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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Erstes Buch.
dung mit den Niederlanden den großartigsten Weltverkehr
eröffnet. An dem ostindischen Handel, bald auch an den
westindischen Unternehmungen hatten deutsche Häuser von
Nürnberg und Augsburg 1 gewinnbringenden Antheil. Ihr
wachsender Reichthum, ihre Unentbehrlichkeit bei jedem Geld-
geschäft gaben ihnen dann wieder Einfluß auf die Höfe
namentlich auf den Kaiser. Allen Beschlüssen der Reichs-
tage zum Trotz behaupteten sie doch "ihre freundlichen
Gesellschaften," ihre Associationen, auf denen damals die
kleinsten so wie die größten Geschäfte beruhten; es ist
wohl nicht ungegründet, daß auch sie dann durch das
Monopol, das hiedurch in wenige Hände kam, indem
eben Die, welche die Waare brachten, auch den Preis
nach ihrem Gutdünken bestimmen konnten, zu vielen ge-
rechten Klagen Anlaß gaben. 2 Noch immer behaupteten
sie auf den Reichsversammlungen eine starke Stellung. Der
schlechte Erfolg, welchen die letzten von 1509 bis 1513
gehabt, rührte großentheils von ihrer Opposition her. Jene
Anregung wegen der Pfahlbürger, kraft deren die Güter
nicht mehr zu den Städten, in denen ihre Besitzer wohn-
ten, sondern zu den Herrschaften, unter denen sie gelegen
waren, steuern sollten, wußten sie 1512 zur Vertagung
zu bringen. 3


1 Gassarus Annales bei Mencken I, 1743 nennt Welser Gos-
senbrot Fugger Hochstetter Foelin; die letzten sind wohl die Vehlin.
Er berechnet die Dividende von der ersten Fahrt nach Calicut auf
175 PC.
2 Jäger schwäbisches Städtewesen I, 669. Schon 1495 hatte
man den Plan die großen Gesellschaften zu besteuern. Datt p. 844
nr.
16. Das zieht sich alle die Reichstage so fort.
3 Vorstellung von Wetzlar und Frankfurt dagegen. "Es würde

Erſtes Buch.
dung mit den Niederlanden den großartigſten Weltverkehr
eröffnet. An dem oſtindiſchen Handel, bald auch an den
weſtindiſchen Unternehmungen hatten deutſche Häuſer von
Nürnberg und Augsburg 1 gewinnbringenden Antheil. Ihr
wachſender Reichthum, ihre Unentbehrlichkeit bei jedem Geld-
geſchäft gaben ihnen dann wieder Einfluß auf die Höfe
namentlich auf den Kaiſer. Allen Beſchlüſſen der Reichs-
tage zum Trotz behaupteten ſie doch „ihre freundlichen
Geſellſchaften,“ ihre Aſſociationen, auf denen damals die
kleinſten ſo wie die größten Geſchäfte beruhten; es iſt
wohl nicht ungegründet, daß auch ſie dann durch das
Monopol, das hiedurch in wenige Hände kam, indem
eben Die, welche die Waare brachten, auch den Preis
nach ihrem Gutdünken beſtimmen konnten, zu vielen ge-
rechten Klagen Anlaß gaben. 2 Noch immer behaupteten
ſie auf den Reichsverſammlungen eine ſtarke Stellung. Der
ſchlechte Erfolg, welchen die letzten von 1509 bis 1513
gehabt, rührte großentheils von ihrer Oppoſition her. Jene
Anregung wegen der Pfahlbürger, kraft deren die Güter
nicht mehr zu den Städten, in denen ihre Beſitzer wohn-
ten, ſondern zu den Herrſchaften, unter denen ſie gelegen
waren, ſteuern ſollten, wußten ſie 1512 zur Vertagung
zu bringen. 3


1 Gassarus Annales bei Mencken I, 1743 nennt Welſer Goſ-
ſenbrot Fugger Hochſtetter Foëlin; die letzten ſind wohl die Vehlin.
Er berechnet die Dividende von der erſten Fahrt nach Calicut auf
175 PC.
2 Jaͤger ſchwaͤbiſches Staͤdteweſen I, 669. Schon 1495 hatte
man den Plan die großen Geſellſchaften zu beſteuern. Datt p. 844
nr.
16. Das zieht ſich alle die Reichstage ſo fort.
3 Vorſtellung von Wetzlar und Frankfurt dagegen. „Es wuͤrde
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[212/0230] Erſtes Buch. dung mit den Niederlanden den großartigſten Weltverkehr eröffnet. An dem oſtindiſchen Handel, bald auch an den weſtindiſchen Unternehmungen hatten deutſche Häuſer von Nürnberg und Augsburg 1 gewinnbringenden Antheil. Ihr wachſender Reichthum, ihre Unentbehrlichkeit bei jedem Geld- geſchäft gaben ihnen dann wieder Einfluß auf die Höfe namentlich auf den Kaiſer. Allen Beſchlüſſen der Reichs- tage zum Trotz behaupteten ſie doch „ihre freundlichen Geſellſchaften,“ ihre Aſſociationen, auf denen damals die kleinſten ſo wie die größten Geſchäfte beruhten; es iſt wohl nicht ungegründet, daß auch ſie dann durch das Monopol, das hiedurch in wenige Hände kam, indem eben Die, welche die Waare brachten, auch den Preis nach ihrem Gutdünken beſtimmen konnten, zu vielen ge- rechten Klagen Anlaß gaben. 2 Noch immer behaupteten ſie auf den Reichsverſammlungen eine ſtarke Stellung. Der ſchlechte Erfolg, welchen die letzten von 1509 bis 1513 gehabt, rührte großentheils von ihrer Oppoſition her. Jene Anregung wegen der Pfahlbürger, kraft deren die Güter nicht mehr zu den Städten, in denen ihre Beſitzer wohn- ten, ſondern zu den Herrſchaften, unter denen ſie gelegen waren, ſteuern ſollten, wußten ſie 1512 zur Vertagung zu bringen. 3 1 Gassarus Annales bei Mencken I, 1743 nennt Welſer Goſ- ſenbrot Fugger Hochſtetter Foëlin; die letzten ſind wohl die Vehlin. Er berechnet die Dividende von der erſten Fahrt nach Calicut auf 175 PC. 2 Jaͤger ſchwaͤbiſches Staͤdteweſen I, 669. Schon 1495 hatte man den Plan die großen Geſellſchaften zu beſteuern. Datt p. 844 nr. 16. Das zieht ſich alle die Reichstage ſo fort. 3 Vorſtellung von Wetzlar und Frankfurt dagegen. „Es wuͤrde

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/230>, abgerufen am 23.11.2024.