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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Opposition von weltlicher Seite.
zu bestätigen: man gab ihm Reichscommissarien bei, ohne
die er das eingegangene Geld gar nicht zu Handen bekam.

Und auf ähnlichen Bahnen finden wir dann und wann
auch Kaiser Maximilian. Im Jahr 1510 ließ er die Be-
schwerden der deutschen Nation ausführlicher als bisher
zusammenstellen; ja er erhob sich zu dem Gedanken die
pragmatische Sanction welche sich in Frankreich so nütz-
lich erwies, auch in Deutschland einzuführen. 1 Im Jahre
1511 nahm er an der Berufung eines Conciliums nach
Pisa lebendigen Antheil; wir haben ein Edict von ihm
vom Januar dieses Jahres, worin er erklärt, da der rö-
mische Hof zögere, wolle er nicht zögern; als Kaiser Vogt
und Beschützer der Kirche berufe er das Concilium, dessen
dieselbe dringend bedürfe; in einem Schreiben vom Juni
sagt er dann den Versammelten seinen Schutz und seine
Gunst zu, bis zum Schluß ihrer Sitzungen, "durch die
sie sich, wie er hoffe, Verdienst bei Gott und Lob bei den
Menschen verschaffen würden." 2 Und in der That regte
sich die alte Hofnung daß von dem Concilium eine Ver-
besserung der Kirche ausgehn könne, auch dießmal sehr
lebhaft. Man verzeichnete wohl die Artikel, in denen man
zunächst eine Reform erwartete. Z. B. sollte die Anhäu-
fung von Pfründen namentlich in den Händen der Cardi-
näle verhindert werden: man forderte eine Satzung, kraft
deren ein mit öffentlichen Lastern befleckter Papst ohne Wei-

1 Avisamenta Germanicae nationis bei Freher II, 678. Noch
merkwürdiger ist die Epitome pragmaticae sanctionis in Goldasts
Constitutt. Imp. II, 123.
2 Triburgi XVI mensis Januarii und Muldorf V Junii bei
Goldast I, 421. 429.

Oppoſition von weltlicher Seite.
zu beſtätigen: man gab ihm Reichscommiſſarien bei, ohne
die er das eingegangene Geld gar nicht zu Handen bekam.

Und auf ähnlichen Bahnen finden wir dann und wann
auch Kaiſer Maximilian. Im Jahr 1510 ließ er die Be-
ſchwerden der deutſchen Nation ausführlicher als bisher
zuſammenſtellen; ja er erhob ſich zu dem Gedanken die
pragmatiſche Sanction welche ſich in Frankreich ſo nütz-
lich erwies, auch in Deutſchland einzuführen. 1 Im Jahre
1511 nahm er an der Berufung eines Conciliums nach
Piſa lebendigen Antheil; wir haben ein Edict von ihm
vom Januar dieſes Jahres, worin er erklärt, da der rö-
miſche Hof zögere, wolle er nicht zögern; als Kaiſer Vogt
und Beſchützer der Kirche berufe er das Concilium, deſſen
dieſelbe dringend bedürfe; in einem Schreiben vom Juni
ſagt er dann den Verſammelten ſeinen Schutz und ſeine
Gunſt zu, bis zum Schluß ihrer Sitzungen, „durch die
ſie ſich, wie er hoffe, Verdienſt bei Gott und Lob bei den
Menſchen verſchaffen würden.“ 2 Und in der That regte
ſich die alte Hofnung daß von dem Concilium eine Ver-
beſſerung der Kirche ausgehn könne, auch dießmal ſehr
lebhaft. Man verzeichnete wohl die Artikel, in denen man
zunächſt eine Reform erwartete. Z. B. ſollte die Anhäu-
fung von Pfründen namentlich in den Händen der Cardi-
näle verhindert werden: man forderte eine Satzung, kraft
deren ein mit öffentlichen Laſtern befleckter Papſt ohne Wei-

1 Avisamenta Germanicae nationis bei Freher II, 678. Noch
merkwuͤrdiger iſt die Epitome pragmaticae sanctionis in Goldaſts
Constitutt. Imp. II, 123.
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Goldaſt I, 421. 429.
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[249/0267] Oppoſition von weltlicher Seite. zu beſtätigen: man gab ihm Reichscommiſſarien bei, ohne die er das eingegangene Geld gar nicht zu Handen bekam. Und auf ähnlichen Bahnen finden wir dann und wann auch Kaiſer Maximilian. Im Jahr 1510 ließ er die Be- ſchwerden der deutſchen Nation ausführlicher als bisher zuſammenſtellen; ja er erhob ſich zu dem Gedanken die pragmatiſche Sanction welche ſich in Frankreich ſo nütz- lich erwies, auch in Deutſchland einzuführen. 1 Im Jahre 1511 nahm er an der Berufung eines Conciliums nach Piſa lebendigen Antheil; wir haben ein Edict von ihm vom Januar dieſes Jahres, worin er erklärt, da der rö- miſche Hof zögere, wolle er nicht zögern; als Kaiſer Vogt und Beſchützer der Kirche berufe er das Concilium, deſſen dieſelbe dringend bedürfe; in einem Schreiben vom Juni ſagt er dann den Verſammelten ſeinen Schutz und ſeine Gunſt zu, bis zum Schluß ihrer Sitzungen, „durch die ſie ſich, wie er hoffe, Verdienſt bei Gott und Lob bei den Menſchen verſchaffen würden.“ 2 Und in der That regte ſich die alte Hofnung daß von dem Concilium eine Ver- beſſerung der Kirche ausgehn könne, auch dießmal ſehr lebhaft. Man verzeichnete wohl die Artikel, in denen man zunächſt eine Reform erwartete. Z. B. ſollte die Anhäu- fung von Pfründen namentlich in den Händen der Cardi- näle verhindert werden: man forderte eine Satzung, kraft deren ein mit öffentlichen Laſtern befleckter Papſt ohne Wei- 1 Avisamenta Germanicae nationis bei Freher II, 678. Noch merkwuͤrdiger iſt die Epitome pragmaticae sanctionis in Goldaſts Constitutt. Imp. II, 123. 2 Triburgi XVI mensis Januarii und Muldorf V Junii bei Goldaſt I, 421. 429.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/267>, abgerufen am 24.11.2024.