Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Grundlegung einer neuen Verfassung.
sagen, ihn erst ihren Freunden mittheilen zu wollen. Als
die Fürsten im J. 1486 dem Kaiser einige Bewilligungen
gemacht hatten, zu deren Leistung man auch die Städte
anhalten wollte, widersetzten sich diese um so lebhafter, da
sie zu dieser Versammlung gar nicht einmal berufen wor-
den waren. Friedrich entgegnete ihnen, man habe das des-
halb nicht gethan, weil sie sich doch nur auf Hintersich-
bringen gelegt haben würden.

Offenbar war dieses Verhältniß nicht zu behaupten.
Die Reichsstädte fanden es mit Recht unerträglich, daß
man sie eigenmächtig anschlagen und den Anschlag wie
eine Schuld von ihnen abfordern wolle: aber eben so we-
nig war es auch zu dulden, daß sie jeden definitiven Be-
schluß verhindern und über jede Bewilligung immer erst zu
Hause anfragen wollten.

Die Richtung welche diese Zeit auf die allgemeinen
Angelegenheiten nahm, war so mächtig, daß die Städte
sich im Jahr 1487 entschlossen ihre bisherige Stellung fah-
ren zu lassen.

Auch für den Reichstag dieses Jahres hatte der Kai-
ser nur eine geringe Anzahl von ihnen berufen; sie be-
schlossen aber, dießmal sämmtlich ihre Botschafter zu schicken

bestimmt und dunkel. In den Frankfurter AA. (Bd VIII) lautet
sie: "Als die des Friedens nothurftig und begerlich sind, setzen sy
(die Städte) in kein Zweifel, E. K. M. (werde) gnediglich darob
und daran seyn, daß der vestiglich gehandhabt und gehalten werde:
dazu sy aber irenthalb zu reden nit bedacht sind, auch kein Befel
haben, unterteniglich bittend, das S. K. M. das also in Gnaden
und Guten von in versten, und sy als ir allergnedigster Herr beden-
ken wolle." -- Man sieht: ihre Annahme ist nur ganz allgemein,
die nähern Bestimmungen wollen sie sich nicht aufdrängen lassen;
der Kaiser giebt ihnen ihr Hintersichbringen zuletzt nach.

Grundlegung einer neuen Verfaſſung.
ſagen, ihn erſt ihren Freunden mittheilen zu wollen. Als
die Fürſten im J. 1486 dem Kaiſer einige Bewilligungen
gemacht hatten, zu deren Leiſtung man auch die Städte
anhalten wollte, widerſetzten ſich dieſe um ſo lebhafter, da
ſie zu dieſer Verſammlung gar nicht einmal berufen wor-
den waren. Friedrich entgegnete ihnen, man habe das des-
halb nicht gethan, weil ſie ſich doch nur auf Hinterſich-
bringen gelegt haben würden.

Offenbar war dieſes Verhältniß nicht zu behaupten.
Die Reichsſtädte fanden es mit Recht unerträglich, daß
man ſie eigenmächtig anſchlagen und den Anſchlag wie
eine Schuld von ihnen abfordern wolle: aber eben ſo we-
nig war es auch zu dulden, daß ſie jeden definitiven Be-
ſchluß verhindern und über jede Bewilligung immer erſt zu
Hauſe anfragen wollten.

Die Richtung welche dieſe Zeit auf die allgemeinen
Angelegenheiten nahm, war ſo mächtig, daß die Städte
ſich im Jahr 1487 entſchloſſen ihre bisherige Stellung fah-
ren zu laſſen.

Auch für den Reichstag dieſes Jahres hatte der Kai-
ſer nur eine geringe Anzahl von ihnen berufen; ſie be-
ſchloſſen aber, dießmal ſämmtlich ihre Botſchafter zu ſchicken

beſtimmt und dunkel. In den Frankfurter AA. (Bd VIII) lautet
ſie: „Als die des Friedens nothurftig und begerlich ſind, ſetzen ſy
(die Staͤdte) in kein Zweifel, E. K. M. (werde) gnediglich darob
und daran ſeyn, daß der veſtiglich gehandhabt und gehalten werde:
dazu ſy aber irenthalb zu reden nit bedacht ſind, auch kein Befel
haben, unterteniglich bittend, das S. K. M. das alſo in Gnaden
und Guten von in verſten, und ſy als ir allergnedigſter Herr beden-
ken wolle.“ — Man ſieht: ihre Annahme iſt nur ganz allgemein,
die naͤhern Beſtimmungen wollen ſie ſich nicht aufdraͤngen laſſen;
der Kaiſer giebt ihnen ihr Hinterſichbringen zuletzt nach.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0107" n="89"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Grundlegung einer neuen Verfa&#x017F;&#x017F;ung</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;agen, ihn er&#x017F;t ihren Freunden mittheilen zu wollen. Als<lb/>
die Für&#x017F;ten im J. 1486 dem Kai&#x017F;er einige Bewilligungen<lb/>
gemacht hatten, zu deren Lei&#x017F;tung man auch die Städte<lb/>
anhalten wollte, wider&#x017F;etzten &#x017F;ich die&#x017F;e um &#x017F;o lebhafter, da<lb/>
&#x017F;ie zu die&#x017F;er Ver&#x017F;ammlung gar nicht einmal berufen wor-<lb/>
den waren. Friedrich entgegnete ihnen, man habe das des-<lb/>
halb nicht gethan, weil &#x017F;ie &#x017F;ich doch nur auf Hinter&#x017F;ich-<lb/>
bringen gelegt haben würden.</p><lb/>
          <p>Offenbar war die&#x017F;es Verhältniß nicht zu behaupten.<lb/>
Die Reichs&#x017F;tädte fanden es mit Recht unerträglich, daß<lb/>
man &#x017F;ie eigenmächtig an&#x017F;chlagen und den An&#x017F;chlag wie<lb/>
eine Schuld von ihnen abfordern wolle: aber eben &#x017F;o we-<lb/>
nig war es auch zu dulden, daß &#x017F;ie jeden definitiven Be-<lb/>
&#x017F;chluß verhindern und über jede Bewilligung immer er&#x017F;t zu<lb/>
Hau&#x017F;e anfragen wollten.</p><lb/>
          <p>Die Richtung welche die&#x017F;e Zeit auf die allgemeinen<lb/>
Angelegenheiten nahm, war &#x017F;o mächtig, daß die Städte<lb/>
&#x017F;ich im Jahr 1487 ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en ihre bisherige Stellung fah-<lb/>
ren zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Auch für den Reichstag die&#x017F;es Jahres hatte der Kai-<lb/>
&#x017F;er nur eine geringe Anzahl von ihnen berufen; &#x017F;ie be-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en aber, dießmal &#x017F;ämmtlich ihre Bot&#x017F;chafter zu &#x017F;chicken<lb/><note xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="3">be&#x017F;timmt und dunkel. In den Frankfurter AA. (Bd <hi rendition="#aq">VIII</hi>) lautet<lb/>
&#x017F;ie: &#x201E;Als die des Friedens nothurftig und begerlich &#x017F;ind, &#x017F;etzen &#x017F;y<lb/>
(die Sta&#x0364;dte) in kein Zweifel, E. K. M. (werde) gnediglich darob<lb/>
und daran &#x017F;eyn, daß der ve&#x017F;tiglich gehandhabt und gehalten werde:<lb/>
dazu &#x017F;y aber irenthalb zu reden nit bedacht &#x017F;ind, auch kein Befel<lb/>
haben, unterteniglich bittend, das S. K. M. das al&#x017F;o in Gnaden<lb/>
und Guten von in ver&#x017F;ten, und &#x017F;y als ir allergnedig&#x017F;ter Herr beden-<lb/>
ken wolle.&#x201C; &#x2014; Man &#x017F;ieht: ihre Annahme i&#x017F;t nur ganz allgemein,<lb/>
die na&#x0364;hern Be&#x017F;timmungen wollen &#x017F;ie &#x017F;ich nicht aufdra&#x0364;ngen la&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
der Kai&#x017F;er giebt ihnen ihr Hinter&#x017F;ichbringen zuletzt nach.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0107] Grundlegung einer neuen Verfaſſung. ſagen, ihn erſt ihren Freunden mittheilen zu wollen. Als die Fürſten im J. 1486 dem Kaiſer einige Bewilligungen gemacht hatten, zu deren Leiſtung man auch die Städte anhalten wollte, widerſetzten ſich dieſe um ſo lebhafter, da ſie zu dieſer Verſammlung gar nicht einmal berufen wor- den waren. Friedrich entgegnete ihnen, man habe das des- halb nicht gethan, weil ſie ſich doch nur auf Hinterſich- bringen gelegt haben würden. Offenbar war dieſes Verhältniß nicht zu behaupten. Die Reichsſtädte fanden es mit Recht unerträglich, daß man ſie eigenmächtig anſchlagen und den Anſchlag wie eine Schuld von ihnen abfordern wolle: aber eben ſo we- nig war es auch zu dulden, daß ſie jeden definitiven Be- ſchluß verhindern und über jede Bewilligung immer erſt zu Hauſe anfragen wollten. Die Richtung welche dieſe Zeit auf die allgemeinen Angelegenheiten nahm, war ſo mächtig, daß die Städte ſich im Jahr 1487 entſchloſſen ihre bisherige Stellung fah- ren zu laſſen. Auch für den Reichstag dieſes Jahres hatte der Kai- ſer nur eine geringe Anzahl von ihnen berufen; ſie be- ſchloſſen aber, dießmal ſämmtlich ihre Botſchafter zu ſchicken 3 3 beſtimmt und dunkel. In den Frankfurter AA. (Bd VIII) lautet ſie: „Als die des Friedens nothurftig und begerlich ſind, ſetzen ſy (die Staͤdte) in kein Zweifel, E. K. M. (werde) gnediglich darob und daran ſeyn, daß der veſtiglich gehandhabt und gehalten werde: dazu ſy aber irenthalb zu reden nit bedacht ſind, auch kein Befel haben, unterteniglich bittend, das S. K. M. das alſo in Gnaden und Guten von in verſten, und ſy als ir allergnedigſter Herr beden- ken wolle.“ — Man ſieht: ihre Annahme iſt nur ganz allgemein, die naͤhern Beſtimmungen wollen ſie ſich nicht aufdraͤngen laſſen; der Kaiſer giebt ihnen ihr Hinterſichbringen zuletzt nach.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/107
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/107>, abgerufen am 22.11.2024.