Es war vorauszusehen, daß von dieser Sache am Reichstage lebhaft würde gehandelt werden: -- dennoch konnte der Nuntius den- selben nicht besuchen. Der Kaiser ließ Erzherzog Ferdinand als seinen Commissar dahin gehn, und würde es als eine Beleidigung be- trachtet haben, wenn der Nuntius ihn verlassen hätte.
Gaetano schickte an seiner Stelle den Augustinervicar Fra Mi- lentio. Da sich dieser schon mehrere Jahre in Deutschland aufgehal- ten, mußte er die Verhältnisse einigermaßen kennen. Ueberdieß aber wies ihn der Nuntius an Matth. Welser -- per esatta cognitione delle cose dell' imperio -- und eben jenen Bischof von Regens- burg, von dem damals ein Schreiben eine so große Aufregung unter den Protestanten hervorbrachte. Auch an den Beichtvater des Kai- sers Pater Willer sollte er sich halten.
Unglücklicher Weise hat dieser Augustiner den Bericht über seine Wirksamkeit erst viele Jahre nachher aufgesetzt. Jedoch ist das, was er von seiner persönlichen Thätigkeit erwähnt, noch immer höchst merkwürdig: wir haben es schon in die Geschichte aufge- nommen.
Uebrigens leitet er die gesammte Unruhe, die damals in dem Reiche ausgebrochen war, von der zweifelhaften Erbfolge her: "es- sendo fama che Ridolfo volesse adottarsi per figliuolo Leopoldo arciduca, minor fratello di Ferdinando, e che poi a Ferdinando stesso inchinasse." Matthias war darüber sehr mißvergnügt. Aber in Klesel und dem Fürsten Lichtenstein, der in Mähren so viel ver- mochte, fand er treue und einflußreiche Anhänger.
Dietrichstein und Gaetano hatten diesem Berichte zufolge gro- ßen Antheil an dem Abschluß des Vertrages zwischen den Brüdern.
81. Relatione di Roma dell' illustrissimo Sr Giovan Mocenigo Kavr Ambr a quella corte l'anno 1612. Inff. Politt. Tom XV.
Der erste Botschafter nach Beilegung der Irrungen war Franz Contarini; 1607--1609. Unser Mocenigo rühmt, wie wohl ihm des- sen vernünftiges Betragen zu Statten gekommen. Er selbst, der be- reits 18 Jahr in Gesandtschaften beschäftigt gewesen, stand von 1609 bis 1611 in Rom. Der ruhige Ton seiner Relation zeigt am besten, daß es auch ihm gelang, ein gutes Verhältniß aufrecht zu erhalten.
Bei dieser Relation ist nicht seine Absicht, das Allgemeine, das Bekannte zu wiederholen: sondern nur die Eigenschaften und die Gesinnungen des Papstes in Bezug auf die Republik zu erör- tern: la qualita, volonta, dispositione del papa e della republica verso questa republica. Trattero il tutto con ogni brevita, tra- lasciando le cose piu tosto curiose che necessarie.
1. Papst Paul V. Maestoso, grande, di poche parole: nien- tedimeno corre voce che in Roma non sia alcuno che lo possa agguagliare nelli termini di creanza e buoni officii: veridico, in- nocente, di costumi esemplari.
2. Cardinal Borghese: di bella presenza, cortese, benigno,
por-
Filippo Milensio Rugguaglio.
Es war vorauszuſehen, daß von dieſer Sache am Reichstage lebhaft wuͤrde gehandelt werden: — dennoch konnte der Nuntius den- ſelben nicht beſuchen. Der Kaiſer ließ Erzherzog Ferdinand als ſeinen Commiſſar dahin gehn, und wuͤrde es als eine Beleidigung be- trachtet haben, wenn der Nuntius ihn verlaſſen haͤtte.
Gaetano ſchickte an ſeiner Stelle den Auguſtinervicar Fra Mi- lentio. Da ſich dieſer ſchon mehrere Jahre in Deutſchland aufgehal- ten, mußte er die Verhaͤltniſſe einigermaßen kennen. Ueberdieß aber wies ihn der Nuntius an Matth. Welſer — per esatta cognitione delle cose dell’ imperio — und eben jenen Biſchof von Regens- burg, von dem damals ein Schreiben eine ſo große Aufregung unter den Proteſtanten hervorbrachte. Auch an den Beichtvater des Kai- ſers Pater Willer ſollte er ſich halten.
Ungluͤcklicher Weiſe hat dieſer Auguſtiner den Bericht uͤber ſeine Wirkſamkeit erſt viele Jahre nachher aufgeſetzt. Jedoch iſt das, was er von ſeiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit erwaͤhnt, noch immer hoͤchſt merkwuͤrdig: wir haben es ſchon in die Geſchichte aufge- nommen.
Uebrigens leitet er die geſammte Unruhe, die damals in dem Reiche ausgebrochen war, von der zweifelhaften Erbfolge her: „es- sendo fama che Ridolfo volesse adottarsi per figliuolo Leopoldo arciduca, minor fratello di Ferdinando, e che poi a Ferdinando stesso inchinasse.“ Matthias war daruͤber ſehr mißvergnuͤgt. Aber in Kleſel und dem Fuͤrſten Lichtenſtein, der in Maͤhren ſo viel ver- mochte, fand er treue und einflußreiche Anhaͤnger.
Dietrichſtein und Gaetano hatten dieſem Berichte zufolge gro- ßen Antheil an dem Abſchluß des Vertrages zwiſchen den Bruͤdern.
81. Relatione di Roma dell’ illustrissimo Sr Giovan Mocenigo Kavr Ambr a quella corte l’anno 1612. Inff. Politt. Tom XV.
Der erſte Botſchafter nach Beilegung der Irrungen war Franz Contarini; 1607—1609. Unſer Mocenigo ruͤhmt, wie wohl ihm deſ- ſen vernuͤnftiges Betragen zu Statten gekommen. Er ſelbſt, der be- reits 18 Jahr in Geſandtſchaften beſchaͤftigt geweſen, ſtand von 1609 bis 1611 in Rom. Der ruhige Ton ſeiner Relation zeigt am beſten, daß es auch ihm gelang, ein gutes Verhaͤltniß aufrecht zu erhalten.
Bei dieſer Relation iſt nicht ſeine Abſicht, das Allgemeine, das Bekannte zu wiederholen: ſondern nur die Eigenſchaften und die Geſinnungen des Papſtes in Bezug auf die Republik zu eroͤr- tern: la qualità, volontà, dispositione del papa e della republica verso questa republica. Tratterò il tutto con ogni brevità, tra- lasciando le cose più tosto curiose che necessarie.
1. Papſt Paul V. Maestoso, grande, di poche parole: nien- tedimeno corre voce che in Roma non sia alcuno che lo possa agguagliare nelli termini di creanza e buoni officii: veridico, in- nocente, di costumi esemplari.
2. Cardinal Borgheſe: di bella presenza, cortese, benigno,
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Filippo Milensio Rugguaglio.
Es war vorauszuſehen, daß von dieſer Sache am Reichstage
lebhaft wuͤrde gehandelt werden: — dennoch konnte der Nuntius den-
ſelben nicht beſuchen. Der Kaiſer ließ Erzherzog Ferdinand als
ſeinen Commiſſar dahin gehn, und wuͤrde es als eine Beleidigung be-
trachtet haben, wenn der Nuntius ihn verlaſſen haͤtte.
Gaetano ſchickte an ſeiner Stelle den Auguſtinervicar Fra Mi-
lentio. Da ſich dieſer ſchon mehrere Jahre in Deutſchland aufgehal-
ten, mußte er die Verhaͤltniſſe einigermaßen kennen. Ueberdieß aber
wies ihn der Nuntius an Matth. Welſer — per esatta cognitione
delle cose dell’ imperio — und eben jenen Biſchof von Regens-
burg, von dem damals ein Schreiben eine ſo große Aufregung unter
den Proteſtanten hervorbrachte. Auch an den Beichtvater des Kai-
ſers Pater Willer ſollte er ſich halten.
Ungluͤcklicher Weiſe hat dieſer Auguſtiner den Bericht uͤber ſeine
Wirkſamkeit erſt viele Jahre nachher aufgeſetzt. Jedoch iſt das,
was er von ſeiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit erwaͤhnt, noch immer
hoͤchſt merkwuͤrdig: wir haben es ſchon in die Geſchichte aufge-
nommen.
Uebrigens leitet er die geſammte Unruhe, die damals in dem
Reiche ausgebrochen war, von der zweifelhaften Erbfolge her: „es-
sendo fama che Ridolfo volesse adottarsi per figliuolo Leopoldo
arciduca, minor fratello di Ferdinando, e che poi a Ferdinando
stesso inchinasse.“ Matthias war daruͤber ſehr mißvergnuͤgt. Aber
in Kleſel und dem Fuͤrſten Lichtenſtein, der in Maͤhren ſo viel ver-
mochte, fand er treue und einflußreiche Anhaͤnger.
Dietrichſtein und Gaetano hatten dieſem Berichte zufolge gro-
ßen Antheil an dem Abſchluß des Vertrages zwiſchen den Bruͤdern.
81.
Relatione di Roma dell’ illustrissimo Sr Giovan Mocenigo Kavr
Ambr a quella corte l’anno 1612. Inff. Politt. Tom XV.
Der erſte Botſchafter nach Beilegung der Irrungen war Franz
Contarini; 1607—1609. Unſer Mocenigo ruͤhmt, wie wohl ihm deſ-
ſen vernuͤnftiges Betragen zu Statten gekommen. Er ſelbſt, der be-
reits 18 Jahr in Geſandtſchaften beſchaͤftigt geweſen, ſtand von 1609
bis 1611 in Rom. Der ruhige Ton ſeiner Relation zeigt am beſten,
daß es auch ihm gelang, ein gutes Verhaͤltniß aufrecht zu erhalten.
Bei dieſer Relation iſt nicht ſeine Abſicht, das Allgemeine, das
Bekannte zu wiederholen: ſondern nur die Eigenſchaften und die
Geſinnungen des Papſtes in Bezug auf die Republik zu eroͤr-
tern: la qualità, volontà, dispositione del papa e della republica
verso questa republica. Tratterò il tutto con ogni brevità, tra-
lasciando le cose più tosto curiose che necessarie.
1. Papſt Paul V. Maestoso, grande, di poche parole: nien-
tedimeno corre voce che in Roma non sia alcuno che lo possa
agguagliare nelli termini di creanza e buoni officii: veridico, in-
nocente, di costumi esemplari.
2. Cardinal Borgheſe: di bella presenza, cortese, benigno,
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/380>, abgerufen am 07.07.2024.
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