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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.
oder Schismatikern, wie die Russen und Engländer, in Ge-
meinschaft stehe. Besonders liebte er es, sich als den Nach-
folger Carls des Großen zu betrachten. Er nahm an, der
Kirchenstaat sey eine Schenkung Carls an den Papst, aber
eben darum liege diesem die Verpflichtung ob, sich nicht
von der Politik des Kaiserthums zu trennen: auch er werde
das nicht dulden 1).

Der Papst war erstaunt über die Zumuthung, die
Feinde eines Andern als seine Feinde betrachten zu sollen.
Er erwiederte, er sey der allgemeine Hirte, der Vater Aller,
der Diener des Friedens, schon eine solche Forderung er-
fülle ihn mit Entsetzen: "er müsse Aaron seyn, der Pro-
phete Gottes, nicht Ismael, dessen Hand wider Jedermann
und Jedermanns Hand wider ihn."

Napoleon aber ging geradeswegs auf sein Ziel los.
Er ließ Ancona, Urbino besetzen, nachdem sein Ultimatum,
worin er unter andern die Ernennung eines Drittheils der
Cardinäle in Anspruch nahm, verworfen war, seine Trup-
pen nach Rom vorrücken: die Cardinäle, die ihm nicht ge-
wogen waren, wurden verwiesen, zweimal der Staatsse-
cretär des Papstes; da aber alles dieß keine Wirkung auf
Pius VII. machte, ward auch seine Person nicht geschont;
auch er ward aus seinem Pallast und seiner Hauptstadt ab-
geführt. Ein Senatusconsult sprach dann die Vereinigung
des Kirchenstaates mit dem französischen Reiche aus. Die
weltliche Souveränetät ward für unvereinbar mit der Aus-

1) Schoell Archives historiques et politiques II et III ent-
halten die ganze Correspondenz der päpstlichen und kaiserlichen Regie-
rung in dieser Epoche.

Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
oder Schismatikern, wie die Ruſſen und Englaͤnder, in Ge-
meinſchaft ſtehe. Beſonders liebte er es, ſich als den Nach-
folger Carls des Großen zu betrachten. Er nahm an, der
Kirchenſtaat ſey eine Schenkung Carls an den Papſt, aber
eben darum liege dieſem die Verpflichtung ob, ſich nicht
von der Politik des Kaiſerthums zu trennen: auch er werde
das nicht dulden 1).

Der Papſt war erſtaunt uͤber die Zumuthung, die
Feinde eines Andern als ſeine Feinde betrachten zu ſollen.
Er erwiederte, er ſey der allgemeine Hirte, der Vater Aller,
der Diener des Friedens, ſchon eine ſolche Forderung er-
fuͤlle ihn mit Entſetzen: „er muͤſſe Aaron ſeyn, der Pro-
phete Gottes, nicht Ismael, deſſen Hand wider Jedermann
und Jedermanns Hand wider ihn.“

Napoleon aber ging geradeswegs auf ſein Ziel los.
Er ließ Ancona, Urbino beſetzen, nachdem ſein Ultimatum,
worin er unter andern die Ernennung eines Drittheils der
Cardinaͤle in Anſpruch nahm, verworfen war, ſeine Trup-
pen nach Rom vorruͤcken: die Cardinaͤle, die ihm nicht ge-
wogen waren, wurden verwieſen, zweimal der Staatsſe-
cretaͤr des Papſtes; da aber alles dieß keine Wirkung auf
Pius VII. machte, ward auch ſeine Perſon nicht geſchont;
auch er ward aus ſeinem Pallaſt und ſeiner Hauptſtadt ab-
gefuͤhrt. Ein Senatusconſult ſprach dann die Vereinigung
des Kirchenſtaates mit dem franzoͤſiſchen Reiche aus. Die
weltliche Souveraͤnetaͤt ward fuͤr unvereinbar mit der Aus-

1) Schoell Archives historiques et politiques II et III ent-
halten die ganze Correſpondenz der paͤpſtlichen und kaiſerlichen Regie-
rung in dieſer Epoche.
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[214/0226] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. oder Schismatikern, wie die Ruſſen und Englaͤnder, in Ge- meinſchaft ſtehe. Beſonders liebte er es, ſich als den Nach- folger Carls des Großen zu betrachten. Er nahm an, der Kirchenſtaat ſey eine Schenkung Carls an den Papſt, aber eben darum liege dieſem die Verpflichtung ob, ſich nicht von der Politik des Kaiſerthums zu trennen: auch er werde das nicht dulden 1). Der Papſt war erſtaunt uͤber die Zumuthung, die Feinde eines Andern als ſeine Feinde betrachten zu ſollen. Er erwiederte, er ſey der allgemeine Hirte, der Vater Aller, der Diener des Friedens, ſchon eine ſolche Forderung er- fuͤlle ihn mit Entſetzen: „er muͤſſe Aaron ſeyn, der Pro- phete Gottes, nicht Ismael, deſſen Hand wider Jedermann und Jedermanns Hand wider ihn.“ Napoleon aber ging geradeswegs auf ſein Ziel los. Er ließ Ancona, Urbino beſetzen, nachdem ſein Ultimatum, worin er unter andern die Ernennung eines Drittheils der Cardinaͤle in Anſpruch nahm, verworfen war, ſeine Trup- pen nach Rom vorruͤcken: die Cardinaͤle, die ihm nicht ge- wogen waren, wurden verwieſen, zweimal der Staatsſe- cretaͤr des Papſtes; da aber alles dieß keine Wirkung auf Pius VII. machte, ward auch ſeine Perſon nicht geſchont; auch er ward aus ſeinem Pallaſt und ſeiner Hauptſtadt ab- gefuͤhrt. Ein Senatusconſult ſprach dann die Vereinigung des Kirchenſtaates mit dem franzoͤſiſchen Reiche aus. Die weltliche Souveraͤnetaͤt ward fuͤr unvereinbar mit der Aus- 1) Schoell Archives historiques et politiques II et III ent- halten die ganze Correſpondenz der paͤpſtlichen und kaiſerlichen Regie- rung in dieſer Epoche.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/226>, abgerufen am 24.11.2024.