fürsten erklärten, erst mit ihren
Unterthanen darüber Rücksprache nehmen zu müssen. Die
Antwort des Kaisers zeigt, wie sehr er über diese Neue-
rung erstaunte. Er sagte: das sey nicht das Herkommen
im heiligen Reiche: die Fürsten seyen nicht an die Bewil-
ligung ihrer Unterthanen gebunden, sondern diesen liege die
Pflicht ob, die Beschlüsse ihrer Herrn und Obern zu voll-
ziehen: 1 die Fürsten versetzten: man habe schon oftmals
Zusagen gemacht, ohne die Unterthanen zu fragen; die Folge
sey gewesen, daß man sie meistentheils nicht habe ausfüh-
ren können: es würde zu Schimpf und Schande gereichen
wenn das so fortgehn solle. Ju den Reichsabschied kam
in der That nichts weiter, als daß die Fürsten über die

1 Erklärung des Kaisers 9 September. "Item, daß in dem
allen Churfürsten Fürsten und Stände kein Ausred noch Entschuldi-
gung fürnemen noch solch Zusage thun mit eynicher Weigerung oder
Condicion auf ihre Unterthanen, denn sollichs in bisher bewilligten
Hülfen nie bedacht worden und daruf gestellt ist, sondern Churff.
FF. und Stend haben allezeit frei gehandelt und bewilligt, nachdem
sy Kaisr Mt und des Reichs Churf. belehnt seyen, auch die Untertha-
nen schuldig seyn den Willen der Fürsten und Obern und nit die
Fürsten und Obern der Unterthanen Willen zu verfolgen und Ge-
horsam zu beweisen." (Fr. A.)

Zweites Buch. Zweites Capitel.
Herreden über die Art und Weiſe einer neuen Auflage zu
einigen; in dem Abſchied ward wirklich feſtgeſetzt, daß drei
Jahr hindurch ein Jeder der zum h. Abendmal gehe, we-
nigſtens einen Zehntel-Gulden erlegen, und die auf dieſe
Weiſe eingehende Summe von den Regierungen bis zum
Anfang eines Türkenkrieges aufbehalten werden ſolle; —
aber ſelbſt eine Bewilligung ſo ſonderbarer und zweideuti-
ger Art war durch eine ihr hinzugefügte Bedingung beinahe
illuſoriſch gemacht. Die Fürſten erklärten, erſt mit ihren
Unterthanen darüber Rückſprache nehmen zu müſſen. Die
Antwort des Kaiſers zeigt, wie ſehr er über dieſe Neue-
rung erſtaunte. Er ſagte: das ſey nicht das Herkommen
im heiligen Reiche: die Fürſten ſeyen nicht an die Bewil-
ligung ihrer Unterthanen gebunden, ſondern dieſen liege die
Pflicht ob, die Beſchlüſſe ihrer Herrn und Obern zu voll-
ziehen: 1 die Fürſten verſetzten: man habe ſchon oftmals
Zuſagen gemacht, ohne die Unterthanen zu fragen; die Folge
ſey geweſen, daß man ſie meiſtentheils nicht habe ausfüh-
ren können: es würde zu Schimpf und Schande gereichen
wenn das ſo fortgehn ſolle. Ju den Reichsabſchied kam
in der That nichts weiter, als daß die Fürſten über die

1 Erklaͤrung des Kaiſers 9 September. „Item, daß in dem
allen Churfuͤrſten Fuͤrſten und Staͤnde kein Ausred noch Entſchuldi-
gung fuͤrnemen noch ſolch Zuſage thun mit eynicher Weigerung oder
Condicion auf ihre Unterthanen, denn ſollichs in bisher bewilligten
Huͤlfen nie bedacht worden und daruf geſtellt iſt, ſondern Churff.
FF. und Stend haben allezeit frei gehandelt und bewilligt, nachdem
ſy Kaiſr Mt und des Reichs Churf. belehnt ſeyen, auch die Untertha-
nen ſchuldig ſeyn den Willen der Fuͤrſten und Obern und nit die
Fuͤrſten und Obern der Unterthanen Willen zu verfolgen und Ge-
horſam zu beweiſen.“ (Fr. A.)
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[330/0348] Zweites Buch. Zweites Capitel. Herreden über die Art und Weiſe einer neuen Auflage zu einigen; in dem Abſchied ward wirklich feſtgeſetzt, daß drei Jahr hindurch ein Jeder der zum h. Abendmal gehe, we- nigſtens einen Zehntel-Gulden erlegen, und die auf dieſe Weiſe eingehende Summe von den Regierungen bis zum Anfang eines Türkenkrieges aufbehalten werden ſolle; — aber ſelbſt eine Bewilligung ſo ſonderbarer und zweideuti- ger Art war durch eine ihr hinzugefügte Bedingung beinahe illuſoriſch gemacht. Die Fürſten erklärten, erſt mit ihren Unterthanen darüber Rückſprache nehmen zu müſſen. Die Antwort des Kaiſers zeigt, wie ſehr er über dieſe Neue- rung erſtaunte. Er ſagte: das ſey nicht das Herkommen im heiligen Reiche: die Fürſten ſeyen nicht an die Bewil- ligung ihrer Unterthanen gebunden, ſondern dieſen liege die Pflicht ob, die Beſchlüſſe ihrer Herrn und Obern zu voll- ziehen: 1 die Fürſten verſetzten: man habe ſchon oftmals Zuſagen gemacht, ohne die Unterthanen zu fragen; die Folge ſey geweſen, daß man ſie meiſtentheils nicht habe ausfüh- ren können: es würde zu Schimpf und Schande gereichen wenn das ſo fortgehn ſolle. Ju den Reichsabſchied kam in der That nichts weiter, als daß die Fürſten über die 1 Erklaͤrung des Kaiſers 9 September. „Item, daß in dem allen Churfuͤrſten Fuͤrſten und Staͤnde kein Ausred noch Entſchuldi- gung fuͤrnemen noch ſolch Zuſage thun mit eynicher Weigerung oder Condicion auf ihre Unterthanen, denn ſollichs in bisher bewilligten Huͤlfen nie bedacht worden und daruf geſtellt iſt, ſondern Churff. FF. und Stend haben allezeit frei gehandelt und bewilligt, nachdem ſy Kaiſr Mt und des Reichs Churf. belehnt ſeyen, auch die Untertha- nen ſchuldig ſeyn den Willen der Fuͤrſten und Obern und nit die Fuͤrſten und Obern der Unterthanen Willen zu verfolgen und Ge- horſam zu beweiſen.“ (Fr. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/348>, abgerufen am 22.11.2024.