Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.Erstes Buch. seine Churfürsten waren in unversöhnlichen Zwiespalt ge-rathen. Namentlich in Churf. Berthold sah Maximilian einen gefährlichen entschlossenen Feind. Schon zu Augs- burg hatte man ihm hinterbracht der von Mainz verun- glimpfe ihn bei den übrigen Fürsten; dienstfertige Leute hat- ten ihm ein Verzeichniß von nicht weniger als 22 Puncten überreicht, die der Churfürst gegen ihn vorbringe. Maxi- milian hatte sich bezwungen und geschwiegen. Aber um so tiefern Eindruck machte ihm nun jeder Widerstand auf den er stieß, jede Folge der Augsburger Verfassung die er nicht geahndet; er schrieb alles der vorbedachten Hinterlist jenes klugen Alten zu. Zwischen dem König und dem Erzkanzler entspann sich ein widerwärtiger, bitterer Briefwechsel. 1 Maximilian setzte auch seinerseits eine Ge- genanklage auf: von 23 Artikeln, noch einem mehr als jene Mainzischen, die er noch verborgen hielt, mit deren Inhalt er aber um so mehr seinen Widerwillen nährte. 2 Eine für ihn selbst zunächst höchst gefährliche Lage Die übrigen Churfürsten hielten an Berthold fest: mit der 1 Bei Gudenus IV, 547. 551. 2 Königl Maj Anzeigen, item die Ursach darumb des Reichs
Regiment und Wolfart zu Augspurg aufgericht stocken beliben ist. Frankf. AA. Erſtes Buch. ſeine Churfürſten waren in unverſöhnlichen Zwieſpalt ge-rathen. Namentlich in Churf. Berthold ſah Maximilian einen gefährlichen entſchloſſenen Feind. Schon zu Augs- burg hatte man ihm hinterbracht der von Mainz verun- glimpfe ihn bei den übrigen Fürſten; dienſtfertige Leute hat- ten ihm ein Verzeichniß von nicht weniger als 22 Puncten überreicht, die der Churfürſt gegen ihn vorbringe. Maxi- milian hatte ſich bezwungen und geſchwiegen. Aber um ſo tiefern Eindruck machte ihm nun jeder Widerſtand auf den er ſtieß, jede Folge der Augsburger Verfaſſung die er nicht geahndet; er ſchrieb alles der vorbedachten Hinterliſt jenes klugen Alten zu. Zwiſchen dem König und dem Erzkanzler entſpann ſich ein widerwärtiger, bitterer Briefwechſel. 1 Maximilian ſetzte auch ſeinerſeits eine Ge- genanklage auf: von 23 Artikeln, noch einem mehr als jene Mainziſchen, die er noch verborgen hielt, mit deren Inhalt er aber um ſo mehr ſeinen Widerwillen nährte. 2 Eine für ihn ſelbſt zunächſt höchſt gefährliche Lage Die übrigen Churfürſten hielten an Berthold feſt: mit der 1 Bei Gudenus IV, 547. 551. 2 Koͤnigl Maj Anzeigen, item die Urſach darumb des Reichs
Regiment und Wolfart zu Augſpurg aufgericht ſtocken beliben iſt. Frankf. AA. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0170" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>.</fw><lb/> ſeine Churfürſten waren in unverſöhnlichen Zwieſpalt ge-<lb/> rathen. Namentlich in Churf. Berthold ſah Maximilian<lb/> einen gefährlichen entſchloſſenen Feind. Schon zu Augs-<lb/> burg hatte man ihm hinterbracht der von Mainz verun-<lb/> glimpfe ihn bei den übrigen Fürſten; dienſtfertige Leute hat-<lb/> ten ihm ein Verzeichniß von nicht weniger als 22 Puncten<lb/> überreicht, die der Churfürſt gegen ihn vorbringe. Maxi-<lb/> milian hatte ſich bezwungen und geſchwiegen. Aber um<lb/> ſo tiefern Eindruck machte ihm nun jeder Widerſtand<lb/> auf den er ſtieß, jede Folge der Augsburger Verfaſſung<lb/> die er nicht geahndet; er ſchrieb alles der vorbedachten<lb/> Hinterliſt jenes klugen Alten zu. Zwiſchen dem König und<lb/> dem Erzkanzler entſpann ſich ein widerwärtiger, bitterer<lb/> Briefwechſel. <note place="foot" n="1">Bei Gudenus <hi rendition="#aq">IV, 547. 551.</hi></note> Maximilian ſetzte auch ſeinerſeits eine Ge-<lb/> genanklage auf: von 23 Artikeln, noch einem mehr als jene<lb/> Mainziſchen, die er noch verborgen hielt, mit deren Inhalt<lb/> er aber um ſo mehr ſeinen Widerwillen nährte. <note place="foot" n="2">Koͤnigl Maj Anzeigen, item die Urſach darumb des Reichs<lb/> Regiment und Wolfart zu Augſpurg aufgericht ſtocken beliben iſt.<lb/> Frankf. AA.</note></p><lb/> <p>Eine für ihn ſelbſt zunächſt höchſt gefährliche Lage<lb/> der Dinge.</p><lb/> <p>Die übrigen Churfürſten hielten an Berthold feſt: mit der<lb/> Pfalz war derſelbe mitten in dieſen Verwirrungen in ein neues<lb/> enges Bündniß getreten: die Städte hiengen ihm nach wie<lb/> vor treulich an. Es gieng ein Gefühl durch die Nation,<lb/> als drohe dem König das Schickſal Wenzlaws, abgeſetzt<lb/> zu werden. Man erzählt, Pfalz habe in dem Churfürſten-<lb/> rath förmlich darauf angetragen, hierauf ſey der König<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0170]
Erſtes Buch.
ſeine Churfürſten waren in unverſöhnlichen Zwieſpalt ge-
rathen. Namentlich in Churf. Berthold ſah Maximilian
einen gefährlichen entſchloſſenen Feind. Schon zu Augs-
burg hatte man ihm hinterbracht der von Mainz verun-
glimpfe ihn bei den übrigen Fürſten; dienſtfertige Leute hat-
ten ihm ein Verzeichniß von nicht weniger als 22 Puncten
überreicht, die der Churfürſt gegen ihn vorbringe. Maxi-
milian hatte ſich bezwungen und geſchwiegen. Aber um
ſo tiefern Eindruck machte ihm nun jeder Widerſtand
auf den er ſtieß, jede Folge der Augsburger Verfaſſung
die er nicht geahndet; er ſchrieb alles der vorbedachten
Hinterliſt jenes klugen Alten zu. Zwiſchen dem König und
dem Erzkanzler entſpann ſich ein widerwärtiger, bitterer
Briefwechſel. 1 Maximilian ſetzte auch ſeinerſeits eine Ge-
genanklage auf: von 23 Artikeln, noch einem mehr als jene
Mainziſchen, die er noch verborgen hielt, mit deren Inhalt
er aber um ſo mehr ſeinen Widerwillen nährte. 2
Eine für ihn ſelbſt zunächſt höchſt gefährliche Lage
der Dinge.
Die übrigen Churfürſten hielten an Berthold feſt: mit der
Pfalz war derſelbe mitten in dieſen Verwirrungen in ein neues
enges Bündniß getreten: die Städte hiengen ihm nach wie
vor treulich an. Es gieng ein Gefühl durch die Nation,
als drohe dem König das Schickſal Wenzlaws, abgeſetzt
zu werden. Man erzählt, Pfalz habe in dem Churfürſten-
rath förmlich darauf angetragen, hierauf ſey der König
1 Bei Gudenus IV, 547. 551.
2 Koͤnigl Maj Anzeigen, item die Urſach darumb des Reichs
Regiment und Wolfart zu Augſpurg aufgericht ſtocken beliben iſt.
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