Die römische Curie war, wie berührt, so gut wie an- dere in zwei Parteien zerfallen: die Zelanti, welche alle alten Gerechtsame aufrecht zu erhalten suchten, und die Regalisten, welche das Heil der Kirche in weiser Nachgiebigkeit zu finden glaubten, die Partei der Kronen, in Ganganelli kam diese letzte zur Gewalt: in Rom vollzog sich die nemliche Ver- änderung, die bereits an allen fürstlichen Höfen eingetreten.
Ganganelli begann damit, die Bulle in coena domini nicht verlesen zu lassen: die Zugeständnisse welche Bene- dict XIV. dem Könige von Sardinien gemacht, und die man seitdem nicht hatte anerkennen wollen, erweiterte er noch; gleich am Tage seiner Besitzergreifung erklärte er, daß er einen Nuntius nach Portugal senden werde; er sus- pendirte die Wirksamkeit jenes Monitoriums gegen Parma; alsdann nahm er alles Ernstes die jesuitische Sache vor. Eine Commission von Cardinälen ward niedergesetzt, das Archiv der Propaganda durchsucht, das Für und Wider bedächtig erwogen. Clemens XIV. war wohl von vorn herein ungünstig gestimmt. Er gehörte dem Orden der Franciscaner an, der schon immer besonders in den Mis- sionen die Jesuiten bekämpft hatte; er hielt sich an den augustinianisch-thomistischen Lehrbegriff, so ganz in Gegen- satz mit der Gesellschaft; von jansenistischen Meinungen war er wohl nicht durchaus frei. Dazu kamen nun die mancherlei Anklagepunkte, die man nicht wegargumentiren konnte, und vor allem die Unmöglichkeit den Frieden der Kirche auf eine andere Weise herzustellen. Am 21. Juli 1773 erfolgte sein Spruch. "Angehaucht von dem gött- lichen Geiste, wie wir vertrauen, durch die Pflicht getrie-
Aufhebung der Jeſuiten.
Die roͤmiſche Curie war, wie beruͤhrt, ſo gut wie an- dere in zwei Parteien zerfallen: die Zelanti, welche alle alten Gerechtſame aufrecht zu erhalten ſuchten, und die Regaliſten, welche das Heil der Kirche in weiſer Nachgiebigkeit zu finden glaubten, die Partei der Kronen, in Ganganelli kam dieſe letzte zur Gewalt: in Rom vollzog ſich die nemliche Ver- aͤnderung, die bereits an allen fuͤrſtlichen Hoͤfen eingetreten.
Ganganelli begann damit, die Bulle in coena domini nicht verleſen zu laſſen: die Zugeſtaͤndniſſe welche Bene- dict XIV. dem Koͤnige von Sardinien gemacht, und die man ſeitdem nicht hatte anerkennen wollen, erweiterte er noch; gleich am Tage ſeiner Beſitzergreifung erklaͤrte er, daß er einen Nuntius nach Portugal ſenden werde; er ſus- pendirte die Wirkſamkeit jenes Monitoriums gegen Parma; alsdann nahm er alles Ernſtes die jeſuitiſche Sache vor. Eine Commiſſion von Cardinaͤlen ward niedergeſetzt, das Archiv der Propaganda durchſucht, das Fuͤr und Wider bedaͤchtig erwogen. Clemens XIV. war wohl von vorn herein unguͤnſtig geſtimmt. Er gehoͤrte dem Orden der Franciscaner an, der ſchon immer beſonders in den Miſ- ſionen die Jeſuiten bekaͤmpft hatte; er hielt ſich an den auguſtinianiſch-thomiſtiſchen Lehrbegriff, ſo ganz in Gegen- ſatz mit der Geſellſchaft; von janſeniſtiſchen Meinungen war er wohl nicht durchaus frei. Dazu kamen nun die mancherlei Anklagepunkte, die man nicht wegargumentiren konnte, und vor allem die Unmoͤglichkeit den Frieden der Kirche auf eine andere Weiſe herzuſtellen. Am 21. Juli 1773 erfolgte ſein Spruch. „Angehaucht von dem goͤtt- lichen Geiſte, wie wir vertrauen, durch die Pflicht getrie-
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Aufhebung der Jeſuiten.
Die roͤmiſche Curie war, wie beruͤhrt, ſo gut wie an-
dere in zwei Parteien zerfallen: die Zelanti, welche alle alten
Gerechtſame aufrecht zu erhalten ſuchten, und die Regaliſten,
welche das Heil der Kirche in weiſer Nachgiebigkeit zu finden
glaubten, die Partei der Kronen, in Ganganelli kam dieſe
letzte zur Gewalt: in Rom vollzog ſich die nemliche Ver-
aͤnderung, die bereits an allen fuͤrſtlichen Hoͤfen eingetreten.
Ganganelli begann damit, die Bulle in coena domini
nicht verleſen zu laſſen: die Zugeſtaͤndniſſe welche Bene-
dict XIV. dem Koͤnige von Sardinien gemacht, und die
man ſeitdem nicht hatte anerkennen wollen, erweiterte er
noch; gleich am Tage ſeiner Beſitzergreifung erklaͤrte er,
daß er einen Nuntius nach Portugal ſenden werde; er ſus-
pendirte die Wirkſamkeit jenes Monitoriums gegen Parma;
alsdann nahm er alles Ernſtes die jeſuitiſche Sache vor.
Eine Commiſſion von Cardinaͤlen ward niedergeſetzt, das
Archiv der Propaganda durchſucht, das Fuͤr und Wider
bedaͤchtig erwogen. Clemens XIV. war wohl von vorn
herein unguͤnſtig geſtimmt. Er gehoͤrte dem Orden der
Franciscaner an, der ſchon immer beſonders in den Miſ-
ſionen die Jeſuiten bekaͤmpft hatte; er hielt ſich an den
auguſtinianiſch-thomiſtiſchen Lehrbegriff, ſo ganz in Gegen-
ſatz mit der Geſellſchaft; von janſeniſtiſchen Meinungen
war er wohl nicht durchaus frei. Dazu kamen nun die
mancherlei Anklagepunkte, die man nicht wegargumentiren
konnte, und vor allem die Unmoͤglichkeit den Frieden der
Kirche auf eine andere Weiſe herzuſtellen. Am 21. Juli
1773 erfolgte ſein Spruch. „Angehaucht von dem goͤtt-
lichen Geiſte, wie wir vertrauen, durch die Pflicht getrie-
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/211>, abgerufen am 24.11.2024.
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