Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.Buch VIII. Die Päpste um d. Mitte d. 17. Jahrh. mosen angewiesen, hatten sie sich darauf beschränkt einegeistliche Autorität auszuüben: die Stellen welche weltliche Thätigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col- legien überhaupt waren in den Händen der Coadjutoren ge- wesen. Jetzt aber änderte sich dieß. Die Professen selbst gelangten zu den Stellen der Verwaltung: sie nahmen Theil an den Einkünften der Collegien: sie wurden Rectoren, Provinciale 1). Daher folgte nun zunächst, daß die strengeren Ten- 1) In einer Sammlung Scritture politiche, morali e satiri-
che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu (MS Rom.) findet sich ein ausführlicher Aufsatz von beinahe 400 Blatt: Discorso sopra la religione de' padri Gesuiti e loro modo di governare, -- geschrieben zwischen 1681 und 1686 von einem augenscheinlich tief eingeweihten Manne, -- aus dem die folgenden Notizen größtentheils genommen sind. Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh. moſen angewieſen, hatten ſie ſich darauf beſchraͤnkt einegeiſtliche Autoritaͤt auszuuͤben: die Stellen welche weltliche Thaͤtigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col- legien uͤberhaupt waren in den Haͤnden der Coadjutoren ge- weſen. Jetzt aber aͤnderte ſich dieß. Die Profeſſen ſelbſt gelangten zu den Stellen der Verwaltung: ſie nahmen Theil an den Einkuͤnften der Collegien: ſie wurden Rectoren, Provinciale 1). Daher folgte nun zunaͤchſt, daß die ſtrengeren Ten- 1) In einer Sammlung Scritture politiche, morali e satiri-
che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu (MS Rom.) findet ſich ein ausfuͤhrlicher Aufſatz von beinahe 400 Blatt: Discorso sopra la religione de’ padri Gesuiti e loro modo di governare, — geſchrieben zwiſchen 1681 und 1686 von einem augenſcheinlich tief eingeweihten Manne, — aus dem die folgenden Notizen groͤßtentheils genommen ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0136" n="124"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Buch</hi><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#g">Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh</hi>.</fw><lb/> moſen angewieſen, hatten ſie ſich darauf beſchraͤnkt eine<lb/> geiſtliche Autoritaͤt auszuuͤben: die Stellen welche weltliche<lb/> Thaͤtigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col-<lb/> legien uͤberhaupt waren in den Haͤnden der Coadjutoren ge-<lb/> weſen. Jetzt aber aͤnderte ſich dieß. Die Profeſſen ſelbſt<lb/> gelangten zu den Stellen der Verwaltung: ſie nahmen Theil<lb/> an den Einkuͤnften der Collegien: ſie wurden Rectoren,<lb/> Provinciale <note place="foot" n="1)">In einer Sammlung <hi rendition="#aq">Scritture politiche, morali e satiri-<lb/> che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu<lb/> (MS Rom.)</hi> findet ſich ein ausfuͤhrlicher Aufſatz von beinahe 400<lb/> Blatt: <hi rendition="#aq">Discorso sopra la religione de’ padri Gesuiti e loro modo<lb/> di governare,</hi> — geſchrieben zwiſchen 1681 und 1686 von einem<lb/> augenſcheinlich tief eingeweihten Manne, — aus dem die folgenden<lb/> Notizen groͤßtentheils genommen ſind.</note>.</p><lb/> <p>Daher folgte nun zunaͤchſt, daß die ſtrengeren Ten-<lb/> denzen perſoͤnlicher Devotion, die bisher in der Abſon-<lb/> derung der Profeſſionshaͤuſer vorzuͤglich feſtgehalten wor-<lb/> den, allmaͤhlig erkalteten; ſchon bei der Aufnahme konnte<lb/> man nicht mehr ſo genau auf die ascetiſche Befaͤhigung ſe-<lb/> hen; namentlich Vitelleschi ließ viele Unberufene zu: man<lb/> draͤngte ſich nach dem hoͤchſten Grade, weil er zugleich<lb/> geiſtliches Anſehen und weltliche Macht gewaͤhrte. Außer-<lb/> dem aber zeigte ſich dieſe Verbindung auch ganz im All-<lb/> gemeinen nachtheilig. Coadjutoren und Profeſſen hatten ſich<lb/> fruͤher wechſelſeitig beaufſichtigt: jetzt vereinten ſich prakti-<lb/> ſche Bedeutung und geiſtlicher Anſpruch in denſelben Per-<lb/> ſonen. Auch die Beſchraͤnkteſten hielten ſich fuͤr große Koͤpfe,<lb/> da ihnen Niemand mehr zu widerſprechen wagte. Im Be-<lb/> ſitze der ausſchließenden Herrſchaft fingen ſie an, der Reich-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0136]
Buch VIII. Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
moſen angewieſen, hatten ſie ſich darauf beſchraͤnkt eine
geiſtliche Autoritaͤt auszuuͤben: die Stellen welche weltliche
Thaͤtigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col-
legien uͤberhaupt waren in den Haͤnden der Coadjutoren ge-
weſen. Jetzt aber aͤnderte ſich dieß. Die Profeſſen ſelbſt
gelangten zu den Stellen der Verwaltung: ſie nahmen Theil
an den Einkuͤnften der Collegien: ſie wurden Rectoren,
Provinciale 1).
Daher folgte nun zunaͤchſt, daß die ſtrengeren Ten-
denzen perſoͤnlicher Devotion, die bisher in der Abſon-
derung der Profeſſionshaͤuſer vorzuͤglich feſtgehalten wor-
den, allmaͤhlig erkalteten; ſchon bei der Aufnahme konnte
man nicht mehr ſo genau auf die ascetiſche Befaͤhigung ſe-
hen; namentlich Vitelleschi ließ viele Unberufene zu: man
draͤngte ſich nach dem hoͤchſten Grade, weil er zugleich
geiſtliches Anſehen und weltliche Macht gewaͤhrte. Außer-
dem aber zeigte ſich dieſe Verbindung auch ganz im All-
gemeinen nachtheilig. Coadjutoren und Profeſſen hatten ſich
fruͤher wechſelſeitig beaufſichtigt: jetzt vereinten ſich prakti-
ſche Bedeutung und geiſtlicher Anſpruch in denſelben Per-
ſonen. Auch die Beſchraͤnkteſten hielten ſich fuͤr große Koͤpfe,
da ihnen Niemand mehr zu widerſprechen wagte. Im Be-
ſitze der ausſchließenden Herrſchaft fingen ſie an, der Reich-
1) In einer Sammlung Scritture politiche, morali e satiri-
che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu
(MS Rom.) findet ſich ein ausfuͤhrlicher Aufſatz von beinahe 400
Blatt: Discorso sopra la religione de’ padri Gesuiti e loro modo
di governare, — geſchrieben zwiſchen 1681 und 1686 von einem
augenſcheinlich tief eingeweihten Manne, — aus dem die folgenden
Notizen groͤßtentheils genommen ſind.
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Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/136>, abgerufen am 07.07.2024. |